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Ausgabe:

1993

Spalte:

538-541

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Lonergan, Bernard J. F.

Titel/Untertitel:

Methode in der Theologie 1993

Rezensent:

Hoffmann, Fritz

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Theologische Literutur/eitung I 18. Jahrgang 1993 Nr. 6

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den theologischen und anthropologischen Grundformen des
Denkens und der Aussagen von Anfang an, u.zw. sowohl in den
beiden philosophischen und theologischen Dissertationen über
religiöse Erfahrung wie auch in seiner Habilitationsschrift ..Der
Mensch in der Verkündigung der Kirche" (München 1936). sich
mit der Gefahr auseinandersetzt, daß die menschliche Lebenswirklichkeit
für den Prediger und Seelsorger Rang und Funktion
dogmatischer Normativität gewinnt, wofür die Deutschen Christen
mit ihren volksmissionarischen Bemühungen ein Beispiel
lieferten. Auch hier ist im Blick auf gegenwärtige Theologie und
Theologen zu fragen, ob diese Gefahr überhaupt noch wahrgenommen
wird und ob die Bedeutung des von Schlink vertretenen
Grundsatzes, daß Anthropologie Buße sei. gewußt und
begriffen wird, wenn sich alles auf das natürliche oder wissenschaftliche
Selbstverständnis und die daraus folgende Selbstbehauptung
des Menschen konzentriert.

Fragen des Vf.s zu dem Ansatz von Schlink setzen dort ein,
wo, wie z.B. bei dem Thema der doppelten Prädestination, die
Theologie die Logik, aber nicht die Gesetze der Logik, d.h. des
Syllogismus, die Theologie bestimmen dürfen (181 ff). Er fragt:
„Wird hier nicht einem .logischen Relativismus' oder gar dem
Irrationalismus das Wort geredet und werden die Aussagen des
Lobpreises und des Zeugnisses nicht jeglicher Überprüfung
ihres Wahrheitsanspruchs entzogen?" (182). Diese Frage ist
zwar verständlich, doch sie kann sich nur dann stellen, wenn
nicht bedacht wird, was es heißt, daß die dogmatischen Prolego-
mena in Schlinks .Ökumenischer Dogmatik' (I9852) ausgeführt
werden als „Evangelium von Jesus Christus". Davon aber gilt:
„Es verkündigt das Evangelium nicht nur Gottes einst geschehene
Tat an Jesus und durch Jesus. Vielmehr ist das Evangelium
zugleich Gottes Tat an denen, die diese Botschaft hören" (2).
Von hier aus ist auch zu verstehen, warum Schlink als Konzilsbeobachter
in seinem Bericht „Nach dem Konzil" (1966) aus
dein ökumenismusdekrel gerade den Gedanken der geistlichen
Erneuerung des Herzens als Ansatzpunkt hervorgehoben hat
(105ff), was gewiß etwas völlig anderes ist als eine Vergangen-
heitsbewältigung in der Konvergenz von Lehrtraditionen.

Es ist verständlich, wenn der Vf. die systematische Vertiefung
von Schlinks Überlegungen genau bei der Frage einsetzen läßt:
„Doch wie verhält sich die Paradoxalität des Offenbarungshandelns
zu Gottes Sein und Wesen? Bleibt sie und damit die Paradoxalität
unserer Aussagen Gottes Wesen äußerlich? Wie ist es
denkbar, daß in den mannigfaltigen und paradoxen Wesens- und
Eigenschaftsaussagen Gott selbst zur Sprache kommt?" (190).
Schon bei dieser Fragestellung ist zu beachten, daß die für
Schlinks Theologie grundlegende Bedeutung und Funktion des
Wortes Ciottes in Gesetz und Evangelium auf die Ebene reflek-
tierender Vermittlung zurückgenommen wird - ein auch unter
evangelischen Theologen verbreitetes Mißverständnis.

Das Thema „Analogie und Doxologie" wurde von W. Pannenberg
selbst in seinem Beitrag zur Festschrift für E. Schlink,
Dogma und Denkstrukturen (1963) behandelt mit der Frage,
„wie das in der Anbetung verwurzelte Reden von Gott wahr sein
kann, obwohl es nur eine Analogie des Sprachgebrauchs - des
theologischen /um profanen Sprachgebrauch - enthält, nicht
aber eine Analogie des Sprachgebrauchs zu Gott selbst behauptet
" (Grundfragen I 201).

