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Ausgabe:

1993

Spalte:

411-413

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Studer, Basil

Titel/Untertitel:

Dominus Salvator 1993

Rezensent:

Holze, Heinrich

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Theologische Literaturzeitung 118. Jahrgang 1993 Nr. 5

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Appendices erörtern einzelne Begriffe, z.B. oikonomia oder
dynamis (363-392). Die erhaltenen Teile des Johanneskommentars
liegen damit vollständig vor; die Herausgeberin äußert aber
die Hoffnung, noch einen weiteren Band mit Fragmenten aus
Katenen zu bringen (43)

Rostock Gert Haendler

Studer, Basil: Dominus Salvator. Studien zur Christologie
und Exegese der Kirchenväter. Rom: Pontificio Ateneo S.
Anselmo 1992. 551 S., 1 Farbporträt gr.8° = Studia Anselmi-
ana, 107.

In diesem Band werden 15 zwischen 1972 und 1990 an zumeist
entlegener Stelle veröffentlichte Aufsätze Basil Studers
erneut vorgelegt. Das Vorwort hat Gerard J. Bekes beigesteuert,
dem auch die Herausgabe in den „Studia Anselmiana" zu verdanken
ist.

Das Buch vereint „Studien zur Christologie und Exegese der
Kirchenväter", die unter dem programmatischen Obertitel
„Dominus Salvator" zusammengefaßt werden - eine Bekennt-
nisformulierung, die im 4. Jh. im Kontext der nizänischen
Orthodoxie entstanden ist und das Anliegen des Autors widerspiegelt
, die Lehre von der Person Jesu Christ und seines Erlösungswerkes
miteinander zu verbinden. Vorangestellt ist - neben
einem Verzeichnis der Veröffentlichungen - eine biographische
Einleitung, in der St. die Schwerpunkte seines Studiums
in Rom und in Paris beschreibt: die Christologie und die
theologische Methode der Kirchenväter, bes. bei Leo d.Gr. und
Augustin und ihren griechischen Quellen. Später treten Untersuchungen
zur patristischen Soteriologie sowie zum Ineinander
von trinitarischer und christologischer Lehrentwicklung hinzu
.In den vorliegenden Aufsätzen St.s spiegelt sich beides wider
. Kennzeichnend ist dafür die Studie über „Die Einflüsse der
Exegese Augustins auf die Predigten Leos des Grossen" (1975).
Darin beschreibt St. am Beispiel der 15. Predigt über das Leiden
Christi die Grundzüge der Exegese Leos, die „von der lec-
tio zur visio, von der fides zur intelligentia, von der scientia zur
dilectio" führt (130) und darin von Augustin abhängig ist. Wie
dieser will Leo die Gläubigen „zu einem tieferen Verständnis
des Heilsgeheimnisses und dadurch zu einer größeren Liebe zu
Gott" führen. Unterschiede zu Augustin werden gleichwohl
deutlich: Leos Predigtexegese ist „um eine Note orthodoxer und
liturgischer" (139) - eine Beobachtung, die sich auch in der Studie
über seine Christologie („Consubstantialis Patri - Consub-
stantialis Matri. Une antithese christologique chez Leon le
Grand", 1972) bestätigt.

Ausgangspunkt des Aufsatzes über den „Person-Begriff in
der frühen kirchenamtlichen Trinitätslehre" (1983) ist die
Schwierigkeit, die Verschiedenheit von Vater, Sohn und Geist
mit dem dogmatischen Begriff der Person im Bekenntnis festzuhalten
. Studer weist nach, daß der Personbegriff erst im 4. Jh.
und allein deswegen in der Lehre von der Trinität zur Anwendung
kommt, um der verkürzenden Interpretation des Taufglaubens
der Monarchianer zu widerstehen. Bereits Augustin habe
den Person-Begriff wesentlich modifiziert: „Für ihn ist die Erinnerung
an Gott, die Erkenntnis Gottes und die Liebe zu Gott
in der einen Seele (mens) das Bild der Dreifaltigkeit, weil man
diese drei im einen geistigen Menschen nicht voneinander trennen
kann." (367)

In einer weiteren Studie geht St. auf Augustins Rede von
Gott ein („Credo in Deum Patrem omnipotentem. Zum Gottesbegriff
des Heiligen Augustinus", 1987). An der Exegese von
Ex 3,14f zeigt er, wie dieser in seinem theologischen Denken
den neuplatonischen Gottesbegriff zwar aufgreift, zugleich aber
kritisiert: wahre Gotteserkenntnis sei nur in einer christlichen

Glaubenshaltung möglich; Gott, der die Voraussetzungen für
den zur Gotteserkenntnis nötigen Glauben schaffe, erwarte vom
Menschen als Antwort „selbstlose Liebe" (429).

