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Ausgabe:

1993

Spalte:

350-353

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Ekklesiologie, Ethik

Titel/Untertitel:

Eschatologie 1993

Rezensent:

Wirsching, Johannes

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Theologische Literaturzeitung I 18. Jahrgang 1993 Nr. 4

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derstellung im Protestantismus ein (16-21), sofern er nach anfänglichen
Berührungspunkten mit der frühen dialektischen
Theologie nicht nur zunehmend zu ihr in Gegensatz gerät, was
auch für andere prominente evangelische Theologen gilt, sondern
vor allem durch sein Interesse für philosophische Fragestellungen
und die grundsätzlichen Erörterungen über das als
notwendig erachtete Beziehungsverhältnis zwischen Philosophie
und Theologie, die sich später in seiner Methode der Korrelation
niedergeschlagen haben. Von daher vermag sich Tillich
auch dem Anliegen der analogia entis zu öffnen. Der Vf.
betrachtet in solcher Perspektive die „philosophische Gotteslehre
" als die „eigentliche Leistung" Tillichs (19). Allerdings
bleibt unklar, was damit genau gemeint sein soll, da Tillich die
Wirklichkeit Gottes in der „Systematischen Theologie" gerade
nicht als philosophische Frage, sondern als theologische Antwort
zur Sprache bringt. In dieser Hinsicht leistet sich der Vf.
übrigens wiederholt Ungenauigkeiten und trübt die Klarheit der
Argumentation.

Im II. Teil (37-103) bietet der Vf. eine nicht historisch-genetisch
, sondern grundsätzlich systematisch orientierte Darstellung
der Grundeinsichten Tillichs. Er bringt zunächst den Ansatz
seines Denkens und das methodische Vorgehen in den
Blick, um dann den Widerspruch zwischen Essenz und Existenz
an den Themenfeldern „Vernunft", „Sein" und „Gott"
auszuleuchten. Die Beschränkung auf diese Elemente der Til-
lichschen Konzeption ergibt sich aus der Konzentration auf das
Thema der analogia entis. Im wesentlichen rekonstruiert der
Vf. dabei diejenigen Gedanken, die Tillich im 1. Band und in
der ersten Hälfte des 2. Bandes der „Systematischen Theologie
" entfaltet hat. E. folgt umsichtig der Gedanken! ührung Tillichs
, gerät aber aus seinem Interpretationsinteresse heraus von
Fall zu Fall in die bereits angesprochenen Ungenauigkeiten. So
bleibt u.a. unverständlich, warum die auf der theologischen
Antwort seile angesiedelte Aussage Tillichs „Das Sein Gottes
ist das Sein-Selbst" unkommentiert als „philosophische Spekulation
" ausgegeben wird (95). Die Darlegungen des Vf.s über
..Die Vernunft in der Entfremdung" (68ff.) nehmen unausdrücklich
Bezug auf solche Aussagen, die Tillich unter dem
theologischen Vorzeichen der Offenbarung entwickelt (74f.),
so daß der Vernunft in solcher Interpretation Möglichkeiten
zugespielt zu werden scheinen, die ihnen nach Tillich jedenfalls
nicht zukommen.

Das eigentliche Ziel erreicht die Arbeit im III. Teil (105-
169). Hier werden der Ort der analogia entis im rekonstruierten
Denkgebäude Tillichs aufgedeckt, die Beziehungen zwischen
Symbol und Analogie geklärt und die Konsequenzen der analogia
entis für das Problem der natürlichen Theologie und der
Gottesbeweise entfaltet. Dabei steht der Vf. vor der Schwierigkeit
, daß Tillich die analogia entis in einem grundsätzlichen,
durch das Verständnis des Schöpfungsglaubens vorgezeichneten
Sinn bejaht, sich aber nur sehr allgemein auf die klassische
Lehre bezieht und sie nicht eigens zum Gegenstand seiner Erörterungen
macht. Neben zustimmenden Sätzen Tillichs finden
sich auch deutlich kritische Urteile über die Ausprägung dieser
Lehre in der katholischen Theologie. Diese Kritik gilt dann
auch den Gottesbeweisen und der natürlichen Theologie. Der
Vf. referiert das alles korrekt, versucht dann aber doch am Leitfaden
des Gedankens der Partizipation, also der Vorstellung
Tillichs, daß das endlich Seiende im Sein-Selbst gründet und
insofern an ihm partizipiert, nachzuweisen, daß sich die kritischen
Äußerungen Tillichs mehr gegen Mißverständnisse der
katholischen Lehre als gegen deren genuinen Sinn richten (u.a.
136).

