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Ausgabe:

1993

Spalte:

622-623

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Hoffmann, Andreas

Titel/Untertitel:

Augustins Schrift "De utilitate credendi" 1993

Rezensent:

Haendler, Gert

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62!

Theologische Literaturzeitung 118. Jahrgang 1993 Nr. 7/8

622

Kirchengeschichte: Alte Kirche

Aspegren, Kerstin: The Male Woman. A Feminine Ideal in the
Early Church. Ed. by R. Kieffer. Stockholm: Almquist &
Wikseil Int. 1990. 189 S. 8° = Acta Universitatis Upsaliensis.
Uppsala Women's Studies. A. Women in Religion. 4. Kart.
SEK 142.-.

Die Studie erschien in der seit 1988 bestehenden Reihe "Women
in Religion". 1988 veröffentlichte auch Peter Brown sein
anlegendes, umfassendes und grundlegendes Werk "The Body
and Society. Men, women and sexual renunciation in Early
Christianity", in dem er allerdings dem Problem der "male women
" keine spezielle Aufmerksamkeit widmete. Kerstin Bjerre-
Aspegren konnte dieses Buch nicht mehr zur Kenntnis nehmen.
Sie starb schon im Jahr 1987. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie das
Ziel ihrer Forschungen noch nicht erreicht.

Als Basis der christlichen Vorstellung hatte sie das Frauenideal
bei Piaton, Aristoteles, den Stoikern, in der klassischen und
hellenistischen Gesellschaft, bei Philon untersucht. Diese Kapitel
waren fertig und bedurften nur der Vervollständigung in den
Anmerkungen. Von dem eigentlichen Hauptteil - der Untersuchung
des Themas in der christlichen Antike - waren nur zwei
Kapitel abgeschlossen: "The Thecla figure" und "The female
must become male - a motive in apocryphal texte", eine Untersuchung
des Enkratismus in den ersten zwei Jahrhunderten und
des Martyriums der hl. Perpetua als Beispiel einer Symbiose von
Weiblichem und Männlichem. Nur Vorarbeiten lagen für die Erhebung
der Nachwirkungen dieser Ideale bei Methodios von
Olympos und Clemens von Alexandrcia vor. Deren Ergebnisse
bat Ragnar Holte in einem Anhang zusammengefaßt (144-164).
Nicht mehr in Angriff nehmen konnte Kerstin Aspegren die geplante
Untersuchung des Themas bei Origenes und Gregor von
Nyssa.

Trotz dieses Torsocharakters ist dem Urteil Rene Kieffers zuzustimmen
: "Her work is not finished but is considered so inte-
resting that Prof. Ragnar Holte, responsible for the research pro-
ject 'Female. male, human in the original environment and early
Iiistory of Christianity'. wanted to publish those parts of it that
were complete at her death" (9). Die Ergebnisse sind durchaus
beachtlich, wenn auch die Unterbreitung des Quellenmaterials
sehr knapp gehalten ist und manches, in einem weiteren Zusammenhang
gestellt, mehr Aussagekraft erhalten würde.

Für die Untersuchung der Mann-Frau-Beurteilung im frühen
Christentum hält die Vfn. die apokryphe Theklaerzählung für
einen Schlüsseltext Sie konnte sich bei der Interpretation auf
die Kommentierung von G. Dagron (Vie et miracles de Sainte
Thecle, Brüssel 1978) stützen. Sie zog den richtigen Schluß:
"the male beiny associated with activity, reason and Spiritual life
and the female with passivity, irrationality and a disposition to-
Wards materialism. But even though Tecla's male attirc may be
-i Symbol, it is undeniable that the description of her is an unu-
sual picture of a woman in classical times. inasmuch as Thecla
places transcendence before immanence and universality before
individuality. This is an outlook that throughout the ages has
been considered foreign to the female mind" (114). Tertullian
reagierte als erster auf dieses Frauenbild (De baptismo 17, 4f.) -
ablehnend. Die Vfn. konzentrierte sich allerdings nur auf diesen
Aspekt (109-112). obgleich Tertullian zur Frauenproblematik
einen viel umfassenderen Beitrag leistete.

