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Ausgabe:

1993

Spalte:

40-42

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Titel/Untertitel:

Écrits théologiques, littéraires et juridiques : 1532 - 1554 1993

Rezensent:

Neuser, Wilhelm H.

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Theologische Literaturzeitung 118. Jahrgang 1993 Nr. 1

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werk aus dem Jahre 1153 mit einer Widmung an Bernhard von
Clairvaux. Das jetzt vorgelegte Parabolarium gehört in die Jahre
um 1140 und beginnt ebenfalls mit einem Dankbrief an
Bernhard von Clairvaux (46-51). Galand war Bernhard zu
Dank verpflichtet, da dieser sich für seine Aufnahme in ein Zisterzienserkloster
eingesetzt hatte. Das Buch enthält 34 Gleichnisse
, die näher charakterisiert werden unter der Überschrift
„Une Litterature monastique populaire" (17- 22). Galand beschließt
sein Werk mit einer Excusatio seu satisfactio ad lecto-
rem (438-441) und einem weiteren Brief an Bernhard (442-
447). Das Werk hat wohl kaum große Nachwirkungen gehabt.
Es ist in 2 Manuskripten Uberliefert (38-40) und war in kleinen
Teilen schon gedruckt worden: Der Einleitungsbrief an Bernhard
lag schon 1896 vor, Fragmente waren 1948 erschienen,
vollständig war das Gleichnis 16 im Mittellateinischen Jahrbuch
17, 1982 ediert worden, - ein Gespräch zwischen den
Sünden der avaritia, libido, invidia, vana gloria, ira, tristitia,
curiositas, superbia u.a. (266-289). Gaetano Raciti besorgte den
lateinischen Text, Colette Friedlander die Ubersetzung, die Noten
und Indices. Galand de Reigny ist bereits der achte Schriftsteller
aus dem Zisterzienserorden, der in die Reihe Sources
Chretiennes aufgenommen wurde.

G. H.

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Kroon, Marijn de: Martin Bucer und Johannes Calvin. Reformatorische
Perspektiven, Einleitung und Texte. Aus

dem Niederl. von H. Rudolph. Göttingen: Vandenhoeck &
Ruprecht 1991. 285 S. gr.S«. Kart. DM 58,-. ISBN 3-525-
55337-4.

Dieses Buch liest man gern. Es enthält Texte im Original und
in gegenwartsdeutscher Übersetzung. Es bemüht sich, auch aus
Anlaß des 500. Geburtstages des großen Straßburger Theologen
(1991), um Verdeutlichung seines Lebenswerkes. Calvin findet
zwar in einzelnen Darstellungskapiteln und Texten Berücksichtigung
, Bucer steht jedoch für den Vf. im Vordergrund. Eine
durchgängige Vergleichung beider reformatorischer Theologen
findet nicht statt. Daß einem bedeutenden Calvin- und Bucer-
kenner im Vorwort expressis verbis gedankt wird - es handelt
sich um Cornelis Augustijn aus Amsterdam -, empfiehlt das vorliegende
Buch ein weiteres Mal.

De Kroon ist allen, die in der Calvin- und Bucerforschung zu
Hause sind, durch eine Anzahl einschlägiger Arbeiten bekannt.
(2660 Er konnte für die Abfassung des Vorliegenden auf jahrzehntelange
Zu- und Vorarbeiten zurückgreifen. Er stellt einen
liebenswürdigen Bucer vor, dessen Rolle in der Gesamtreformation
des 16. Jh.s ausführlich thematisiert wird. De Kroon
reiht in seinem Buch nicht einfach Beobachtung an Beobachtung
, sondern stellt die Rollensituation Martin Bucers in bezug
auf Calvin, aber auch im Umfeld anderer Theologien und
Geschichtsabläufe im Reformationsjahrhundert vor.

Acht Thesen bieten das Resultat aus der Quellendurchsicht
des Vf.s(256f). De Kroon spricht in bezug auf Bucer von einem
„eigenständigen Typ authentischer reformatorischer Theologie
". Er meint, bei dem Straßburger Reformator, der Calvin
während seines Straßburger Aufenthaltes von 1538-1541, aber
auch davor und danach wirksam geprägt hat, läge eine einfache
, „nicht dogmatisch(e)", bekenntnismäßig „vom Vordogmatischen
" bestimmte Theologie vor, die sich gewissermaßen
auch überkonfessionell ausnahm und „infolgedessen ausgesprochen
ökumenisch" einzuschätzen wäre. Sie sei deutlich

„auf das Ethische" ausgerichtet und deshalb unter anderem
stark dem Verständnis des Gesetzes im Alten Testament verhaftet
. Hier sieht de Kroon Bucer auf der gleichen Linie wie
Calvin, besonders was die Bedeutung „des Gesetzes für das
Christenleben" angeht. Auf diese Weise haben beide Theologen
„den gesamten reformierten Protestantismus" beeinflußt.

