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Ausgabe:

1993

Spalte:

728-729

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Ariarajah, S. Wesley

Titel/Untertitel:

Hindus and Christians 1993

Rezensent:

Brück, Michael

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Seite 1, Seite 2

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727

Theologische Literaturzeitung 118. Jahrgang 1993 Nr. 9

728

Religionswissenschaft

Albrecht, Horst: Die Religion der Massenmedien. Stuttgart-
Berlin-Köln: Kohlhammer 1993. 179 S. m. 5 Abb. 8°. Kart.
DM 32,-. ISBN 3-17-011733-5.

Dieses Buch ist kein wissenenschaftliches Werk, sondern
eine Zusammenstellung von unterschiedlichen, eher journalistischen
Texten, die der Bruder des verstorbenen Autors besorgt
hat. Horst Albrecht war zuletzt Gemeindepfarrer und Privatdozent
für Praktische Theologie (Hamburg).

Das Buch enthält zehn Kapitel, in denen sich Albrecht mit
dem Fernsehen, dem Radio, mit Schlagern und Rockmusik und
mit der Werbung darin befaßt. Es ist erstaunlich, welche Detailkenntnisse
er dazu gesammelt hat, wie liebevoll er sich in die
„Gedanken" der Autoren eingewöhnt hat, denen ja doch zumeist
das Odium des Trivialen anhängt. Es ist verdienstlich,
daß er das getan hat. Praktische Theologie müßte wissen wollen
, was die Psyche der meisten Menschen prägt. So weit, so
gut.

Wie Horst Albrecht dann allerdings' die Fakten deutet, zeigt
eine bedenkliche Abhängigkeit von ungeprüften Klischees. Er
zitiert mit Lust Autoren, die z.B. das Fernsehen als Vampirismus
diffamieren, weil angeblich die Bilder, die man da sieht,
nur lebten, wenn jemand leblos vor ihnen säße. Fernsehbilder
seien immer Lebenslügen usw., usw. Dann aber fallen dem
Autor bei den Hits der Massenmedien archetyptische Motive
auf. Und wo man dergleichen merkt, ist für viele Mode-Autoren
ja die Religion schon nachgewiesen: „Andere Details - das
durchnäßte Mädchen, der verlorene Schuh, die kalte, kalte
Welt, die Verlorenheit der Nacht, das Verfolgungsmotiv - lassen
sich als mythische Fragmente identifizieren, die sich zumal
in Märchen wiederfinden." Da ist der Leser schlecht bedient,
der Fragmente nicht für das Ganze hält, für den Mythen nicht
dasselbe sind wie Märchen, dem Assoziationen nicht für Kausalitäten
gelten können. Und wer als Rezensent einmal anfängt,
das Wörtchen „wieso?" an den Rand zu schreiben, der kann
kaum mehr damit aufhören.

Das gilt leider auch von den Kapiteln, in denen sich Albrecht
mit den Morgenandachten im Radio, dem Wort zum Sonntag im
Fernsehen und mit der Serie „Oh Gott, Herr Pfarrer" befaßt.
Auch hier mehr Aggression als Analyse, auch hier Zitate von
angeblichen Autoritäten statt eigener Argumente, auch hier Gedankensprünge
kreuz und quer. Ein Beispiel: „Religionskritik ist
also wieder verlangt, als Kritik an der massenmedialen Bewußtlosigkeit
, an ihren verführerischen Fetischen und Amuletten, an
der Trance, an der Betäubung, die sie so gnadenlos verströmt,
durchs bloße Hören. Also Kritik nicht nur an der Qualität, am
Niveau, an der Unausweichlichkeit des Radios. Sondern zunächst
Kritik an der Abhängigkeit vom Medium, an der massiven
Religiosität, die sich hier breitmacht." Religiosität?

Der Schlußteil soll ein Kapitel Medientheologie bieten. Da
wird denn doch endlich, auf S. 127 (!), die Frage gestellt „Was
heißt hier Religion?" Und die Antwort lautet: „Religion ist hier
also, vereinfacht gesagt, die Richtung einer Zuwendung,
schlicht die Frage nach dem Höheren, nach Gott." Könnte es
sein, daß das doch etwas zu schlicht formuliert ist? Und in dieser
Schlichtheit dann sogar noch unklar?

