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1993

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 118. Jahrgang 1993 Nr. 5

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kritik der verschiedenen Religionen fördern könne. Die These,
daß „Philosophie... zum Zweeck der Bewahrung ihrer Identität
immer auch Religionskritik" übe (309), scheint problematisch
, denn sie gilt doch keineswegs für alle Gestalten und Richtungen
der Gegenwartsphilosophie.

Die rechte Einschätzung der religiösen Erfahrung, der Erfahrung
des Göttlichen, Heiligen und uns unbedingt Angehenden,
ist deshalb schwierig, weil solche Erfahrung in mündlichen oder
schriftlichen Berichten stets mit einer Theorie oder Deutung verbunden
ist, wobei unterschiedliche Begriffe und Vorstellungen
zur Anwendung gelangen. Daraus erklären sich wohl die Vorbehalte
und die Skepsis, die der Vf. gegenüber den Phänomenen
der religiösen Erfahrung und der Berufung auf sie einnimmt.
Aber auch den traditionellen Gottesbeweisen, auf welche die
katholische Theologie und Dogmatik lange Zeit großen Wert gelegt
hat, wird keine allgemeine Evidenz und Geltung zuerkannt.
Genährt wird die philosophische Kritik durch das ungelöste und
unlösbare Theodizeeproblem, die ausbleibende Antwort auf die
Frage nach dem Wesen und Ursprung des Bösen. Der Vf. bekennt
von sich, daß es ihm zunehmend schwerer falle, Gott zu
denken. Da der Atheismus seine Selbstsicherheit verloren hat,
aber auch die Religionen viel von ihrer ehemaligen Überzeugungskraft
eingebüßt haben, bleibt nach Ansicht des Vf.s nur
die Haltung eines an den Widersprüchen dieser Welt leidenden
Agnostizismus, der aber zu keiner negativen Grundstimmung
führt, weil er die Erfahrungen des Schönen und Erfreulichen,
der Freundschaft und Güte dankbar entgegennimmt.

Bochum Gottfried Hornig

Beinert, Wolfgang: Die Rationalität der Wahrheit. Ein fundamentales
theologische Problem (In: Achleitner, W., u. U. Winkler: Gottesgeschichten.
Freiburg: Herder. 363-391).

Beyer, Dorothee: Sinn und Genese des Begriff's „Decreation" bei Simone
Weil. Altenberge: Oros 1992. 186 S. 8° = Münsteraner Theologische
Abhandlungen. 16. Kart. DM 34,80. ISBN 3-89375-053-3.

Bleistein, Roman: Individualisierung und Identität (StZ II, 1992, 664-
672).

Cordua. Carla: Wittgenstein y Heidegger como erfticos de la teorfa (RAH
33, 1992, 283-305).

Coreth, Emerich: Scholastische Philosophie in der Gegenwart (ThQ 172,
1992, 162-177).

Dietz, Walter: Trendelenburg und Kierkegaard. Ihr Verhältnis im Blick
auf die Modalkategorien (NZSTh 34, 1992, 30-46).

Garcia Alvarez, Jahne: Notas sobre la filosofi'a de fray Luis de Leon
(RAE 32. 1991,883-935).

Heine, Susanne: ..Eva wurde verführt, nicht Adam" (ITim 2,14). Zum
Problem des „Wesens" des Menschen als Mann und Frau in Philosophie,
Theologie und Feminismus (In: Achleitner. W.. u. U. Winkler: Gottesgeschichten
. Freiburg: Herder. 305-325).

Keyserlingk, Alexander: Die Aneignung der Moral als das Thema der
Religionsphilosophie Kants (NZSTh 34, 1992, 17- 29).

Kühn, Rolf: Wahrnehmung als „Lektüre" (Gr. 73, 1992, 499- 522).

Lilie, Frank: Heideggers Forderung nach einer Destruktion der Tradition
(NZSTh 34, 1992, 315-325).

Maesschalck, Marc: Philosophie de l'action et intersubjectivite: fonde-
ments de la pensee politique de Fichte (ScEs 44, 1992, 25-44).

Perez. de Laborda. Alfonso: La theologie eomme science. Theologie de la
raison pure et Philosophie de la raison pratique (RTL 23, 1992. 297-320).

Riva. Ernesto: La filosofia di Jean Guitton (Sal. 54, 1992, 479-537).

Rüster. Thomas: Die religiöse Sinnfrage in der modernen Gesellschaft
(In: Hoeps. R., u. Th. Rusler: Mit dem Rücken zur Transzendentaltheologie.
Würzburg: Echter. 163-187).

Schandl, Felix M.:.....den Heimatlosen Herberg' zu erflehen...". Spuren-

süche nach Edith Stein und ihrer solidarischen Spiritualität angesichts
gegenwärtiger Szenarien (GuL 65, 1992, 329-350).

