Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1993

Spalte:

497-499

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Fleming, Daniel E.

Titel/Untertitel:

The installation of Baal's high priestess at Emar 1993

Rezensent:

Soden, Wolfram

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

497

Theologische Literaturzeitung I 18. Jahrgang 1993 Nr. 6

498

stens ins Fränkische) und Bilder (sog. Bibel-Comics). Die vorliegende
Erklärungsbibel ist von den genannten Versuchen
sicher der anspruchsvollste, einmal quantitativ: der zu bewältigende
Lesestoff erhöht sich (auf eine Seite Bibeltext kommt
durchschnittlich eine Seile Erklärungen, während andere Ausgaben
oft kürzen); zum anderen qualitativ: die Erklärungen (und
Einführungen) verlangen zusätzliche Bereitschaft zum Mitdenken
und Nachfragen.

Natürlich stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, was
und wie im einzelnen erklärt werden soll. Die allgemeine Einleitung
nennt die verschiedenen Formen der Erklärungen (Einführungen
in die biblischen Bücher, Erklärungen zum Bibeltext,
biblische Verweisstcllen, Sacherklärungen, Anmerkungen zur
Textüberlieferung, Zeittafeln und Landkarten). Prinzipielle Aussagen
zur Spezifik der Erklärungen finden sich nur im Klappentext
: „Die .Stuttgarter Erklärungsbibel" faßt zusammen, was die
historische Bibelforschung an bewährten Ergebnissen zum Verständnis
der Bibel beizutragen hat".

Zwei Beispiele sollen die Verfahrensweise der ..Erklärungsbibel
" veranschaulichen. Einmal zu Gen 3,1 ff: Hier wird u.a. im
erklärenden Text zu Gen 3,6-7 betont: „Eine Abwertung der
Sexualität und der Frau als .Verführerin' läßt sich aus lMo 3
nicht begründen" (12). Zu Gen 3,14-15 heißt es: „Der biblische
Erzähler leitet hier und in den folgenden Strafworten negative
Erscheinungen der gegenwärtigen Welt aus urgeschichtlichen
Vorgängen her" (12).

Das zweite Beispiel betrifft das NT. in diesem Fall aus einer
„Einführung", u. zw. zum 2Pt: „Der Brief will als ein Schreiben
des Apostels Petrus gelesen werden, in dem er der Christenheit
sein Vermächtnis hinterläßt (1.12-15)... Der 2. Petrus-Brief ist
vermutlich die letzte Schrift, die noch in den Kanon der neute-
stamentlichen Schriften Eingang gefunden hat. Sie wurde allem
Anschein nach erst im 2. Jh. n. Ch. verfaßt" (1560). In diesem
Zusammenhang wird betont, die Benennung des Briefes sei keine
Fälschung, sondern eine im Altertum übliche Praxis („Unterordnung
unter die in Anspruch genommene Autorität").

Wie die wenigen Beispiele zeigen, partizipiert die Erklärungsbibel
auf ihre Weise auch an der hermeneutischen Problematik
. Sie bietet jedenfalls häufig mehr als ..sachliche Information
" und überschreitet damit (erfreulicherweise) die selbstgesetzte
Grenze (s. Klappentext).

E.-H. A.

Alter Orient

Heining, Daniel F.: The Instalhition of Baal's High Priestess
at I mar. A Window on Ancient Syrian Religion. Atlanta:
Scholars Press 1992. XVII, 348 S. 8« = Harvard Semitic Stu-
dies, 42. Lw. $41.95. ISBN 1-55540-726-9.

Auf dem Gebiet des heutigen Meskene am Euphratknie lag in
früher Zeil die Stadt Emar. die als Imar schon in den Keilschrift-
Urkunden aus Ebla (etwa 2400-2300) oft als Hauptstadt eines
Landes Aschtata genannt wird, ebenso in Mari-Texten aus altbabylonischer
Zeit. 1972-1982 unternahmen dort französische
Archäologen unter der Leitung von Jean Margueron Ausgrabungen
, die vor allem große Teile der Schichten der Zeit des Neuen
Hethiterreichs (etwa 1400-1200 v.Chr.) freilegten. Je etwa 1000
Keil schrifttafeln in akkadischer und churritischer Sprache waren
einer der Haupt-Fundkomplexe; weitere Hunderte wurden entwendet
und über Vorder- und Ostasien verstreut. Die nach Aussagen
der Ausgräber sprachlich wie sachlich sehr wichtigen
churritischen Tafeln blieben bis heute unveröffentlicht. Der vorwiegend
akkadischen Tafeln, die in einem an Assyriasmen reichen
Babylonisch geschrieben sind, nahm sich Daniel Arnaud
an. In der Serie »Recherches au Pays d'Astata« sind die Bände
VI, I -4 »Textes sumeriens et accadiens« (Paris, Editions Recherche
des Civilisations 1985-87) den Urkunden. Briefen. Ritualen
und vielen anderen literarischen Texten gewidmet. Zu vielen
Einzelveröffentlichungen in Zeitschriften kommt jetzt als weiterer
Band hinzu D. Arnaud, »Textes Syriens de l'äge du bronze
recent« (Editorial AUSA Apdo. 101-08280 Sabadel-Barcelona
1991); er enthält neben sieben Stücken anderer Herkunft 100
Urkunden und Briefe aus Emar aus einer Privatsammlung. Für
die Ausgrabung selbst liegt bisher nur eine vorläufige Veröffentlichung
vor in dem von D. Beyer und anderen herausgegebenen
Band »Meskene-Emar: dix ans de travaux, 1972-1982« (Paris
1982). Eine umfangreiche Bibliographie bietet Fleming in seinem
Buch (303-320).