Wer wendet wem was zu? Das wird zwar nicht erklärt, wohl
aber wird danach von Tillich gehandelt und sein Satz zitiert,
Religion sei die Substanz der Kultur, und Kultur die Form der
Religion. Aber das sei eine sehr elitäre Theologie, weiß der
Autor und wendet sich entschlossen der Trivialität der Religion
zu. Dabei bleibt es in der Schwebe, ob für Albrecht dieses Wort
nun etwas Schlechtes ansagt oder nicht. Die Rockmusik jedenfalls
ist für ihn eine kulturindustriell hergestellt Trivialkunst,
vorwiegend von einfachen Leuten gemacht. Und sie steht weder
für die konventionelle Form bürgerlich-christlicher Religion,
noch für einen dezidierten Atheismus, sondern zeigt eine vorbewußte
, diffuse Religiosität. Daß Rockmusik auch ein höchst
differenziertes, intellektuell anspruchsvolles Geschehen sein
kann, hat der Vf. wohl noch nicht vernommen. Aber das ist ja
auch nicht so wichtig, weil die Kommerzialisierung, die alles
ergriffen hat, ohnehin alles disqualifiziert. Natürlich muß Kirche
gegen solche Entwicklung angehen und tut laut Albrecht
nicht ihre Pflicht. Das mag wohl sein. Aber ob uns diffuse Polemik
dazu hilft? Vielleicht waren die Texte des Verstorbenen
doch noch nicht druckreif.

Hannover Gerhard Isermann

Ariarajah, S. Wesely: Hindus and Christians: A Century of
Protestant Ecumenical Thought. Amsterdam: Rodopi; Grand
Rapids: Eerdmans 1991. X, 244 S. gr.8« = Currents of
Encounter, 5.

Die Studie rekapituliert einige wichtige protestantische Aufbrüche
im Verstehen anderer Religionen seit der Missionskonferenz
von Edinburgh (1910). Der Vf. kann zeigen, wie die
neue dialogische Haltung zu anderen Religionen aus den älteren
Missionstheologien einerseits und der beginnenden christlichen
ökumenischen Bewegung andererseits erwachsen ist.

Das dreiteilige Buch bespricht im ersten Teil die maßgeblichen
Akten und Vorträge der Missionskonferenzen von Edinburgh
(1910), Jerusalem (1928) und Tambaram (1938). Vor
allem A. G. Hogg und C. F. Andrews vertraten in Edinburgh eine
liberale Position, die in anderen Religionen genuine Werte und
geistige Tiefe anerkennen konnte, von der Christen zu lernen hätten
. W. E. Hocking fügte in Jerusalem hinzu, daß die Religionen
gemeinsam gegen den gefährlich um sich greifenden Säkularis-
mus zu kämpfen hätten. Diese angelsächsische Haltung wurde
aber dann in Tambaram überschattet von dem Einfluß Hendrik
Kraemers, der auf dem Hintergrund der Theologie des frühen
Karl Barth eine dezidiert exklusivistische Position vertrat, die in
allen Religionen nur den Unglauben des Menschen sehen wollte,
der allein durch die Offenbarung des Evangeliums in Jesus Christus
und entsprechende missionarische Anstrengungen überwunden
werden könne. Schaut man auf die Daten dieser Kontroversen
, so wird die zeitgeschichtliche Einbettung und Bedingtheit
der jeweiligen Thesen vor allem bezüglich der Gesamtsituation
Europas sofort deutlich (der Zusammenbruch des Kulturprotestantismus
im 1. Weltkrieg, der erstarkende Bolschewismus, die
Abwehr der nationalsozialistischen Ideen und Diktatur durch die
dialektische Theologie). Freilich arbeitet Ariarajah diese Zusammenhänge
nur am Rande heraus, wodurch die Studie über den
Erkenntnisgewinn, der bereits bei C. F. Hallencreutz (1966 u.
1970) erreicht war, kaum hinausgeht.

Der zweite Teil allerdings zeichnet die Entwicklung des Dialogprogramms
des Ökumensichen Rates nach dem 2. Weltkrieg
nach. Die Konferenz in Kandy (1967) setzte einen Impuls, der
mit den "Guidelines on Dialogue" (im wesentlichen auf der
Konsultation von Chiang Mai 1977 erarbeitet) einen Höhepunkt
erreichte. Die Guidelines vermeiden den Begriff der Mission
und individuellen Bekehrung, weil man erkannt hatte, daß Pro-
selytisierung und Suche nach individuellen Konvertiten in einer
Welt des religiösen Pluralismus, in der sich die Religionen nur
dialogisch zueinander verhalten können, verheerende Folgen
haben könnten, gerade auch wenn menschliches Handeln am
Maßstab des Evangeliums gemessen würde. Stattdessen war
von einem ganzheitlichen Zeugnis des Evangeliums die Rede,
das die Kehrseite eines Dialogs in Gemeinschaft sei. Der Vf.