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Ausgabe:

1993

Spalte:

413

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Felber, Anneliese

Titel/Untertitel:

Ecclesia ex gentibus congregata 1993

Rezensent:

Haendler, Gert

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413

Theologische Literaturzeitung 118. Jahrgang 1993 Nr. 5

414

Register zu Bibeltexten, antiken Namen und modernen Autoren
(535-551) runden diese Aufsatzsammlung ab und machen
sie zu einem hervorragenden Studienbuch für jeden, der in zentrale
Fragen der Christologie und Exegese der Kirchenväter eingeführt
werden möchte. Dem Vf. ist für seine anregenden Untersuchungen
Dank zu sagen.

Osnabrück Heinrich Holze

Felber, Anneliese: Ecclesia ex Gentibus Congregata. Die

Deutung der Rahabepisode (Jos 2) in der Patristik. Graz: dbv-
Verlag 1991. 10*S., 197 S. 8« = Dissertationen der Karl-
Franzens-Universität Graz, 85. ISBN 3-7041-9045-4.

Das Bild von der Kirche als Mutter oder als Braut Christi ist
bekannt. Die vorliegende Arbeit zeigt ein breites Interesse auch
an der Dirne Rahab als Vorbild der Kirche schon im 1. Klemensbrief
, bei Justin, Irenaus und Hippolyt. Mehrere Deutungen
finden sich bei Origenes (57-78). Für Cyprian bedeutet Rahab
und ihr Haus eine Bestätigung seines Axioms „Extra ecclesiam
nulla salus" (87-90). Die ostkirchlichen Väter Cyrill von Jerusalem
, Gregor von Nazianz, Johannes Chrysostomos, Severin von
Kabala. Thcodoret, Prokop von Gaza und Romanus Melodus
werden genannt, es folgen die westlichen Kirchenväter Hilarius
von Poitiers, Ambrosius, Gregor von Elvira, Hieronymus, Pru-
dentius und Paulinus von Noala. „Augustin zitiert das Buch Jo-
sua 150 mal" (141). „Für den ekklesiologischen Akzent ist die
Person der Rahab maßgebend, ihr Haus und ihre Errettung"
(142). Als Ausleger werden u.a. noch Johannes Cassian, Faustus
von Reji, Fulgentius von Rüspe, Caesarius von Arles und Isidor
von Sevilla gebracht. Rahab erscheint als „Paradigma für Glaube
und Gastfreundschaft. Von Klemens von Rom an zeigt sich
dieser Gedanke im paränetischen Kontext und durchweg bei den
Schriftstellern des Ostens (mit Ausnahme des Origenes)". Die
vielen Einzeldeutungen des Origenes wurden „ausschließlich im
Westen fruchtbar" (166). Man sah Rahab „als Repräsentantin
der sündigen, aber erwählten Heidenkirche... Das Haus der Rahab
erhält denselben Stellenwert wie die Arche Noahs und das
Maus des Paschalammcs" (166). Als Prophetin und Patriarchin
ist die Gestalt der Rahab „von ähnlicher Komplexität wie Josua
in seiner Transparenz auf Christus hin" (167).

G. H.

Kirchengeschichte:
Reformationszeit

Calvin, John: Calvin's Ecclesiastical Advice. Transl. by M.
Beaty and B. W. Farley. Foreword by J. H. Leith. Edinburgh:
Clark 1991. 184 S. gr.8». Pb. £ 8.95.

Seit 1982 findet alle zwei Jahre in Davidson/North Carolina
(USA) im Zusammenwirken der Presbyterian Church mit dem
Davidson College ein Kolloquium statt, das Calvin-Studien gewidmet
ist. Es stößt offenbar unter Pastoren und akademisch
Arbeitenden auf lebhaftes Interesse. Die Teilnehmer suchen
nicht einlach nur einen wissenschaftlichen Studiengegenstand,
sondern auch eine Quelle geistlicher Führerschaft für die Verkündigung
des Evangeliums im Leben der Kirche heute.

