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Ausgabe:

1993

Spalte:

368

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Maier, Gerhard

Titel/Untertitel:

Gemeindeaufbau als Gemeindewachstum 1993

Rezensent:

Maier, Gerhard

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367

Theologische Literaturzeitung 118. Jahrgang 1993 Nr. 4

368

zu unterziehen: ein Totalverdikt der Regression kann ebenso
realitätsunangemessen sein, wie die Religion in den Augen
Freuds realitätsunangemessen schien.

Der Christenglaube steht in Zusammenhang mit einer neuen
Sicht der Regression. Die frühkindliche „harmonische Verschränkung
" ist nichts zu Überwindendes, sondern eine „bleibende
Möglichkeit", wie sie etwa im Liebesakt Realität ist (97).
Die innere Rückkehr zum elementaren Zustand des Beziehungserlebens
, diese spezifische Form also von Regression bedeutet
Neubeginn. Sie ermöglicht auch eine neue Frage nach
der Bedeutung des Christenglaubens.

W. macht es dem Leser nicht leicht. In dialektischer Methode
werden ständig Einwände gegen die voranzutreibende These
reflektiert. Die rasche und widerspruchsfreie Lösung wird dem
Leser vorenthalten - ein Verzicht auf regressive Tendenzen, wie
eben ihn das Buch propagiert. Der Weg zum reifen Christsein,
den W. aufzeigen will, ist durchaus steinig; wer dem Autor
dabei folgt, dem wird sich ein realitätsgerechtes Glaubensverständnis
erschließen, das auch psychologischer Kritik standzuhalten
vermag.

München Hans-Jürgen Fraas

Referate über theologische
Dissertationen in Maschinenschrift

Jung, Johannes: Die Beziehungen zwischen den Prophetenbüchern
Hosea und Jeremia. Diss. Tübingen 1992. 265 S.

Die Übereinstimmungen zwischen dem Hosea- und Jeremia-
buch wurden bisher auf eine literarische Abhängigkeit Jeremias
von Hosea oder auf eine Verhaftung beider Propheten in den
gleichen, bisher aber sehr weitgefaßten Traditionsbahnen zurückgeführt
. Besonders auffällig ist die bei Hosea und Jeremia
positive Bewertung der Wüstenzeit. Dort begegnete Jahwe seinem
Volk. Nicht der Landbesitz, auch nicht eine Väterverheis-
sung, sondern diese Begegnung ist konstitutiv für Israel.

Das Motiv einer Ehe zwischen Jahwe und seinem Volk dient
bei beiden Propheten der Polemik gegen einen kanaanisierten
Kult. Anstelle der Erinnerung an jene Begegnung mit Jahwe sind
die Gaben des Kulturlandes selber zu Gegenständen dieses Kultes
geworden. Demgegenüber erwarten Hosea und Jeremia, daß
der Kult der Gotteserkenntnis, nämlich der Erinnerung an Jahwes
Begegnung mit und Beziehung zu seinem Volk zu dienen hätte.

Eine Umkehr ist nicht mehr möglich und kann das Gericht
nicht mehr aufhalten. Erst wo Jahwe sein Volk durch das Gericht
heilt, ihm den Landbesitz und damit auch die Möglichkeit
zu jenen baalisierten Erntefesten nimmt, ist eine Umkehr zu
Jahwe wieder möglich.

Spätere Redaktionen schmücken diese Zukunftshoflnung
breiter aus. Eine mindestens teilweise gemeinsame Überlieferungsgeschichte
der beiden Prophetenbüchcr war aufgrund dieser
und weiterer Übereinstimmungen in sekundären Textschichten
zu vermuten. Vor allem aber die Kultkritik und liturgische
Sprachformen verbinden die Hosea- und Jeremiatradition miteinander
. Innerhalb bestimmter, liturgieähnlich aufgebauter
Texte bereiten Hosea und Jeremia kollektive Sündenbekenntnisse
vor.

Hier zeigen sich auch Berührungspunkte mit der Kultprophe-
tie, die zur Vorgeschichte dieser Propheten gehört haben mag.
Abgetrennt haben sich Hosea und Jeremia aber vom real praktizierten
Kult ihrer Zeit, nicht von den ihnen gemeinsamen kultischen
Traditionen.

Maier, Gerhard: Gemeindeaufbau als Gemeindewachstum.

Eine praktisch-theologische Untersuchung zu Geschichte,
Theologie und Praxis der 'church growth'-Bewegung. Diss.
Heidelberg 1992. 324 S.