Wenn Bucer besonders wichtige Theologumena in den Vordergrund
stellt, wie etwa die Prädestination, dann verbindet er
damit das „ethische Engagement" des Christen „als Antwort
auf Gottes gnädige Erwählung". Insofern ist christlicher Glaube
für den Mitmenschen, für die Gesellschaft, relevant. De
Kroon empfiehlt in wichtigen ethischen Fragen, wie sie etwa in
der Problematik Ehe und Ehescheidung vorliegen, den evangelischen
Kirchen heute, erneut auf Bucers Auffassungen zu achten
.

Der Vf. stellt in 5 Kapiteln seine Gegenstände vor, jeweils
mit einer Einleitung und einem mehr oder weniger umfangreichen
Text versehen. Die Reihenfolge der tragenden Begriffe
hängt zusammen mit dem Gewicht, das diese Termini in Bucers
Lebenswerk haben. Die bei Luther bekannte neue „conne-
xio verborum" erkennt de Kroon methodisch auch bei dem
Straßburger Theologen und verbindet sie mit folgenden Sacheinheiten
: Prädestination, Rechtfertigung durch Glauben oder
Werke (conciliatio), pietas, religiöse Offenheit und politische
Strukturen (hier mit einer stattlichen Dreizahl von einschlägigen
Bucertexten), reformatorische Perspektiven. 6 Indices führen
gut in das vorliegende Werk ein und literarisch darüber hinaus
.

Man muß es dem Leser wohl selbst überlassen, die neue Ein-
prägung der Worte und theologischen Sachverhalte bei Bucer
ausfindig zu machen. Es ist dabei ein Vergnügen besonderer
Art, mitzuerleben, wie der Vf. sich seinem Gegenstand offensichtlich
soweit nähert in der eigenen Meinungsbildung, daß er
Bucers Thesen mit unverhohlener Sympathie vorträgt. „Der
Schlüsselbegriff pietas" ist de Kroon ganz besonders wichtig.
Frömmigkeit und Dogmatik bzw. Lehrbildung kommen ihm
für Bucer zusammenzustehen. Der Straßburger Reformator faßt
„doch den ganzen Weg, den die Christen zu beschreiten haben,
in einem Wort zusammen: pietas". (125) „Der pietas-Begriff
bezeichnet das entscheidende Merkmal, womit Bucer sich von
den anderen Reformatoren, und hier ist im Zusammenhang dieser
Studie natürlich gerade auch an Johannes Calvin zu denken,
abhebt, seine Theologie ihr eigenes Gepräge erhält." (a.a.O.)

Hier wie an anderen Stellen sieht de Kroon bei aller Wertschätzung
zwischen den beiden großen Theologen bisweilen
gravierende Unterschiede. Das sei übrigens auch bei der Beurteilung
der Ehcscheidungsproblcmatik der Fall.

Der Vf. möchte gern für den Gedanken werben, daß die
Vielfalt in der Ausprägung von theologischen Einzelauffassungen
durchaus kein Hindernisgrund für wechselseitige Hochschätzung
zu sein brauche.

Bucers Platz in der Reformationsgeschichte eindrücklich und
anhand vieler treffender Texte für Kirche und Theologie der
Gegenwart ansprechend gezeigt zu haben, ist ein dankbar anzuerkennendes
Verdienst des Verfassers.

Görlitz Joachim Rogge

Peter, Rodolphe, et Jean-Francois Gilmont: Kibliotheca Cal-
viniana. Les oeuvres de Jean Calvin publies au XVIe siec-
le. I: Ecrits theologiques, littcraires et juridiques 1532-1554.
Genf: Droz 1991. 543 S. m. Abb., 1 Taf. gr.80. ISBN 3-525-
55337-4.

Das Erscheinen des ersten Bandes einer dreibändigen Bibliographie
der im 16. Jh. gedruckten Werke Calvins und ihrer