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Ausgabe:

1993

Spalte:

22-23

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Lange, Armin

Titel/Untertitel:

Weisheit und Torheit bei Kohelet und in seiner Umwelt 1993

Rezensent:

Krüger, Thomas

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Theologische Literaturzeitung 118. Jahrgang 1993 Nr. 1

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wendung in Predigt und Unterweisung der Kirche gewidmet
waren. Der Ertrag dieser Beiträge ist in diesem Band zusammengefaßt
, der sich in seinem ersten Teil den exegetischen und
biblisch-theologischen Fragen zuwendet, in seinem zweiten
Teil ihrer Umsetzung im Bereich der Praktischen Theologie.

Wie bei der gegenwärtigen Lage der theologischen Diskussion
kaum anders zu erwarten, gehen die Ansichten der Exegeten
darüber nicht unerheblich auseinander, ob es eine Altes und
Neues Testament umgreifende Biblische Theologie geben kann
oder nicht. Georg Strecker kommt nach Darlegung des Gesetzesverständnisses
, in der Bergpredigt zum Ergebnis, nur im vielstimmigen
Chor der neutestamentlichen Zeugen könne der spezifische
Beitrag des Evangelisten Matthäus zu seinem vollen
Klang gelangen (47). Aspekte feministischer Theologie werden
von Phyllis Trible ins Gespräch gebracht. Daniel J. Harrington
hebt den jüdischen Hintergrund der Wirksamkeit Jesu hervor,
um diesen auch in einer neutestamentlichen Christologie zum
Tragen zu bringen (85). James A. Sanders handelt über "Canon
as Shape and Function", und U. Mauser führt schließlich aus,
historische Kritik müsse einer begründeten biblischen Theologie
nicht widersprechen, könne vielmehr dazu beitragen, daß
die Texte in ihrer urpsrünglichen Kraft und Bedeutung zur
Sprache kommen (111).

Vielgestaltig wie die exegetischen Beiträge sind auch die auf
die Praxis gerichteten Erwägungen. Dabei wird auf der einen
Seite gefragt, wie bestimmte Themen, die sich durch alle biblischen
Schriften hindurchziehen, aufgenommen und in heutigem
Reden der Kirche ausgesagt werden können. Auf der anderen
Seite wird das alte Problem „vom Text zur Predigt" bedacht,
um zu gewissenhaftem Hören auf die jeweilige Botschaft des
Textes anzuhalten, die im heutigen Wort der Kirche aufzunehmen
ist.

Die bunte Vielfalt der einzelnen Beiträge wird durch eine
kluge Einleitung aus der Feder von John Reumann, der den
Band als Hg. betreut hat. sowie durch ein zusammenfassendes
Nachwort von ihm geordnet und auf die weiter zu bedenkenden
Probleme hin ausgerichtet. Nicht die Frage, ob man sich um
eine biblische Theologie zu bemühen habe, sondern die Überlegung
, wie dieses zu geschehen habe, sei zu bedenken (22). Und
die Vielfalt der verschiedenen, nicht selten einander widersprechenden
Entwürfe sei als Einladung zu partnerschaftlicher Zusammenarbeit
zu begreifen (200). Mit dieser Aufforderung wird
in der Tat auf einen weiterführenden Gesichtspunkt aufmerksam
gemacht, der auch in der europäischen Debatte Aufmerksamkeit
verdient. Denn wie kaum ein anderes Problembündel
ist die Bemühung um eine Biblische Theologie geeignet, interdisziplinäre
Zusammenarbeit zu befördern und Möglichkeiten
zu eröffnen, über die Grenzen des eigenen Faches hinauszublicken
und von den Beiträgen sowie der Kritik der Nachbarn
zu lernen.

Güttingen Eduard Lohse

64-73; Z. Ben-Barak 1979, 74-90; A. Berlin 1982. 91-96; R. G.
Bowman 1988, 97-120; W. Brueggemann 1990, 121-123; E. Deen
1955, 141-144; R. C. Ehle 1988, 145-156; T. C. Eskenazi 1991,
157-174; W. Ewing und J. E. H. Thompson 1910, 175: J. C. Exum
1990, 176-198; Sh. Gershenzon 1991, I99f.; L. Gutzberg, 201-
203; D. Harvey 1962, 204; G. P. Hugenberger 1986. 205f.: A. P.
Kapelovitz 1991, 207-223; A. Kuyper 1933, 224-226; H. H.
Lockyer 1965, 227-233; N. Lofts 1950, 234-245; P. D. Miscall
1988. 246-260; R. Polzin 1988. 261-269; M. Samuel 1955, 270-
279; A. Steinsaltz 1984, 280-284; N. J. D. White 1902, 285f.: A.
Whyte 1898,287-293.

