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Ausgabe:

1993

Spalte:

587-589

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Murray, Robert

Titel/Untertitel:

The Cosmic Covenant 1993

Rezensent:

Bindemann, Walther

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Theologische Literaturzeitung I 18. Jahrgang 1993 Nr. 7/8

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Comments (Erörterung der gesamten Einheit). Diese thematischen
, auf die Gegenstände der gesonderten Abschnitte bezogenen
Ausführungen handeln umfänglich über die Opferarten,
ihre Namen, ihre spezielle israelitisch-jüdische Bedeutung, ihre
Funktion und den theologischen Gehalt, und nehmen .Stellung
zu dem Gegenüber von unrein und rein, Entweihung und Heiligung
, Sünde, Sühne und Ethos und dem Priestertum. Dabei
werden ausgiebig ähnliche Erscheinungen innerhalb des Kanons
sowie in anderen jüdischen und nichtjüdischen Quellen
des Alten Orients zum Vergleich herangezogen. Aber auch in
den exegetischen Erläuterungen entdeckt man öfter eingehendere
Besprechungen gegebener Begrifflichkeiten, z.B. Schuldbekenntnis
(300-303), Allerheiligstes (320-326), Urim und Tum-
mim (507-511), Schwein (als unreines Tier: 649-653). Da/u
dienen vielerlei schematische Übersichten und bildliche bzw.
graphische Darstellungen.

M. übersetzt zäbah selämtm mit 'well-being offering', ohne
geltend zu machen, die allein richtige inhaltliche Entsprechung
zu vertreten (220) - im Index der hebräischen Wörter fehlt
M'lämtm 217-225' - gibt hattat als 'purification Offering' wieder
, da die angeführten Fälle nichts mit Sünde zu tun hätten
(253f), und 'äsäm als 'reparation offering', da es die Genugtuung
für eine Entweihung vorstelle (339).

Zu bedauern ist, daß man ziemlich suchen und blättern muß,
will man über eine separate Stelle nachlesen. Die Kopfleiste
jeder rechten Seite hätte, statt bloßem "The Sacrifices" zu Kap.
1-17, "Consecration/Inaugural/The tragic Aftermath" zu Kap.
8-10, "Diet Laws (11:1-47)", "Childbirth (12:1-18)" usf., vielmehr
auf jeder Seite exakt angeben sollen, was bzw. welches
Kapitel und welche Verse dort im einzelnen besprochen werden
. Das Inhaltsverzeichnis reicht dafür nicht hin.

Wer sich eingehend mit israelitisch-jüdischem Priestertum,
Kultus und kultischen Ordnungen beschäftigen will oder muß,
findet hier reichhaltig Material. Sprachlich, gedanklich und in
der Art der Darbietung ist es obendrein eine Freude, die Ausführungen
zu lesen. Freilich, vieles verrät die Weise jüdischen
Argumentierens und Kombinierens, die der im guten Sinne naiven
Frühzeit religiösen Lebens nicht gemäß ist, und wo Vf. den
Sachverhalt zutreffend erfaßt, beweist das einmal mehr, daß die
Bestimmungen in der Form, wie sie uns heute vorliegen, aus
der Spätzeit israelitischer Geschichte herkommen. Es wird auf
alle Fälle notwendig und fruchtbar sein, sich mit der Fülle der
Ideen, Ansichten und Begründungen, die hier zum israelitischjüdischen
Kult vorgetragen werden, auseinanderzusetzen.

Stuttgart Wolfram Herrmann

Murray, Robert: The Cosmic Covenant. Biblical Themes of
Justice, Peace and the Integrity of Creation. London: Sheed
&Ward 1992. XXV, 233 S., 8 Taf. 8° = Heythrop Mono-
graphs, 7. ISBN 0-7220-2750-8.

Zu den Dichotomien der Moderne gehört die von Natur und
Gesellschaft. Sie hat dazu beigetragen, das Instrumentarium für
die Zerstörung der natürlichen Umwelt auszubilden, die am
Ende des 20. Jh.s manifest geworden ist.

Zur Suche nach „Gegengiften" (Ulrich Beck) gehören auch
Bemühungen um ein ganzheitliches Denken, das einer Neubestimmung
des Ortes des Menschen in seiner Umwelt dienen
könnte. Murray versucht hierfür biblische Impulse bereitzustellen
. Die Vorstellung von einem "cosmic covenant", die im atl.
Schrifttum rudimentär, aber breit gestreut vorliegt, wäre dafür
geeignet. M. geht ihren Spuren nach und rekonstruiert aus ihnen
einen kohärenten mythischen Vorstcllungskomplex "which
ancient Israel shared with other, often older, cultures" (XVII).