Über die Konferenzen hinaus ist den Teilnehmern an einer
Veröffentlichung der Studien gelegen, die Calvin-Texte für die

englischsprachige Welt bereitstellt. Auch 1988 wirkten Pastoren
und akademisch arbeitende Calvin-Forscher, darunter der in der
internationalen Forschung wohlbekannte Brian Gerrish, zusammen
, um eine Textfolge, übersetzt aus den lateinischen und französischen
Originalfassungen, herauszugeben, die theologischkirchliche
Ratschläge des Reformators (Consilia) zum Inhalt
hat.

Die Quellenstücke sind der noch immer klassischen Edition
der Werke Calvins, dem Corpus Reformatorum, Band 38, Teil I,
entnommen.

Die Bearbeiter und Übersetzer haben ihrer Quellenvorlage 46
Stücke - das meiste sind Briefe - entnommen, die unter dem
lateinischen Titel Consilia abgedruckt worden sind. 32 davon
sind ursprünglich lateinisch, 14 französisch abgefaßt. Nur Uber
den kleineren Teil der edierten Schriften gibt es hinsichtlich des
Empfängers und des Schreibers klare Angaben, aber der Übersetzer
nimmt es als sicher an, nach Wert und Relevanz hier
"Calvin's advice" (13) vor sich zu haben.

Schon die Editoren im Corpus Reformatorum hatten die Einzelstücke
in Gruppen eingeteilt, deren sieben Stichworte deutlich
machen, warum die Bearbeiter des vorliegenden Bandes
diese Auswahl für die Evaluierung calvinischer Theologie im
Blick auf Theologie und Kirche heute getroffen haben: 1. Dogmatische
und polemische Schriften; 2. Über das Erfordernis für
Veränderungen in der Religion (Need for Changes in Religion);
3. Über die Bilderverehrung; 4. Zur Kirchenordnung; 5. Ehefragen
; 6. Rechtsfragen; 7. Vermischte Schriften.

Jedes der einzelnen Schriftstücke ist mit einer kurzen Einführung
versehen, die auf eventuelle Empfänger, theologischkirchliche
Aktualität der mitgeteilten Calvin-Themen, sachlich
entsprechende Texte in anderen Werken des Reformators,
besonders auf sein großes Werk der Institutio und auf seine
Kommentare sowie auf die Fundstelle im Corpus Reformatorum
und auf weiterführende Literatur hinweist.

Was soll dieses Florilegium? Die Themen sind weit gestreut.
Manches ist nur für denjenigen verständlich, der Calvins Biographie
gut kennt. Immerhin räumt auch der Übersetzer in seinem
Vorwort ein, daß eine gültige Einschätzung von Calvins
kirchlichen Ratschlägen nicht allein basieren kann auf der Lektüre
der Dokumente in der vorliegenden Kollektion (14).

So ist es im Sinne des Vorwortes durchaus angemessen, dem
vorliegenden Übersetzungswerk zu wünschen, daß es über sich
hinausweist auf die Lektüre des Hauptwerkes Calvins, auf die
Institutio Christianae Religionis, auf seine Predigten, Kommentare
, Abhandlungen und Briefe (a.a.O.).

Bemerksenswert ist an der vorliegenden Veröffentlichung
vornehmlich zweierlei: 1. Die Calvin-Forschung in den USA hat
ihre verschiedenen Zweige, auch den der frömmigkeitsbezoge-
nen und kirchlichen Aktualisierung des Genfer Reformators. 2.
Das Kaleidoskop der angesprochenen Themen zeigt die Bandbreite
des nicht nur das theologisch-lehrmäßige, sondern das
gesamte kirchliche und gesellschaftliche Leben einbeziehenden
Wirkens Calvins. Die Gegnerschaften im Leben des Reformators
von der Papstkirche bis zu besonderen Ausprägungen im
Luthertum, wie etwa bei Osiander ersichtlich, sind genauso
kenntlich gemacht wie Calvins spezifische Ausführungen zur
Kirchenordnung, die mit 14 Beiträgen in Part IV das breiteste
Spektrum des Bandes ausmachen. Dadurch recht typisch für das
Lebenswerk Calvins.

Summa: Wir danken den Bearbeitern ein Calvin-Florilegium,
das hoffentlich zu vertieftem weiteren Studium des Reformators
führt.

Görlitz Joachim Rogge