Mit tntihevoller Sorgfalt analysiert der Vf. Pannenbergs Verständnis
von Analogie. Der entscheidende Punkt wird dabei
sicher richtig getroffen, wenn gezeigt wird, daß die Doxologie
bei Pannenberg logisch als Äquivokation und eschatologisch als
Antizipation verstanden wird (221 ff; 227ff). Um es mit Pannenbergs
eigenen Worten zu sagen: „Von uns aus beurteilt, werden
die Begriffe, mit denen wir Gottes Wesen preisen, im Akt des
Lobopfers äquivok. Zugleich aber sprechen wir sie aus in der
Hoffnung auf eine Erfüllung, welche die in der Analogie fixierte
Distanz weit überwindet" (Grundfragen 1,201). Die konfessionell
strittige Frage der .analogia entis" wird unter dem für Pannenberg
wichtigen Begriff der Antizipation oder Prolepse mithin
eschatologisch beantwortet in der Erwartung der verheißenen
Erfüllung beim Übergang des Glaubens in das Schauen. Darein
fügt sich, wie die Zielsetzung von Pannenbergs ...Systemaliseher
Theologie" zeigt, die „offene Frage nach der Wahrheit der
christlichen Lehre". Der Vf. faßt Pannenbergs Verständnis dann
so zusammen: „Doxologie als der proleplisehc Vorgriff auf eine
noch zu bewährende absolute Zukunft ist die gedanklich-anbe-
tend vollzogene antizipative Aufhebung der als endlich verstandenen
Geschichte in die ewige Unendlichkeit Gottes" (233).

Mit dieser Arbeit eines römisch-katholischen Theologen wird
der evangelischen Theologie ein Spiegel vorgehalten, in dem sie
sich selbst erkennen mag. Es wird aber zugleich auch ein
Gespräch geführt, und über die Brücke von Pannenbergs Verständnis
läuft die Untersuchung schließlieh auf die Frage zu, „ob
bzw. inwieweit ,Doxologie' und .Analogie' in einem alternativen
Verhältnis zueinander stehen"? (293). Die Antwort lautet:
„Analogie ist das Geschehen der Selbstvermittlung und Selbst-
mittcilung des unendlichen Seins als Unendlichen und somit als
des Dillerenten an das Endliche im Erkennen..." (321). Damit
wird freilich unweigerlich das für die Doxologie bezeichnende
Heilsgeschehen in der durch das Wort Gottes begründeten Gemeinschaft
mit Gott wieder auf das Problem der Vermittlung
von Endlichem und Unendlichem zurückgeführt.

Vermittlung als Problem in ontologischer oder auch historischer
Hinsicht bricht aber regelmäßig dann auf, wenn Wesen
und Wirken des dreieinigen Gottes in seinem Wort nicht erkannt
und anerkannt wird. Wie dies aber zugeht, hat E. Schlink in seiner
Habilitationsvorlesung 1934 so formuliert: „Das Wirken des
Wortes ist nicht abhängig von der geschichtlichen Lage, auf die
es trifft, sondern allein davon, ob Gott durch sein Wort den Heiligen
Geist gibt, der das I lören wirkt". Auf diese Weise vollzieht
sich die Unterscheidung von wahrer und falscher Kirche, und
darin liegt die Gemeinschaft der einen, heiligen, katholischen
und apostolischen Kirche. Als Einsicht und Geschehen hat dies
Schlink in seiner „Ökumenischen Dogmatik" so formuliert: „In
Jesus hat die neue Menschheit begonnen, die nicht mehr nur
trotz ihres Widerspruchs und ihrer Todverfallenheit in Gott ist.
sondern im Ja zu Gott, in Dank und Lobpreis seiner Wohltaten
( loll entspricht und durch den Heiligen Geist an Gottes ewigem
Leben Anteil bekommt. Die neue Menschheit, die sich mit dein
Sohn dem Vater unterstellt hat, wird in Gottes Herrlichkeit erhoben
und von ihr durchdrungen werden" (7191).

Erlangen Reinhard Slenczka

Lonergan, Bernard J. F.: Methode in der Theologie. Übers, u.
hg. von J.Bernardi. Mit einem Nachwort von G.B. Sala. Leipzig
: Benno 1991. 420 S. 8°. ISBN 3-7462-0361-9.

Die deutsche Übersetzung von Loncrgans 'Method...' eröffnet
einem weiteren Leserkreis den Zugang zu diesem für die Theologie
heute bahnbrechenden Werk. Auf die vorliegende Arbeit
trifft das Wort Loncrgans zu: „Die beste Übersetzung vermag
nicht die ganze Bedeutung des Originals wiederzugeben, sondern
erreicht nur die größte Annäherung, die in einer anderen
Sprache überhaupt möglich ist" (9). Johannes Bernard, dem wir
diese Übersetzung verdanken, brachte für diese größtmögliche
sprachliche Annäherung die besten Voraussetzungen mit. Übersetzungen
von Fachlitertur erfordern eine über das Können des
Berufsdolmetschers hinausgehende fachliche Erfahrung, die
Bernard von seinem Beruf her zufiel. Er war Professor für Fun-
damentaltheologie am Phil.-Theol. Studium in Erfurt. Schwerpunkt
seiner Arbeit in Forschung und Lehre bildeten Fragen der
Methodik.1 Dazu kam eine hervorragende Kenntnis und Li Iah-