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Ausgabe:

1993

Spalte:

390-391

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Laato, Antti

Titel/Untertitel:

Josiah and David Redivivus 1993

Rezensent:

Soggin, Jan Alberto

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389

Theologische Literaturzeitung 1 18. Jahrgang 1993 Nr. 5

390

Altes Testament

Ackerman, Susan: Under Every Green Tree. Populär Religion
in Sixth-Century Judah. Atlanta: Scholars 1992. XIV, 272 S.
8« = Harvard Semitic Monographs, 46. Lw. $ 35.95. ISBN 1-
55540-273-9.

Vorliegende Arbeit ist aus einer Dissertation, die 1987 von
der Harvard Universität angenommen wurde, hervorgegangen.
Die Thematik wird folgendermaßen behandelt: l. "And the Wo-
men Make Cakes for the Queen of Heaven" Jeremiah 4 and 44.

2. "But You Will See Still Greater Abominations" Ezekiel 8.

3. "Shall I Be Appeased for These Things?" Isaiah 57. 4. "A
People Provoking Me Constantly to My Face" Isaiah 65. Eine
bündige Zusammenfassung, Bibliographie und Indices runden
den handlichen Band ab.

Susan Ackerman hat sich mit diesem Thema keine leichte
Aufgabe gestellt, gilt doch gerade das 6. Jh. sowohl in historischer
als auch in religionsgeschichtlicher Hinsicht als schwer
faßlich. Ein erster Eindruck beim Lesen dieses Buches ist der,
daß hier Phänomene der kanaanäischen Religion untersucht
werden, die generell für diese Religion charakteristisch sind.

Der Forschungsstand Ende der 80er Jahre ermöglichte es
noch kaum, eine bestimmte, genau abgegrenzte Periode in ihrer
religionsgeschichtlichen Komplexität einigermaßen erfassend
darzustellen. Die ugaritischen Texte und die hebräische Bibel
als Primärquellen zu verstehen, bleibt problematisch.

Der Vfn. gelingt es, gute Gründe anzuführen, daß sich die von
ihr behandelten biblischen Texte auf die religiöse Lage des 6. Jh.s
beziehen, aber subjektive Argumente, selbst wenn sie sich auf
einen breiten wissenschaftlichen Konsens berufen können, sind
objektiv nicht generell vollziehbar. Es sei mit diesem Satz nur auf
die Problematik hingewiesen, daß Texte alleine, die noch dazu in
ihrer Datierung umstritten sind, es nicht leisten können, bestimmte
religiöse Erscheinungen einer konkreten Zeit zu erklären. Es
bedarf dazu eines Quellenmaterials, wie es heute z.B. ansatzweise
für das 6.Jh. vorliegt (vgl. O. Keel/Ch. Uehlinger,Göttinnen, Götter
und Gottessymbole, Quaestiones disputatae 134, Freiburg
1992. 430-444). Die Schlußfolgerungen, die die Vfn. aus den
Aschera-Inschriften von Kuntilet Agrud und Hirbet el-Qom zieht
(650. läßt eine Ignoranz altorientalischer Symbolik erkennen, daß
es einem den Atem verschlägt; so wenn festgestellt wird: "In the
ancient Near East the idol was the God." Es muß betont werden,
die Nennung der Aschera neben Jahwe ist kein Beleg, daß Jahwe
eine weibliche Paredros zur Seile hatte.

Die Feststellung (78), daß in Israel praktisch von Anfang an
eine anikonische Tradition existierte, läßt sich so pauschal gesprochen
nicht halten.

Bezüglich der Ausführungen über die Menschenopfer sei
bemerkt, daß die Deutung durch Ph. Derchain (VT 20,1970,351-
355) nicht haltbar ist. Es handelt sich vielmehr um das Anbieten
der Kinder als Geiseln (vgl. O. Keel, VT 25, 1975, 413-469).
Erstaunen ruft auch hervor, daß eine der fundamentalsten Studien
zum Menschenopfer (vgl. J. Henninger, Anthropos 53. 1958,
721-805) nicht erwähnt werden. Eigenartig empfindet man, daß
z.B. die Ergebnisse von Jeffrey H. Tigay (You shall Have no
otherGods. HHS 31. Atlanta/GA 1986) nicht intensiver benützt
w erden (vgl. auch die Studien von E. Stern!); denn hier wären ja
bereits Instrumentarien vorgelegen.