Die Kategorie des Bundes hat im konziliaren Prozeß für
Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung (den M.
nur am Rand erwähnt) eine zentrale Bedeutung erhalten; doch
sind dabei theologische Unscharfen verblieben, so daß man
gern zu einer Arbeit greift, die - geleitel von aktuellen Fragestellungen
- eine Klärung der Grundlagen biblischer Bundestheologie
verspricht.

Die alten mythischen Vorstellungselcmente über einen „kosmischen
Bund" sind - vor allem aufgrund deuteronomistischer
Einflüsse - in der alttestamentlichen Literatur nur noch verschüttet
vorhanden; das Konzept des „kosmischen Bundes"
wurde durch andere Bundeskonzepte (Davidsbund und, am
nachhaltigsten, Sinaibund) verdrängt. Vor allem mit Proklamation
und Interpretation der Tora als „Grundgesetz" des Jahwe-
bundes mit Israel war eine Ethisierung von Vorstellungen verbunden
, die ursprünglich in einem kosmischen Denkrahmen
standen: Die Endredaktion des Pentateuch will künftigen Generationen
die Einsicht vermitteln, "that sin is our human respon-
sibility" (15).

So begibt M. sich, quer durch das atl. Schrifttum, auf die
Suche nach Spuren des "cosmic covenant". Dabei werden auch
Texte herangezogen, die in der Regel spät datiert weiden (z.B.
Jes 24; Jes 65; 1. Hen). Die Methode ist - trotz Inanspruchnahme
von Form- und Literarkaritik - eher synthetisch als analytisch
; aus versprengten Motiven wird ein aus sechs Elementen
bestehender Vorstcllungskomplex rekonstruiert:

1. Bindung kosmischer Elemente durch einen dem Schöpfer
geleisteten Eid (biblischer Hauptbeleg: Jcr 33,20-26):

2. Bruch dieses Bundes durch rebellierende göttliche Wesen;
(wichtigste Spuren in Gen 6,1-7 und Jes 24);

3. Wiederherstellung des Bundes durch einen „ewigen Bund"
(Hauptbelege: Hos 2 und Gen 9);

4. „Unordnung" auf der Erde als Resultat des Bundesbruchs
(Spuren: Hos 4,1-3; Jer 4,23-27; Jes 32; Joel 1-2 u.a.);

5. rituelle Kontrolle bzw. Wiederherstellung der kosmischen
Ordnung im Tempelkult unter besonderer Mitwirkung der
Könige (vgl. vor allem die Asaphpsalmen);

6. Idealbilder einer kosmischen Harmonie, insbes. zwischen
Menschen und Tieren (wichtige Belege: Jes 11,1-9; Gen 1,26-
28 und Gen 2).

Diese Vorstellungen haben, auch wenn die Rezeptionsbedingungen
sich änderten, fortgewirkt. Beispielsweise war das Konzept
der Bewahrung bzw. Wiederherstellung der kosmischen
Ordnung zunächst an das sakrale Königtum gebunden. Xu seinen
Funktionen gehörte die Sicherung des Friedens, u.zw. nicht
nur des politischen und sozialen, sondern auch des „ökologischen
". Priesterschrift und Deuteronomium, verfaßt für Situationen
, in denen diese Funktionen in Israel nicht mehr durch das
Königtum wahrgenommen werden konnten, zeigen deutliche
„Demokratisierungstendenzen": Die Priesterschrift schreibt die
Gottebenbildlichkeit (und damit gekoppelte königliche Funktionen
) generell der Menschheit zu; das Deuteronomium ersetzt
den König als Gottes Bundes-Parlner durch das Gottesvolk. In
nachexilischer Zeit werden messianische Vorstellungen zum
Amalgam älterer sakraler Ideen.

Nur noch in großen Zügen werden die Linien vom Allen
Testament in das pätere jüdische und christliche Schrifttum gezogen
; hier wünschte man sich eine stärkere Ausarbeitung im
Sinn einer biblischen Theologie.

Das Buch ist als wissenschaftliche Untersuchung konzipiert,
wünscht sich aber einen weiteren Leserkreis (XVII). An ihn
richtet sich vor allem das Schlußkapitel, in dem Konsequenzen
aus der erschlossenen Bundestheologie benannt werden. Als
wichtigste halten wir fest:

I. Die traditionelle Konzentration der Schöpfungstheologie
auf Gen I hat eine anthropozentische Engführung bewirkt; sie
ist zu ersetzen durch ein Menschenbild, das den Menschen als