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Ausgabe:

1993

Spalte:

743-745

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Padilla Baena, Carmen

Titel/Untertitel:

Los milagros de la "Vida de Apolonio de Tiana" 1993

Rezensent:

Rodriguez Ruiz, Miguel

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743

Theologische Literaturzeitung 118. Jahrgang 1993 Nr. 9

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legtes Werk zum Markusevangelium vor. Der Hauptteil (3-561)
geht nach dem Alphabet der Autoren vor und listet nach
bewährter bibliographischer Praxis Monographien, Aufsätze in
Zeitschriften und Sammelwerken, gelegentlich auch Dissertationsschriften
unter dem Verfassernamen jeweils in der Reihenfolge
ihres Erscheines auf. Zu den selbständig erschienenen
Schriften sind auch Rezensionen ausgewiesen, freilich, was die
ThLZ betrifft, nicht vollständig wie der Rez. bei Stichproben
feststellen mußte. Daß mit dem Jahre 1950 begonnen wurde, ist
eine gut begründete Entscheidung. Mit dem sechsten Jahrzehnt
des Jahrhunderts beginnt der Siegeszug der redaktionsgeschichtlichen
Methode, der viele der Evangelienforscher mehr
oder weniger verpflichtet sind.

Der Index (562-699) ist dreifach gegliedert: er enthält Verweise
auf die Literatur zu den einzelnen Perikopen (I), Aufgliederung
der Beiträge geordnet nach Sachgebieten von den Einleitungsfragen
über die Bereiche und Begriffe der neutesta-
mentlichen Theologie bis zur Auslegungsgeschichte (II) und die
Liste der einschlägigen Festschriften (III). Im Appendix (700-
717) sind Lukasauslegungen und -kommentare von der ältesten
Zeit bis 1950 aufgeführt.

Dank der hier angezeigten bibliographischen Werke und der
den ganzen neutestamentlichen Bereich erfassenden in regelmäßigen
Abständen erscheinenden Organen, dem Elenchus der
römischen Zeitschrift Biblica und der IZBG (Internationale
Zeitschriftenschau für Bibelwissenschft und Grenzgebiete), die
im Unterschied zu den Löwener Bänden kurze Charakteristiken
bieten, nimmt die Arbeit am Neuen Testament, was die Erschließung
ihrer Ergebnisse angeht, zur Zeit den Spitzenplatz in
der theologischen Forschung ein.

Halle (Saale) Wolfgang Wiefel

Padilla, Carmen: Los Milagros de la „Vida de Apolonio de
Tiana". Morfologi'a del relato de milagro y generös afines.
Cordoba: Ed. el Almendro 1992. 263 S. gr.8° = Estudios de
Filologia Neotestamentaria, 4. ISBN 84-86077-93-3.

Die Vfn. befaßt sich mit der formkritischen Bestimmung des
Begriffs „Wundererzählung" in den Wundererzählungen und
ähnlichen Formen in der VA (= Vita Apollonii) des Philostra-
tus. Der Vfn. ist aufgefallen, daß „unter der äußerlich gleichen
Form von Wundererzählungen eine ganze Reihe von Erzählungen
in der VA zu finden sind, die keine Wundererzählungen
sind oder so verschieden sind, daß sie mit jenen der Evangelien
nicht verglichen werden können, sei es nur in nebensächlichen
Einzelheiten" (13). Die Aufzählungen der Wundererzählungen
der VA sind bei den verschiedenen Autoren sehr unterschiedlich
, weil die Kriterien für ihre Bestimmung subjektiv sind. Die
Vfn. will diesen Mangel mit Hilfe der morphologischen Methode
von W. Propp beheben: „Die vorliegende Studie ist ein morphologischer
Versuch, der als .Untersuchung der Formen' im
Sinne von W. Propp zu verstehen ist, nämlich als ,die Untersuchung
der Erzählstruktur, indem aus ihren Bestandteilen ausgegangen
wird'" (40).

Auf die Einleitung, in der die sich auf Philostratus und sein
literarisches Werk, insbesondere auf die VA beziehenden
Ergebnisse der Forschung dargelegt werden, folgt die Bestandsaufnahme
des Corpus von Wundererzählungen der VA: das
Corpus sollte so umfangreich ausfallen, daß die von den Autoren
schon untersuchten und als Wundererzählungen betrachteten
Texte darin einbezogen werden; jene Texte, die keine Erzählungen
sind oder keine Struktur von Wundererzählungen
zeigen, werden ausgeschieden, während andere, die nur äußerlich
keine solche Struktur, aber eine ähnliche bzw. vergleichbare
funktionale Struktur aufweisen, werden in das Corpus einbezogen
; es finden sich in der VA zahlreiche wunderbare und
phantastische Elemente, die keine echte Wundererzählung bilden
. Nach diesen Kriterien wird die Untersuchung in zwei Teile
gegliedert: 1. Wundererzählungen, die aufgrund ihrer Funktionen
als solche betrachtet werden sollen; 2. Erzählungen, die mit
der Wundererzählung eine ähnliche Struktur erkennen lassen;
davon werden getrennt drei Arten von Erzählungen untersucht:

a) jene, in denen Apollonios der Nutznießer des Wunders wird,

b) Erzählungen, in denen seine Gabe, zukünftiger Ereignisse
vorauszusagen, offenbart wird, und c) Erzählungen von seiner
Fähigkeit, Ereignisse, die an fernen Orten geschehen, verfolgen
und zugleich ankündigen zu können. Insgesamt besteht das
Corpus aus 37 Erzählungen (41-44).

Nach einigen kurzen methodologischen Darlegungen im
Anschluß an W. Propp und andere Textlinguisten (S. Todorov,
R. Barthes und C. Bremond), wobei den Begriffen „Funktion",
„Erzählung" und „Wundererzählung" eine entscheidende Bedeutung
zukommt, werden im ersten Teil der Untersuchung die
Wundererzählungen der VA daraufhin geprüft, ob sie die Funktion
einer Wundererzählung erfüllen. Wundererzählung ist für
die Vfn. - im Anschluß an ihren Lehrer J. Peläez - eine Erzählung
, in der der Wundertäter eine Handlung bewirkt, die ein
Unglück bzw. eine Mangelsituation eines Individuums oder
Gruppe überwindet; sie müssen ihrem Wesen nach oder nach
der Weise, wie es getan wird, unüberwindbar sein; die Handlung
des Wundertäters gehört nicht zum Bereich des Alltäglichen
oder Gewöhnlichen und führt ins Geheimnis seiner Person
" (48). Bei der Untersuchung von P. geht es nicht um die
Geschichtlichkeit der angeblichen Wunder des Apollonios, sondern
um die Form der Wundererzählungen im Hinblick auf ihre
spätere Deutung. Jede Wundererzählung des Corpus wird auf
die neun, der Wundererzählung eigenen Funktionen (Anfangssituation
, Unglück, Information, Ortswechsel, Lokution, Gegenüberstellung
, Wiederherstellung, Nachweis und Reaktion)
geprüft; dabei können die Funktionen „Unglück, Wiederherstellung
und Nachweis" nicht fehlen. Aus der mit Sorgfalt und Genauigkeit
durchgeführten Analyse ergeben sich zwei Arten von
Wundererzählungen: 1. Erzählungen von Wunderheilungen und
2. Erzählungen, die die wunderbare Weisheit des Apollonios
offenbaren. Von den sechs möglichen Erzählungen von Wunderheilungen
könnten nur zwei (Blinden- und Gelähmtenhei-
lung: III, 39bc) Wundererzählungen sein, während die übrigen
vier keine solche sind, weil entweder das „Unglück" (Wiederbelebung
: IV, 45) nicht als unabänderlich dargestellt wird, oder
die Heilung bzw. Wiederherstellung auf alltägliche und gewöhnliche
Weise geschieht. Von der zweiten Gruppe könnte
nur eine Erzählung (Dämonaustreibung: IV, 20) eine Wundererzählung
sein. Die Tendenz ist deutlich: Apollonios soll nicht
in erster Linie als Wundertäter, sondern als Weiser dargestellt
werden (93-110.17 lf).

Der zweite Teil der Arbeit befaßt sich mit den Erzählungen,
die der Wundererzählung ähnlich sind. Jenen, in denen Apollonios
der Nutznießer des Wunders ist, fehlen selbstverständlich
die Funktionen „Information, Ortswechsel und Gegenüberstellung
". Zu dieser Gruppe gehören nur drei (Anklageschrift: IV,
44; Selbstbefreiung: VII, 38; Tod: VIII, 30). Sie sind keine
Wundererzählungen, da die „wunderbare" Handlung keine relevante
Bedeutung besitzt; Apollonios soll nur als „göttlicher
Mensch" dargestellt werden (111-125). Die Erzählungen mit
einer Vorhersage der Zukunft weisen eine andere Struktur auf:
Anfangssituation, Motivierung, Ortswechsel, Gegenüberstellung
, Lokution, Reaktion, Erfüllung; die unterstrichenen Funktionen
dürfen nicht fehlen. Von den insgesamt 16 Erzählungen
dieser Gruppe könnten höchstens drei für echte Erzählungen
mit Voraussage gehalten werden (Seuche: IV, 4; Nerva: VII, 9;
nur teilweise Selbstbefreiung: VII, 41). Auch hier soll Apollonios
als Weiser, nicht als Prophet dargetellt werden: seine pro-