Unter besonderer Berücksichtigung von Donald A. McGavran,
dem 1990 verstorbenen Gründer von 'Church Growth' und C.
Peter Wagner, dem gegenwärtig weltweit führenden Vertreter
dieser Bewegung, untersucht Maier in den beiden zentralen Kapiteln
II (Geschichte und Verbreitung von 'Church Growth'; 60-
125) und III (Theologie und Praxis von 'Church Growth'; 126-
204) das in der Äußeren Mission geborene, in den USA ausgearbeitete
und dann weltweit verbreitete Verständnis von Kirche,
Gemeinde und christlicher Mission von 'Church Growth' sowie
die damit verbundene Praxis. 'Church Growth' wird dabei als
Teil der evangelikalen Bewegung (II B) analysiert, jedoch werden
auch - was sonst weder von den Befürwortern noch von den
Gegnern von 'Church Growth' kaum realisiert wird - die Kontakte
und Auseinandersetzungen mit dem ORK (II C) an-hand von
z.T. unveröffentlichten Quellen bearbeitet. Das theologisch fundamentale
Kap. III benennt eingangs (III A) als äußere und innere
Bedingung von 'Church Growth' die amerikanische Situation
mit ihrem spezifischen (kirchcn-)geschichtlichcn und gesellschaftlich
-kirchlichen Gewordensein und Sosein. Nur in diesem
Horizont könne 'Church Growth' verstanden und gewürdigt werden
. Sodann (III B) werden das Kirchenverständnis, Kirche und
Mission, der Wachstumsbegriff und das 'Homogeneous Unit
Principle dargestellt und (kritisch) diskutiert. Die 'Church Gro-
wth'-Praxis wird mehr exemplarisch, auch mit Hilfe von englischen
und deutschen Gemeindewachstums-Vertretern. untersucht
(Suche nach den Empfänglichen'; Statistiken und Analysen;
'Kennzeichen wachsender Gemeinden').

Die beiden Rahmenkap. I und IV leiten in die Darstellung und
Diskussion von 'Church Growth' ein bzw. lozieren diese Bewegung
im deutschen Umfeld. Eingangs (I: Grundlagen und Grundfragen
im Gemeindeaulbau; I 1-59) wird die deutsche Gemeindeaufbau
-Diskussion der letzten Jahre zusammenzufassen und in
ihren Fragen und Grundproblemen zu vertiefen versucht. Ein
achtseitiger Exkurs führt in die englisehsprachigc Sekundärliteratur
sowie in die literarische Rezeption von 'Church Growth' im
deutschsprachigen Raum ein. Das letzte Kap. (IV: 'Church Growth
' in Deutschland; 205-276) beschreibt die verschiedenen Erscheinungsformen
dieser Bewegung, hauptsächlich in der
,AGGA'(= Arbeitsgemeinschaft für Gemeindeaulbau),aber auch
in den sensiblen Feldern des mehr charismatisch orientierten Gc-
meindeaulbaus und der Frage der Gemeindeneugründungen (W.
Kopfermann). Eine Umfrage verlautbart in einem Exkurs Stimmen
von Teilnehmerinnen von Gemeindewachstums-Studienrei-
sen. IV C versucht - nach einigen sprach- und kulturgeschichtlichen
Beobachtungen sowie einem Exkurs zu .wachsen' in der
Bibel - die Skizze einer .Theologie des Gemeindewachstunis'.
Paulus (bes. 2Kor) aufnehmend heißt es dann mit Bonhoeffer:
„Die Kirche lebt mitten im Sterben". Diese Einsicht komme bei
'Church Growth' nicht genug zum Tragen. Ein letzter Teil (IV
D) nennt mögliche Verbesserungen und Reformen der Volkskirche
durch 'Church Growth' und würdigt 'Church Growth' abschließend
ekklesiologisch-missiologisch; 'Church Growth"
wird als Spielart eines evangelikalen Gemcindeaulbaus gesehen
und in die Diskussion um den Gemeindeaulbau eingeordnet.

Meyer, Matthias: Feuerbach und Zinzendorf. Lutherus redi-
vivus und die Selbstauflösung der Religionskritik. Diss. Tübingen
19989/90. VIII, 281 S.

Der Religionskritiker Ludwig Feuerbach (1804-1872) und
der vielleicht größte Christozentriker und Ökumeniker der Neu-