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Ausgabe:

1993

Spalte:

25-28

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Ben Zvi, Ehud

Titel/Untertitel:

A historical-critical study of the book of Zephaniah 1993

Rezensent:

Gerstenberger, Erhard S.

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Theologische Literaturzeitung 1 IS. Jahrgang 1993 Nr. 1

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der Weisheit Israels ans dem mündlich tradierten Sprichwortgut
des Volkes dürfte aber zu kurz greifen. Dazu scheint mir die
Weisheit ein viel zu komplexes geistiges Phänomen zu sein.
Die Tatsache, daß schon in den iiitesten Spruchsammlungen
ganz überwiegend Kunstsprüche begegnen, wirft doch die Frage
auf, ob es nicht schon in der Frühzeit Israels einen besonderen
Stand von Weisen gab (2Sam 14,2; IReg 5,9ff.), der sich
der Prägung, Pflege und zunächst mündlichen, später schriftlichen
(Prov 25,1) Überlieferung solcher Sprüche widmete. Im
sehr viel kürzeren zweiten Teil des Buches werden die Anthropologie
(130-134) und die Theologie (134-144) der Sprüche
kurz skizziert. Dabei zieht W. vor allem aus der überall anzutreffenden
Unterscheidung von Aussagesprüchen und Mahnworten
interessante Schiulifolgerungen für das Menschenbild:
Die ..Zweigliederung in Indikativ- und Imperativspruch" gehört
,./u dem.universalen Charakter der Sprüche". „Der Mensch ist
in ihnen als denkender und handelnder verstanden" (146).
Schließlich wird gezeigt, daß die Sprüche ihren theologischen
Ort in der Schöpfungstheologie haben. W. ist darin ausdrücklich
zuzustimmen, daß sie bezeugen, „daß das Reden von Gott
dem Schöpfer und seinem universalen Wirken im alten Israel
verbreiteter gewesen sein muß, als man es in einer heilsgeschichtlichen
Auslegung des Alten Testaments annahm" (143).
Die daraus gezogenen Folgerungen sollten aufmerksam gehört
werden: „Eine Theologie, die sich hauptsächlich in abstrakten
Begriffen bewegt, entfernt sich damit notwendig von der Sprache
der einfachen Leute und deren Reden von Gott; damit zugleich
aber verliert sie den universalen Aspekt, der zum Reden
von Gott in den Sprüchen gehört" (144). Erst in einem Anhang
(151-177) löst W. dann seine Ankündigung ein und vergleicht
in einem dritten Schritt seine Ergebnisse mit afrikanischen
Sprichworten, Mahnworten der Tobabatak auf Sumatra, sumerischen
und ägyptischen Spruchsammlungen. Die in diesem Anhang
aufgezeigten Parallelen liegen auf der Hand. Sie machen
deutlich, daß die in den Sprüchen gesammelte „Volksweisheit"
als eine Wurzel der Weisheit durchaus zu berücksichtigen ist,
aber zur Erklärung der Entstehung des Gesamtphänomens
„Weisheit" nicht ausreicht.

Einer Neuauflage des Buches wünscht man die Beseitigung
der zahlreichen Druckfehler und falschen Stellenangaben. Besonders
störend ist es, daß im Anhang zitierte Sprüche und ihre
Kommentierung durch den Vf. nicht immer durch Anführungsstriche
oder drucktechnisch deutlich voneinander geschieden
werden (z.B. 163f.).

Allen an der Weisheit Israels interessierten Lesern sei dieses
Buch zur aufmerksamen und kritischen Lektüre empfohlen.

Naumburg Rüdiger Lux

1 Weisheit im Sprichwort, in ders., Forschung am Alten Testament.
Gesammelte Studien II. TB 55. München 1974, 149-161; Weisheit und
praktische Theologie. PTh 79, 1990, 515-524.

2 Studien zur israelitischen Spruchweisheit. WMANT 28. Neukirchen
1968.

3 Weisheit in Israel. Neukirchen-Vluyn 31985.

Zvi, Ehud Ben: A Historical-Crictical Study of the Book of
Zephaniah. Berlin-New York: de Gruyter 1991. XII, 390 S.
gr.8° = Beihefte zur Zeitschrift für die alttcstamentliche Wissenschaft
, 198. Lw. DM 148,-.

Die vorliegende Dissertation wurde 1990 an der Emory Universität
in Atlanta. Georgia, als Promotionsleistung angenommen
. Gene M. Tucker, selbst Prophetenforscher und neben Rolf
Knierim Herausgeber des Kommentarwerkes „The Forms of
Old Testament Literature" (FOTL, Eerdmans: Grand Rapids)

war der Berater Ehud Ben Zvis und der Erstgutachter im Promotionsverfahren
.