Schneller, Thomas: Tod als letzte Entscheidung. Plädoyer für die Endentscheidungshypothese
des Ladislaus Boros. Regensburg: Roderer 1992.
139 S. 8° = Theorie und Forschung, 180. Philosophie und Theologie, 12.
Kart. DM 36,-.

Schöpf. Hans-Georg: Newton zwischen Physik und Theologie (NZSTh
33.1991.262-281).

Wieland, Georg: Das Ende der Neuscholastik und die Gegenwart der mittelalterlichen
Philosophie (ThQ 172, 1992, 208-220).

Wohlmuth, Josef: Theologie - Postmodern?(In: Hoeps, R., u. Th. Rüster:
Mit dem Rücken zur Transzendentaltheologie. Würzburg: Echter. 144-160).

Systematische Theologie: Dogmatik

Manzke, Karl Hinrich: Ewigkeit und Zeitlichkeit. Aspekte für
eine theologische Deutung der Zeit. Göttingen: Vandenhoeck
& Ruprecht 1992. 541 S. gr.8° = Forschungen zur syst. u.
ökum. Theologie, 63. Kart. DM 148,-. ISBN 3-525- 56270-5.

Manzkes Beitrag zur heutigen Diskussion des theologischen
Zeitbegriffs ist die weitgehend unveränderte Fassung seiner Dissertation
, die der evangelisch-theologischen Fakultät der Universität
München vorgelegen hat. (M.W. wurde sie nicht, wie im
Vorwort zu lesen steht, im Sommer 1980, sondern 1989 angenommen
). Den Vf. interessiert das Problem der Zeit „als Exem-
pel für die Suche der Theologie nach einem Standort im Denken
des 20. Jahrhunderts" (15). An ausgewählten dogmatischen Entwürfen
arbeitet er heraus, wie die theologische Deutung der Zeit
im Dienst theologischer Zeitgenossenschaft steht und den Anspruch
erhebt, die jeweilige Gegenwart zu deuten und zu sagen,
was in ihr an der Zeit ist. M.s Arbeit „versteht sich selbst wesentlich
als ein Beitrag zur Bestandsaufnahme" (53), erhebt aber
„keinen Anspruch auf Vollständigkeit" (16). In seiner Untersuchung
leitet den Vf. die These, die Theologie könne „nicht anders
, als die Zeit sub ratione aeternitatis zu deuten." Im 20. Jh.
trage eine solche Deutung aber unvermeidbar „anachronistische
Züge" (50), insofern das Zeitverständnis der Gegenwart durch
philosophische Theorien geprägt sei, welche das Wesen der Zeit
aus ihr selbst und gerade nicht mehr im Gegenüber zur wie auch
immer zu denkenden Ewigkeit Gottes zu bestimmen suchen.

Angesichts dieser Diskussionslage ist das Problem der Zeit,
wie M. in seiner Einleitung (15-54) ausführt, eine theologisch
nach wie vor „offene Frage". Das theologische Problem der Zeit
besteht nämlich darin, nicht nur die Zeit auf die Ewigkeit, sondern
umgekehrt auch diese auf die Zeit bezogen zu denken,
anstatt die Ewigkeit lediglich als das Andere der Zeit zu behaupten
. Ein kurzer Durchgang durch die dogmatischen Entwürfe G.
Ebelings, P. Althaus' und E. Brunners führt M. zu dem Ergebnis
, daß die Gefahr jeder theologischen Zeitlehre darin besteht,
die Ewigkeit lediglich im Kontrast zur Zeit zu denken und so in
unbiblischer Weise die Eschatologie zu entzeitlichen wie auch
die geschichtliche Weite christlicher Rede von Gott zu verlieren.
Die Frage isi daher noch immer nicht abschließend beantwortet,
wie Aspekte einer biblischen Zeitlehre in die dogmatische
Reflexion über das Wesen der Zeit einzubeziehen sind (45-50).

M.s Dissertation zeichnet jedoch vor allem wichtige Stationen
des Gesprächs zwischen protestantischer Theologie und Philosophie
über den Begriff der Zeit in unserem Jh. nach. Exemplarisch
untersucht er, wie R. Bultmann und die hermeneutische
Theologie, K. Heim, P. Tillich und K. Barth der Herausforderung
durch die philosophischen Entwürfe insbesondere Kants
und Heideggers zu begegnen versucht haben, welche den Begriff
der Zeit von allen theologischen Voraussetzungen befreit
und für eine Bestimmung des Wesens der Zeit auf jede Bezugnahme
auf den Gedanken der Ewigkeit verzichtet haben. Der
Analyse der Zeitlehren Kants und Heideggers im ersten Hauptteil
(55-258) schließt sich eine detaillierte Untersuchung des
theologischen Zeitverständnisses Augustins an (259-366), die
eine wichtige Voraussetzung nicht nur theologischer Zeittheorien
der Vergangenheit, sondern auch der im dritten Hauptteil
(367-534) diskutierten Entwürfe des 20. Jh.s ist.