Das mit den Theklaaktcn gegebene Thema "The female must
become male" verfolgt Vfn. in weiteren apokryphen Texten
'Agypterev., Thomasev.. Andreasakten, Thomasakten, Martyri-
u'ii Perpetuae). Dabei werden wichtige Textstellen hervorgehoben
, die die asketischen Ideale und die damit verbundene Abwertung
des Weiblichen zum Ausdruck bringen. Der paradiesische
Zustand könne erst wieder erreicht werden, wenn die Frau
wie Adam werde, "male, without sin and asexual" (142). In der
späteren Interpretation werde deshalb Thekla zum Modell des
Perfekten. Die untersuchten Texte gäben jedoch noch mehr her,
wenn die größeren Textzusammenhänge berücksichtigt und
nicht nur Übersetzungen der lateinischen und griechischen Texte
zugrundegelegt wären.

Die Studie weist auf leicht zu übersehende Stellen der frühen
christlichen Überlieferung hin, die für die Beurteilung der
christlichen Deutung der Geschlechterbeziehungen neue Anstöße
geben. Die Bewertung dieser Texte erfordert die Beachtung
größerer Zusammenhänge, die Kerstin Aspegren leidet
nicht mehr berücksichtigen konnte.

Berlin/Rostock Friedhelm Winkelmann

Augustinus: De Utilitate Credendi. Über den Nutzen des Glaubens
. Übers, u. eingel. von A. Hoffmann. Freiburg-Basel-
Wien-Barcelona- Rom-New York: Herder 1992. 220 S. 8° =
Fontes Christiani, 9. Lw. DM 36,-. ISBN 3-451-221 17-9.

Über die ersten Bände der zweisprachigen Reihe „Fontes
Christiani" hatte ThLZ 117, 1992, 407-412 berichtet; jetzt liegt
bereits Band 9 vor. Augustins Arbeit „De utilitate credendi"
wurde 391/92 geschrieben, kurz nach seiner Ordination (Kap. 4:
Sacratus sum, 88). Adressat ist Honoratus, ein früherer Studienkollege
Augustins; gemeinsam hatten sie sich einst dem Ma-
nichäismus zugewendet. Nun erfährt Augustin, daß Honoratus
immer noch Manichäcr ist. Die Einleitung schildert „Die nordafrikanischen
Manichäer und ihre Kritik an der Catholica" (17-
23). Unter der Kapitelüberschrift „Augustins Antwort" wird der
folgende Text skizziert (23-72). Die These von O. Gigon, Augustin
habe seine Arbeit de utilitate credendi mehrfach überarbeitet
und sie sei daher uneinheitlich, wird zurückgewiesen (72-74).
Zui Textüberlieferung wird wenig gesagt: Man folgt der Ausgabe
, die J. Zycha 1891 in der Wiener Edition CSEL 25/1 vorgelegt
hatte (75). Ältere deutsehe Übersetzungen findet man in der
Bibliographie (202). Die vorgelegte Übersetzung ist neu, sie
bemüht sich „die konventionellen Ausdrucksweisen des Autors
in ein möglichst flüssiges Deutsch zu übertragen, stilistische
Besonderheiten jedoch soweit wie möglich zu erhalten" (75).

Augustin stellt deutlieh heraus, daß der Glaube dem Verstehen
vorangehen muß: „Denn wenn man ausschließlich das
glaubt, was aufgrund gesicherter Vernunfteinsicht bewiesen
werden kann, gibt es überhaupt keine Freundschaft" (Kap. 24, S.
149). Das gilt schon für die Liebe eines Kindes zu seinen Litern:
Kinder können nicht „wissen", ob die Eltern wirklich ihre Eltern
sind, sie müssen es „glauben" (Kap. 26, S. 157). Zuletzt empfiehlt
Augustin, sich der Autorität der Kirche anzuvertrauen:
„Da wir also so viel Beistand Gottes, so viel Fortschritt und Erfolg
feststellen, können wir da noch zögern, uns im Schoß seiner
Kirche zu bergen? Sie besaß doch von der Zeit der Apostel an
während der gesamten ununterbrochenen Reihe der Bischöfe bis
zum Bekenntnis der ganzen Menschheit die höchste Autorität.
Vergeblieh lärmten die Häretiker gegen sie - sie wurden teils
durch die Entscheidungen des einfachen Volkes selbst . teils
durch Konzilien mit ihrem ganzen Gewicht, teils sogar durch
ehrfurchtsgebietende Wunder verurteilt. Ihr nicht die Führungsstellung
einräumen zu wollen ist nach meiner Überzeugung ein
Zeichen höchster Gottlosigkeit oder halsbrecherischer Selbstüberschätzung
" (Kap. 35, S. 187). „Vertraue dich den guten
Lehrern des katholischen Christentums in ehrfürchtigem Glauben
, freudiger Hoffnung, einfacher Liebe an und lasse nicht
nach, Gott selbst anzurufen - er allein ist es, der uns in seiner