Der Promovend faßt seine einleitenden Bemerkungen wohltuend
knapp zusammen. Auf den ersten 20 Seiten klärt er seinen
methodologischen Ansatz und fügt einige Hinweise auf die
Auslegungsgechichte des Buches Zephanja hinzu (21-38: "Zephaniah
through the Ages' Mirror"). Das Prophetenbuch blieb
bis in die letzten beiden Jahrzehnte hinein relativ unbeachtet. Es
wurde erst wegen mancher aktueller Bezüge (sozialethischer,
befreiungstheologischer und sozialgeschichtlicher Art, vgl. 29-
38)) von den Alttestamentlern „entdeckt" (vgl. die S. 29 Anm.
43 genannten Monographien). Weil aber die Forschung nach
wie vor weitgehend in biographisch-historischem Rahmen verläuft
, erscheint ein neuer [nterpretationsversuch sinnvoll. Der
Autor nimmt sich vor, den Zephanjatext möglichst unvorbelastet
durch traditionelle Einleitungsfragen und -behauptungen,
auch in Abgrenzung von fundamentalistischen Positionen, philologisch
, formgeschichtlich und kompositionstechnisch zu untersuchen
(1-20). Er weiß um die Kontextualität von Wörtern
und Sätzen (2f), die geschichtliche Bedingtheit des Gotteswortes
(4), die Gefahr von Zirkelschlüssen (6), die Möglichkeit
eigenen Irrtums (7). Darum will er nur „als einzig sicheres Faktum
" festhalten, daß Prophetenbüchcr irgendwann einmal „geschrieben
worden sind" und von „Generation zu Generation
weitergegeben", also auch „von jeder Generation interpretiert
worden sind" (12). Die selbstgesetztcn „Methodological Guidelines
" (14-16) markieren in 10 Punkten den Gang der Arbeit.
Von elementaren, semantischen Untersuchungen an sollen über
die Bestimmung und Deutung von Texteinheiten die sukzessiven
Kompositionsvorgänge im Buche Zephanja untersucht werden
.

Die Vers für Vers fortschreitende Bestandsaufnahme der Einzelaussagen
nimmt den weitaus größten Raum der Dissertation
ein ("Textual, Linguistic, and Comparative Notes": 39-261). In
mühsamer Konkordanzarbeit trägt Ben Zvi das relevante Material
zusammen. (Warum nutzt er eigentlich nicht die Theologischen
Wörterbucher zum Alten Testament und setzt sich an keiner
Stelle mit deren Ergebnissen auseinander?). Die betont eigenverantwortete
Recherche erbringt zahlreiche wertvolle Beobachtungen
zu Textkritik (meist zugunsten des masoretischen Textes;
häufige Hinweise auf bewußte, aus dem Gebrauch zu erklärende
Ambivalenz des Texte: ambiguity - a rhetorical device, vgl. 136;
229 u.ö.), Wort- und Satzbedeutungen und literarische Querverbindungen
. Die Bedeutungen der Aussagen lassen eventuell
Schlüsse auf „Lebenssitz, Datierung und sozialgeschichtliche
Umstände" zu (39f).

Wie verfährt Ehud Ben Zvi im einzelnen? Er konzentriert
sich bei jedem Vers auf die wichtigsten Bedeutungsträger; die
Auswahl wird nicht begründet. So widmet er den genealogischen
Angaben in Zeph 1,1a (42-51), den Einzelaussagen /um
dies irae Zeph 1,7.14-16 (80-86; 116-126: man beachte die
Wortschöpfung DOY aus DAY + YOM!) und den in Zeph 3,3f
sichtbaren Sozialstrukturen (190-206) mit Recht starke Aufmerksamkeit
. Andere wichtige Punkte aber, wie die Zeitangabe
für das Wirken Zephanjas (Zeph 1,1b), die Formgeschichte der
Tag-Jahwe-Sprüche und die Ämterstruktur in der nachexili-
schen Gemeinde finden kaum Beachtung. Wo immer Ben Zvi
jedoch seine Wortuntersuchungen ansetzt, fördert er in sorgfältiger
Fleißarbeit, die auch die jüdische Tradition z.T. mit einschließt
, beachtliche Erkenntnisse zutage. Erstaunlich ist vor
allem, in welcher Breite Sprache und Gedankenwelt des Ze-
phanjabuches mit anderen prophetischen Schriften, aber auch
mit Psalmen und Weisheitstexten verzahnt sind.

Der zweite Hauptteil des Buches (262-346) ist lakonisch mit
„Commentary" überschrieben (ist nicht die voraufgehende
Worterklärung auch schon Kommentar?). Dieser Teil soll „das