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Ausgabe:

1993

Spalte:

28-29

Kategorie:

Neues Testament

Titel/Untertitel:

The Shepherd discourse of John 10 and its context 1993

Rezensent:

Schnelle, Udo

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Theologische Literaturzeitung 118. Jahrgang 1993 Nr. 1

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Buch Zephanja, seine Einheiten und die darin eingebetteten Traditionen
aus historisch-kritischer Perspektive analysieren" (262).
Das große Ziel wird nur teilweise erreicht. Ben Zvi bleibt im
ersten Abschnitt, der Analyse der Texteinheiten (269-325: sie
bilden keine zusammenhängende Quelle und kein einheitliches,
von Zephanja stammendes Buch, 291-295), oft in der Abgrenzungsdebatte
stecken.Er wiederholt Aussagen aus seinem semantischen
Kapitel und vertieft nur stellenweise, dazu eher philologisch
-historisch, die spätestens jetzt fällige formgeschichtliche
Untersuchung, so zum DOY (Zeph 1,14-16 = 287-290), zu den
Fremdvölkersprüchen (Zeph 2,4-15 = 298-312), den hymnischen
Elementen (Zeph 3,14-17 = 322f). Das formgeschichtliche Rüstzeug
bleibt stets im Hintergrund (vgl. z.B. die zaghafte Verwendung
von Fachausdrücken wie pwphetk indictment, 99 oder pro-
phetic summons repentance, 295f). Außerordentlich wichtig sind
die zahlreichen Hinweise auf Wortwiederholungen und Querverweise
im Zephanja-Buch. Sie gestatten einen Einblick in die
Kompositions- und Redaktionsvorgänge.

In einem zusammenfasenden Abschnitt stellt Ehud Ben Zvi
sodann „Die Struktur des Buches Zephanja und seine Botschaft
" dar (325-346). Hier treten nun die wesentlichen Ergebnisse
(und gleichzeitig, wie nicht anders zu erwarten, die einleitend
nur angedeuteten theoretischen Ausgangspositionen des
Vf.s) klarer hervor. Mit Diagrammen und mathematischen Formeln
veranschaulicht der Autor die intermediäre Existenz Israels
und der Fremdvölker nach der theologischen Sicht der Zephanja
-Verfasser. Die Welt lebt im Zwischenzustand non-A,
dem auch - im Blick auf die Zukunft - der Status non-B korrespondiert
. Sie befindet sich nämlich zeitlich nach dem durch
Strafgericht verlorenen Zustand A und dem verheißenen, endgültigen
Heil B. Der dreigeteilte Aufbau mancher Prophetenbücher
(Unheilsansage gegen das eigene Volk; Fremdvölkersprüche
; Heilszusage für das eigene Volk |und die Völker]) reflektiert
dieselben drei Stadien.

Und es folgen noch andere, weitreichende Resultate, die in
der Analyse des Textes angelegt sind ("Conclusions" 347-358):

1. Prophetenbücher wachsen in der Gemeinde, an die sie sich
wenden. Die persönliche Autorschaft am Prophetenbuch ist
unwichtig, wird auch im heutigen urheberrechtlichen Sinn selbst
in den Überschriften der Prophetensammlungen nicht behauptet.

2. Ehud Ben Zvi unterscheidet darum lediglich drei anonyme
Wachstumsstufen des Zephanjabuches: vorkompositionelle Texte
und Traditionen, das kompositionelle Grundgerüst des Buches
, die nachkompositionellen Zusätze.

3. Er argumentiert häufig, und das ist sehr bedenkenswert,
mit dem „angenommenen" Autor und der „angenommenen"
Hörerschaft (putative bzw implied author or audience, vgl. 245f;
348ff) im Gegensatz zu den wirklichen, nachexilischen Verfassern
und Empfängern der Botschaft.

4. Das Buch ist eine "communicative message developing
within the Community and for the Community... the claim that it
may reflect the work of several privileged readers, Interpreters,
redactors, and the like is a very reasonable one." (348).

5. Bei der Bildung der Prophetenbücher hat sich auch - und
im Gegensatz zu den zeitgenössischen, freien Propheten, denen
die Legitimation versagt wurde - das traditionelle Prophetenbild
(Wortempfänger und -Vermittler) erst ausgebildet.

6. Mit dem fiktiven Prophetenbild und dessen Autorität stützt
das Autorenkollektiv seine eigene Stellung in der nachexilischen
Gemeinde. - Insgesamt gibt die Arbeit wichtige Denkanstöße
für die Prophetenforschung.