Der Band bildet eine regelrechte Forschungsgeschichte, dargestellt
an einer der Nebenpersonen in der hebräischen Bibel.
Die Frage der Untersuchung, welche Beiträge vom Ende des
letzten Jahrhunderts bis zum heutigen Tag. aus der Feder von
Alttestamentlern und Orientalisten, aber auch von Literaturkritikern
und Feministinnen stammend, zu berücksichtigen sind,
wird von D. J. A. Clines in seiner Einleitung (zugleich eine Zusammenfassung
der Problematik der einzelnen Beiträge) klar
umrissen: die verschiedenen Erklärungen der Episoden und
Motive beruhen auf der Tatsache, daß vieles im Text ungesagt
bleibt, was also den Leser geradezu einlädt, seine eigenen
Theorien über Ursachen, Gründe und Hintergedanken zu produzieren
. Dabei unterscheidet Clines klar /wischen dem, was er
als interpretations, also „Auslegungen", „Erklärungen", und was
er als speculations, also „Mutmaßungen" bezeichnet.

Unter den verschiedenen Beiträgen sind dem Vf. dieser Zeilen
besonders aufgefallen: der von Z. Ben-Barak, The Legal
Background to the Restoration of Michal to David: die Autorin
gelangt u.a. zum Schluß, daß die Geschichte von der Ehe Mi-
chals historisch zuverlässig ist und daß man die sonst mit dem
biblischen Recht im Widerspruch stehenden Gegebenheiten aus
dem altorientalischen Recht erklären könne. Es ist aber auch
möglich und eher wahrscheinlicher, in diesem Zusammenhang
von einem Märchen zu reden (vgl. die von David erforderte
Leistung als Vorbedingung für die Heirat), in welchem Fall der
Vergleich zum altorientalischen Recht sich als unnötig erweist.
Besonders wichtig scheinen ihm auch die Beiträge von D. J. A.
Clines, ferner die von T. C. Eskenazi, Michal in Hebrew Sour-
ces und von L. Ginsberg, The Family of David.

Der Band bildet ein interessantes Beispiel, wie es möglich
ist, Forschungsgeschichte spannend und für die heutige Exegese
bedeutungsvoll zu gestalten. Man darf hoffen, daß noch mehr
solche Untersuchungen erscheinen werden, auch über wichtigere
Personen und Episoden der Bibel.

Roma J. Alberto Soggin

Lange, Armin: Weisheit und Torheit bei Kohelet und in seiner
Umwelt. Frankfurt/M.-Bcrn-New York-Pairs: Lang 1991.
XII, 196 S.8« = Europäische Hochschulschriften. Reihe XXIII:
Theologie, 433. Kart. DM 63.-. ISBN 3-631-43889-3.

Altes Testament

Clines, David J. A., and Tamara C. Eskenazi [Ed.]: Telling
Queen Michal's Story. An Experiment in Comparative Interpretation
. Sheffield: Sheffield Academic Press/JSOT 1991.
301 S. 80 = Journal for the Study of the Old Testament, Suppl.
Series 119.

Der vorliegende Band enthält 28 Beiträge über die Gesalt Mich-
als in den Davidüberlieferungcn. Es handelt sich um eine Anthologie
von Texten folgender Vff.: D. J. A. Clines als Einleitung zum
Werk. 24-63; 1972, 124-128; und 1988. 128-140; R.Alter 1981.

Das Buch ist eine „leicht überarbeitete" Fassung von L.s
Münsteraner Magisterarbeit, die für den Druck mit einem „Vorwort
" von H.-P. Müller und einem „Nachwort" von L. versehen
wurde, in dem er sich mit D. Michels „Untersuchungen zur
Eigenart des Buches Qohelet" (BZAW 183, Berlin/New York
1989) auseinandersetzt.

L. will „mit Hilfe einer Begriffsanalyse" „zwei polar gelagerte
Kernfragen weisheitlichen Denkens, die Fragen nach Weisheit
und Torheit" bei Kohelet und in seiner Umwelt untersuchen
(1). Dazu rekonstruiert er zunächst anhand von Spr lOff
und Spr 1-9 das Verständnis von „Weisheit und Torheit in der
traditionellen Weisheit" (7ff), um sich dann ihrem Verständnis
im engeren Umfeld des Koh-Buchs am Beispiel von Jesus Si-