Politisch war das Fürstentum Emar zur Zeit der Tafelarchive
zumeist ein Teil des Hethiterreichs und unterstand unmittelbar
dem Vizekönig von Karkemisch am Euphrat. Auf die überaus
instruktiven Urkunden- und Briefarchive sowie die vielen Gattungen
von literarischen Texten babylonischer Herkunft ist hier
nicht einzugehen. Wie in F.s Buch kann es nur um die Kulte in
Emar gehen. Im Band Emar VI/3 sind Nr. 369-535 Bruchstücke
von Ritualen verschiedener Art. Die meisten von diesen sind so
klein, daß erst neue Tafclzusammenschlüsse sie auswertbar
machen könnten. Als an hethitischc Rituale angelehnt werden
Nr. 471-490 bezeichnet. Nur wenige Tafeln enthalten noch sehr
große oder doch erhebliche Teile des ursprünglichen Textes;
Duplikatbruchstücke wurden bisher nur zu wenigen von ihnen
erkannt. Schon Arnaud bemerkte, daß seine ohne Kommentar
bearbeitete Nr. 369 für eine Auswertung am ergiebigsten ist. Es
geht darin vor allem um die Einsetzung einer Oberpriesterin; die
Bezeichnung entu geht auf das Sumerische zurück. F. wählte
dieses Ritual mit jetzt vier nicht überall übereinstimmenden
Duplikatsfragmenten als Thema für seine 1990 der Harvard Uni-
versity vorgelegte Dissertation. Gleichzeitig hatte sich in Münster
M. Dietrich intensiv mit dem Ritual beschäftigt und die
Ergebnisse seiner Arbeit in dem umfangreichen Aufsatz „Das
Einsetzungsritual der Entu von Emar (Emar VI/3, Nr. 369)" in
Ugarit-Forschungen 21, 1989 47-100, veröffentlicht. F. konnte
diese Arbeit und eigene Kollationsergebnisse im Museum von
Aleppo für die nun vorliegende Druckfassung seiner Arbeit
benutzen und das Kleinstfragment Emar VI/3, Nr. 402 als Textzeugen
hinzufügen.

Beide Arbeiten sind sehr verschieden angelegt. Dietrich vergleicht
unter 1.3.2 (60-76) die nicht überall gleichlautenden
Textzeugen A-D sehr eingehend und folgert u.a. aus seinen
Überlegungen, daß die Erstellung eines Textus compositus hier
nicht berechtigt sei. Fr schildert danach den Ablauf des siebentägigen
Ritus für die Einsetzung der enfw-Priesterin sehr eingehend
. Den Beginn bildet ein Brautfest in ihrem Elternhaus
nach einer Tonsur in Verbindung mit einem Tempelrundgang;
die entu wird dann im Tempel des Wettergottes Addu installiert.
Ein vollständiges Glossar der Namen, der akkadischen Wörter
mit den Sumerogrammen für diese macht den Beschluß. Alle,
die künftig an diesem Ritual von 94 langen Zeilen arbeiten,
müssen Dietrichs Aufsatz neben dem Buch von F. benutzen.

F. hatte sein Buch geplant als einen ersten Einstieg in das
systematische Studium der Riten von Emar anhand des dafür
besonders geeigneten großen Rituals Emar VI/3, Nr. 369. Auf
die kurze Introduction folgt auf S. 9-59 die Bearbeitung des
Textes ohne Zusammenfassung der Textzeugen zu einem Textus
compositus mit vielen Anmerkungen zu den gewählten Lesungen
, den Varianten und manchmal auch zu Wortdeutungen. Hier
wie in den späteren Kapiteln auf Einzelheiten und strittige Fragen
einzugehen, verbietet der beschränkte Raum.

Das bei weitem umfangreichste Kapitel ist III "The Entu-In-
stallation (Emar 369): Commentary" (61-198). Hier werden alle