Formal ist noch anzumerken, daß anscheinend im nicht mehr
überwachten Umbruchverfahren alle im Text erscheinenden hebräischen
Perioden von hinten nach vorn aufgerollt worden
sind, so daß der hebräische Satzanfang jeweils in der zweiten
Zeile gesucht werden muß. Das ist ärgerlich, ebenso wie manche
Auslassung von englischen Artikeln und Partikeln und etliche
Trennungs- und Schreibfehler den Leser/die Leserin nicht
gerade erfreuen (z.B. in Fußnoten konstant Schocket anstatt
Alonso Schäkel). Leider fehlen Sach- und Bibelstellenregister.

Gießen Erhard S. Gerstenberger

Neues Testament

Beutler, Johannes, and Robert T. Fortna [Ed.]:The Shepherd
Discourse of John 10 and its Context. Studies by Members
of the Johannine Writings Seminar. Cambridge-New York-
Port Chester - Melbourne - Sydney: Cambridge University Press
1991. X, 172 S. 80 = Society for New Testament Studies.
Monograph Series, 67. Lw. £ 25.-.

Der Band enthält Vorträge, die im Rahmen des SNTS-Jo-
hannesseminars 1985 und 1986 gehalten wurden. An einer begrenzten
Texteinheit gewinnt der Leser hier Einblick in Tendenzen
der neueren Johannesforschung. Nach einer Einleitung
in Hauptprobleme von Jo 10 (J. Beutler u. R. T. Fortna) wendet
sich U. Busse (6-17) zunächst der literarischen Gestalt von Jo
10 zu. Gegen literarkritische Thesen (z.B. Textumstellungen)
verweist er auf die innere Geschlossenheit und feste Verankerung
von Jo 10 im Kontext. In V.7 votiert Busse für die LA 6
jtoiu,fjv, formgeschichtlich klassifiziert er Jo 10,1-18 als .Bildfeld
' (V. 1-5), dessen Metaphern im anschließenden Identifikationsverfahren
(V. 7-18) genutzt werden. Im Zentrum der chri-
stologischen Konzeption von Jo 10 steht der Rettungstod Jesu,
der „heilsfunktionale Bedeutung" (14) hat. J. Beutler (18-32)
bestimmt in seinem Beitrag den traditionsgeschichtlichen Hintergrund
der Hirtenrede. Auch Beutler hält Jo 10,1-18. 26-30
für einen im Kontext fest verankerten einheitlichen (polemischen
) Text, dessen atl.-jüdische Prägung es aufzuhellen gilt.
Beutler mustert alle relevanten Vergleichstexte aus dem AT und
der Literatur des antiken Judentums. Danach läßt sich eine 'Entwicklungslinie
' vom AT (Jer, Ez, Sach) „bis ins NT verfolgen,
die den untauglichen Hirten der Vergangenheit Gottes Hirten-
sorge in der Endzeit gegenüberstellt. Sie wird entweder durch
Gott selbst oder durch den erwarteten Messias wirksam" (32).
Traditionen und Motive von Jo 10 lassen sich somit nach Beutler
im Rahmen einer Entwicklung verständlich machen, die im
AT einsetzt und einen deutlich jüdischen Hintergrund aufweist.

Mögliche hellenistische bzw. gnostische Bezüge in der Hirtenrede
untersucht J. D. Turner (33-52). Er ordnet die Gnosis in
die Wirkungsgeschichte der hellenistisch-jüdischen Weisheits-
traditionen ein und wählt bewußt ein weites religionsgeschichtliches
Modell, das auf monokausale Erklärungen und Alternativsetzungen
verzichtet. Turner zeigt die Verbreitung des Hirtenmotivs
in der gesamten Antike auf und meint, das Türmotiv
habe in gnostischen Texten am ehesten Parallelen.

Die Entwicklungsgeschichte der Hirtenrede zeichnet J. Pain-
ter nach (53-74). Ausgangspunkt ist für ihn, "that the evange-
list's compositional work was a process taking place over a
number of years" (541). In Jo 10,1-5 verarbeitet der Evangelist
eine traditionelle Parabel, die dann in zwei Interpretationsgängen
ausgelegt wird (V. 7-10 u. V. 11-18). Dabei zeigt sich hinter
10,11-18 die Auseinandersetzung mit einem petrinisch gesinnten
Christentum, das den Konflikt mit Irrlehrern (= die reissenden
Wölfe) in der joh. Schule durch einen an Petrus orientierten
Amtsbegriff lösen will. Es schließen sich mit V. 19-21
eine kurze Interpretation und mit V. 22-39 eine Komposition traditionellen
Materials durch den Evangelisten an. Painter versteht
die Hirtenrede im Kontext des in Uo 2,19 bezeugten in-
nerjohanneischen Schismas und bestimmt von dort ihre aktuelle