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Ausgabe:

1993

Spalte:

535-538

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Drumm, Joachim

Titel/Untertitel:

Doxologie und Dogma 1993

Rezensent:

Slenczka, Reinhard

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Theologische Literaturzeitung 118. Jahrgang 1993 Nr. 6

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Palaver, Wolfgang: Thomas Hobbes' Umgang mit der Bibel. Eine Interpretation
aus der Sicht der Theorie von Rene Girard (ZKTh 114, 1992, 257-
273).

Patlbort, Albert: La place de l'analogie dans la pensee de S. Thomas
d'Aquin. Analogie, noms divins et „perfections" (RSPhTh 76, 1992, 235-
254).

Simon, Maurice: Un catechisme universel pour l'Eglise catholique. Du
Concile de Trente ä Nos Jours. Leuven: University Press; Leuven: Peeters
1992. XIV, 461 S. gr.8° = Bibliotheea Ephemeridum Theologicarum Lova-
niensium, 103. BEF 2200.-. ISBN 90-6186-492-5.

Wilmer, Heiner: Mystik zwischen Tun und Denken. Ein neuer Zugang
zur Philosophie Maurice Blondels. Freiburg-Basel-Wien: Herder I9C)2. IX.
277 S. gr.8° = Freiburger theologische Studien, 150. Kart. DM 56,-. ISBN
3-451-22864-5.

Wohlmuth, Josef: Schöpfung bei Emmanuel Levinas (ZKTh 114, 1992,
408-424).

Systematische Theologie: Dogmatik

Drumm, Joachim: Doxologie und Dogma. Die Bedeutung der
Doxologie für die Wiedergewinnung theologischer Rede in
der evangelischen Theologie. Paderborn-München-Wien-
Zürich: Schöningh 1991. 341 S. gr.8° = Münchener Univer-
sitätsschriften, 22. ISBN 3-506-70772-8.

In der bahnbrechenden Untersuchung „Die Struktur der dogmatischen
Aussage als ökumenisches Problem" von Edmund
Schlink (1903-1984) nimmt die Doxologie eine besondere Stellung
unter den Grundformen theologischer Aussagen ein. Denn
„die Doxologie ist die Widerspiegelung der ewigen göttlichen
Herrlichkeit im Lobe des Menschen". Sie ist zwar Antwort des
Menschen auf Gottes Tat; doch wie das ,Du' Gottes dem ,Er'
weicht, so schwindet auch das ,Ich' des Menschen in der Anrede
Gottes. „Es wird in der Doxologie zum Opfer gebracht.
Doxologie ist immer zugleich ,Lobopfer'". So kommt es zu
Aussagen über Sein, Wesen und Handeln Gottes, die nicht auf
existentielle Erfahrung und Begegnung beschränkt sind, auch
nicht auf geschichtliche Bedingtheit und Verstehbarkeit. da sie
von der Majestät und Herrschaft Gottes über Himmel und Erde
ausgehen. Das ist der Gegenstand der Münchener Dissertation
eines römisch-katholischen Theologen. Damit verbunden ist ein
dogmatisches Problem, das innerprotestantisch das Verhältnis
von Ontologie und Personalismus bzw. Existentialismus betrifft
sowie zwischenkirchlich den Sachverhalt, der durch die von
Karl Barth und Erich Przywara geführte Kontroverse um ,ana-
logia entis' und ,analogia fidei' bezeichnet ist. Dies sind die
systematischen Koordinaten der Untersuchung.

Theologiegeschichtlich wird der Rahmen sehr weil ausgespannt
, und der Vf. kann kenntnisreich und überzeugend vorführen
, wie die ganze neuere protestantische Theologiegeschichte
bewegt ist von der Frage nach dem Realitätsgehalt
theologischer Aussagen in ihrem Verhältnis zur Wirklichkeit
des Glaubens.

In der Anlage der Untersuchungen werden vom Vf. nicht
Entwicklungslinien konstruiert, sondern Schwerpunkte ausgewählt
, wobei natürlich auch vieles übergangen wird. So befaßt
sich das 1. Kap. mit der „Umformung und Krise des dogmatischen
Redens von Gott in der evangelischen Theologie nach
Kant". Wenn bei Kant die Vernunft in ihren Grenzen nichts
über Sein oder Nichtsein Gottes ausmachen kann, führt dies
nach gängiger Auffassung in der von ihm beeinflußten Theologie
zu einem „Primat der Frömmigkeit vor der Lehre", was an
Schleiermacher, A. Ritsehl und Wilhelm Herrmann belegt wird.
Wo jedoch üblicherweise der aus der „kopernikanischen Wende
" bei Kant folgende Anthropozentrismus und Subjektivismus
als irreversibles geistesgeschichtliches Schicksal aufgefaßt