Der Theologie Augustins gelten eine Reihe weiterer Aufsätze
: eine Studie über das Glaubensbekenntnis von Nizäa bei
Augustin (»Augustin et la Foi de Nicee«, 1984), Untersuchungen
zum Sakramentsverständnis »Sacramentum et Exemplum
chez Saint Augustine«, 1975), zum Verhältnis von Christologie
und Rechtfertigung (»Le Christ, notre Justice, selon Saint
Augustin«, 1980), zum Verständnis der Gnade ("Grace in the
Works of St. Augustine", 1981) und zur augustinischen Escha-
tologie ("Augustine and the Pauline Theme of Hope", 1990).

Das Verhältnis von östlicher und westlicher Theologie wird
in zwei Aufsätzen angesprochen. Zum einen in „Zur Frage der
dogmatischen Terminologie in der lateinischen Übersetzung
von Origenes' De principiis" (1972) - eine Studie, in der St. die
Rezeption der Theologie des Origenes in den nachnizänischen
Auseinandersetzungen des 4. Jh.s verfolgt und sie an den Veränderungen
aufzeigt, die dogmatische Begriffe durch die Übersetzung
Rufins erfahren haben. Zum anderen in „Die antiariani-
sche Auslegung von Psalm 23,7-10 (=24,7-10) in De Fidc IV,I-
2 des Ambrosius von Mailand" (1974) - eine Untersuchung zur
Rezeption alexandrinischen Denkens im Westen. Es wird deutlich
, wie Ambrosius, der in seiner Exegese anknüpfend an die
altchristliche Erhöhungschristologie die Allmacht des Sohnes
Gottes betont und darin die Auseinandersetzung mit dem Aria-
ner Palladius und seinen Anhängern widerspiegelt, von der
griechischen Auslegungstradition (Origenes) abhängig ist, diese
jedoch eigenständig aufnimmt und ihr in der römischen Triumphalsprache
eine neue Gestalt gibt.

Einen wichtigen Aspekt der Wirkungsgeschichte von Nicäa
greift die Studie „Der geschichtliche Hintergrund des ersten
Buches Contra Eunomium Gregors von Nyssa" (1988) auf.
Darin geht St. der Frage nach, inwieweit Gregor in seiner 380
entstandenen Streitschrift von Basilius d.Gr. beeinflußt ist. Als
Ergebnis seiner Analyse der kirchen- und theologiegeschichtlichen
Situation hält St. fest, daß Gregor in der Gegnerschaft zu
den Anhomöern mit Basilius auf einer Linie steht, gegenüber
den Apollinaristen aber „weniger ausschließlich" eingestellt ist.
Gemeinsam sei beiden jedoch „die nizänischc Grundthese der
klaren Unterscheidung von Trinität und Geschöpfen" (497f).

In „Der apologetische Ansatz zur Logos-Christologie Justins
des Märtyrers" (1979) geht St. der Frage nach, worin die Bedeutung
des Logos-Begriffs in den Schriften Justins begründet
ist. Die Antwort liege nicht in dem spannungsvollen Verhältnis
von Christentum und griechischer Philosophie, sondern in dem
existentiellen Bemühen Justins, zwei Einwände gegen den
christlichen Glauben zu widerlegen: wie das Christentum wahre
Religion und wie Jesus Christus der Erlöser aller Menschen sein
könne. Aus dieser Fragestellung erkläre sich Justins Bekenntnis
zum Logos. Er habe also „nicht in erster Linie" beweisen wollen
, „daß Christus wirklich Gott und trotzdem vom Vater verschieden
ist", sondern sein Anliegen sei es gewesen, „Christus
als den Lehrer darzustellen, der tatsächlich alle Menschen
belehrt und der auch die Kraft hat, die ewige Wahrheit gegenüber
allen dämonischen Einflüssen durchzusetzen." (267f)

Der letzte hier vorzustellende Aufsatz hat wieder eine exegetische
Fragestellung zum Thema („Delectare et prodesse. Zu
einem Schlüsselwort der patristischen Exegese", 1987). Darin
untersucht St. das ästhetische und moralische Urteil in der Exegese
der Kirchenväter auf dem Hintergrund des antiken Schulbetriebs
mit seinem vierstufigen Auslegungsschema von lectio-
emendatio-enarratio-iudicium. Das Resultat lautet, daß die Ex-
egeten der Alten Kirche in der Spannung zwischen Ausdruck
(verba) und Inhalt (res) dem letzteren zuneigten, weil sie „zum
tieferen Verständnis des mysterium Christi führen wollten."
(461)