Es wird kaum jemand verneinen, daß es all diese religiösen
Praktiken etc.. die die Vfn. postuliert, im 6. Jh. vereinzelt gegeben
haben mag, am ehesten wohl in der Gruppe derer, die im
Land verblieben sind. Aber angesichts der Quellenlage scheint
es mir nicht möglich, die volkstümliche Religion Judas im 6. Jh.
einigermaßen zu rekonstruieren. Eigentlich ist im vorliegenden

Buch die Volksreligion des 7. Jh.s ganz gut nachgezeichnet. Wir
können damit rechnen - und das können die Texte alleine nicht
leisten - daß sich die Orthodoxie im 6. Jh. schon sehr stark
durchgesetzt hat (vgl. O. Keel/Ch. Uehlinger, Op. cit., 444-452).

Ferner sollte die innere Dynamik des Jahwismus nicht unterschätzt
werden, die von einer polytheistischen zu einer monola-
trischen bis zur monotheistischen Phase fortschritt, auch wenn
die konkreten Träger des normativen Jahwismus in der monotheistischen
Endphase massiv übertrieben haben.

Ein Leser dieser Rez. mag einen sehr negativen Eindruck
bekommen. Dieser wäre jedoch falsch! Susan Ackermans Buch
ist trotz dieser Einwände eine sehr gute Arbeit, die mit viel
Sachkenntnis und Eifer geschrieben ist.

Pasching Karl Jaros

Laato, Anlti: Josiah and David Redivivus.The Historical Josiah
and the Messianic Expectations of Exilic and Postexilic
Times. Stockholm: Almquist & Wiksell Intern. 1992. X. 416
S. gr.8« = Coniectanea Biblica. Old Series 33. ISBN 91-22-
01475-6.

Vorliegende Abhandlung versucht die These zu verteidigen,
nach der im Deuleronomistischen Geschichtswerk die Gestall
des Königs Josia als wiederauferstandener David gedeutet und
messianisch gewertet wurde. Die von ihm aufgezählten Zeugen
dafür sind eindrucksvoll: über 25 Seiten Bibliographie, alles
fleißig und mit Verstand durchgearbeitete Werke. Und vielen
der neuvorgetragenen Thesen der Abhandlung kann man nur
zustimmen, z.B. darin, daß die Erinnerung an den auf religiösem
Gebiet frommen und gerechten König Josia die späteren messia-
nischen Erwartungen nährte und daß dieser König deswegen,
zusammen mit David, bald als „Typus" für den Messias angesehen
wurde, versuchte er doch das Davidische Reich durch Wiedereroberung
der Territorien des früheren Nordreiches neu herzustellen
und den Kultus zu reformieren. Mit seinem Tod aber
brach dieses ganze ideologisch-theologische Gebilde zusammen
und mußte neuinterpretiert werden, ein Verfahren, dem nur das
Chronistische Werk ein Ende machte. Der Versuch, in Zerubba-
bel den neuerstandenen, erwarteten davidischen König zu erblicken
, lief aber schief, was zur Eschatologisierung der messia-
nischen Hoffnung führte.

Es ist natürlich leicht, an so einem breit ausgeführten Werk,
dem meine eben versuchte Zusammenfassung kaum Gerechtigkeit
widerfahren läßt, eine Kritik an Einzelheiten zu üben, was
hier deswegen nicht geschehen soll. Das Werk bildet einen gültigen
und grundlegenden Beitrag zum Problem der israelitischen
Eschatologie und wird für lange Zeit ein Standardwerk über den
Gegenstand bleiben.

Einige Fragen sollten aber an den Vf. gestellt werden.

1. Die Tendenz zur Flühdatierung von Berichten und Texten
ist im Werk überall gegenwärtig. Sie ist schon in anderen Abhandlungen
sichtbar, z.B. in seiner Deutung von Ps 132, CBQ
54, 1992, 49-66. Die Gründe dazu scheinen dem Vf. dieser Zeilen
ungenügend.

2. Der Bericht über die Reform König Josias' wird grundsätzlich
als historisch verwertbar angenommen, so auch der über des
Königs Tod in der Schlacht ('?!) von Megiddo (3711.). Daraus
erwächst auch der Versuch, die gefundene Schrifttolle wiederum
als Produkt des nördlichen Levitentums zu bewerten (46ff.,
50ff.). All' dies müßte aber bewiesen werden, was. wie ich gerne
zugebe, alles andere als einfach ist.

3. Über den Messias in der Hebräischen Bibel zu dissertieren,
hat gegen sich die Tatsache, daß das Wort und seine Derivate
dort nie im „messianischen" Sinn vorkommen.

4. Oft braucht der Vf. Wörter wie probably und Ausdrücke