wird, ist es sehr wichtig, wenn der Vf. darauf aufmerksam
macht, wie bei allen diesen Theologen der subjektive Glaubensakt
als Wirken Gottes selbst zu verstehen ist:.„Gefühl' ist bei
Schleiermacher auch ein ontologischer Begriff, der das Sein
Gottes in uns aussagen will. Bei Ritsehl und Herrmann ist im
sittlich-religiösen Handeln Gott selbst gegenwärtig, und .Existenz
' bedeutet für Bultmann und Gogarten ,reale Gottesbeziehung
'..." (83). Das ist gegenüber verbreiteten Mißverständnissen
richtig gesehen, aber auch in der Weise zu präzisieren, daß
es sich hier recht verstanden, um pneumatische Sachverhalte
handelt, freilich oft verdeckt durch eine defiziente und meist
modalistische Trinitätslehrc.

Die Gegenposition zu der Verdrängung von theologischen
Seinsaussagen durch Frömmigkeit in Erfahrung und I landein
wird im 2. Kap. mit der „Herausbildung des Doxologiegedan-
kens im dialektischen Denken bei G. W. F. Hegel und K. Barth"
illustriert. Die dahinterstehende gewaltige Stoff- und Problemfülle
wird auf den für den Vf. wichtigsten Punkt konzentriert:
„Barth und Hegel begreifen Theologie im weitesten Sinne des
Wortes als liturgischen Akt" (I 19), und dieser elementare Zusammenhang
von Gottesdienst und Gotteserkenntnis wird an
der zentralen Funktion von Andacht und Kult bei Hegel und
von Gebet bei Karl Barth illustriert. Im Hintergrund bleibt,
ohne weiter ausgeführt zu werden, das trinitätstheologische Geschichtsverständnis
der Hegeischen Phänomenologie des Geistes
sowie die ebenfalls trinitarisch gefaßte Gestalt und Wirkungsweise
des Wortes Gottes bei Karl Barth.

Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt im 3. Kap.. „Die
Aussageform der Doxologie im Spannungsfeld von Bekcnntnis-
vielfalt und theo-logischer Systematik" bei Edmund Schlink
sowie im 4. Kap. „Die systematische Vertiefung: Doxologie
oder Analogie?" bei dessen Schüler Wolfhart Pannenberg. In
beiden Fällen ist dem Vf. zu bestätigen, daß er in eindringender
Weise das Anliegen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede von
Schlink und Pannenberg erfaßt und dargestellt hat, wobei die
Außenperspektive für Schüler und Zeitgenossen natürlich auch
in manchen Einzelheiten von Übereinstimmung und Differenz
die Lektüre bereichert.

Was Edmund Schlink betrifft, so sind aus der Darstellung für
seinen Ansatz zwei Punkte hervorzuheben:

1. Die Untersuchung der Struktur dogmatischer Aussagen hat
eine ökumenische Bedeutung, sofern damit gezeigt werden kann,
wie durch Verschiebungen - etwa vom Bekenntnis zur Lehre -
Differenzen auftreten, aber möglicherweise auch wieder überwunden
werden können. Eine besondere Bedeutung halle dies
für Schlink in der Begegnung mit der Ostkirche und der für sie
charakteristischen Verbindung von Theologie und Liturgie, dem
gebeteten Dogma im gesungenen Lobpreis. Im Sinne Schlinks
kann dies an der Rechtfertigung exemplifiziert werden, wenn
man sieht, daß es im zwischenkirchlichen Gespräch nicht allein
um theologische Interpretationsmodelle geht, sondern um die
Frage, wo und wie im kirchlichen Leben Sünde bekannt und Vergebung
zugesprochen und empfangen wird. In diesem Zusammenhang
ist es sehr wichtig, wenn der Vf. I38ff der Frage nach
der „Confessio als Lobpreis Gottes und Bekenntnis der Sünden"
bei Luther nachgeht. Mit guten Belegen wird gezeigt, wie sich
die Gerechtmachung vollzieht, indem der Mensch Gott recht
gibt, der in seinem Wort die Sünde des Menschen aufdeckt und
wie er umgekehrt die Gerechtigkeit aus dem Glauben an den
Sohn Gottes empfängt, der um der Sünde willen gekreuzigt ist.
Daß dieser aktive und passive Vorgang der Rechtfertigung zum
Wesen der Doxologie nach dem Veständnis von Schlink gehört,
ist meist schon evangelischen Theologen kaum noch verständlich
zu machen, wenn sie ganz auf die Aspekte der Geschichtsbedingtheit
im Entstehen und Verstehen von Texten fixiert sind

2. Zum anderen wird vom Vf., wenn auch nur in einer Fußnote
(132 A. 31), daran erinnert, daß Schlinks Beschäftigung mil