Hier treibt der Vf. die „Deutung" Tillichs sicher zu weit. Tillich
bejaht die analogia entis in dem grundsätzlichen Sinne, daß
Gottes schöpferisches Handeln und die Wirklichkeit des Menschen
nicht diastatisch auseinanderbrechen können, sondern

paradox zusammengehören. Dementsprechend vermag er auch
die Fragen und Probleme, die sich unter der natürlichen Theologie
und den Gottesbeweisen verbergen, in seine Argumentationen
einzubeziehen. Aber die „Fragen" Tillichs lassen sich
nicht in heimliche Antworten umstilisieren (vgl. 130). Das Verständnis
für die in diesen Lehrstücken angesprochenen Probleme
macht Tillich noch nicht zu einem Vertreter der klassischen
Lehre von der analogia entis, zumal die tiefe Entfremdung der
Existenz von der Essenz die denkerischen Möglichkeiten der
analogia entis erheblich eingrenzt. Der Vergleich, den der Vf.
zwischen Tillich und Thomas von Aquin anstellt (137-169),
um strukturelle denkerische Gemeinsamkeiten aufzuweisen,
eröffnet interessante Perspektiven, wirkt aber auf weiten Strek-
ken konstruiert. Das gilt besonders für den Versuch, den dreifachen
Weg zur Gotteserkenntnis (via negationis, affiermationis
et eminentiae), den Thomas von Aquin in der Nachfolge von
Pseudo-Dionysius beschritten hat (152ff.), auch bei Tillich
wiederentdecken zu wollen. Wenn ihm an dieser bekannten
Lehre gelegen wäre, hätte er das selbst und direkt in seiner
Gotteslehre zum Ausdruck bringen können. Angesichts fehlender
klarer Belege muß dieser Versuch als abwegig beurteilt
werden.

Im abschließenden IV. Teil (171-211) erörtert der Vf. die für
Tillichs Denken charakteristische Dialektik, die mit der Entfremdungssituation
des Menschen gegeben ist und auch auf die
Konzeption der analogia entis durchschlägt. Im Gegenzug zur
„abstrakt-philosphischen Seinsbetrachtung, wie sie im scholastischen
Denken vorherrschte" (169), liegt bei Tillich ein ins Exi-
stentiell-Anthropologische gewendetes Verständnis vor (123).
Vorsichtiger formuliert: es läßt sich bei Tillich „die Möglichkeit
einer dynamischen Analogiekonzeption... erkennen" (194).

Trotz der nötigen Reserven gegenüber manchen Überdehnungen
interpretatorischer Möglichkeiten hat der Vf. eine interessante
, spannend zu lesende, die deutsch- und englischsprachige
(und französische) Literatur zu Tillich souverän berücksichtigende
Studie zu Tillichs philosophischer Theologie vorgelegt
. Dem protestantischen Leser und Theologen werden
neue Aspekte an Tillichs Philosophie und Theologie erschlossen
und damit erneut die Weite eines Problembewußtseins vor
Augen geführt, dessen produktive Möglichkeiten für die evangelische
Theologie und das vom Vf. hier und da angedeutete
ökumenische Gespräch noch nicht ausgeschöpft sind.

Hamburg Hermann Fischer

Fritzsche, Hans-Georg: Lehrbuch der Dogma!ik. IV: Ekkle-
siologie - Ethik - Eschatologie. Berlin: Evang. Verlagsanstalt
u. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1988. 550 S. gr.8».
ISBN 3-374-00309-5 u. 3-525-56174-1.

1. Mit dem vierten Bande findet das bekannte und geschätzte
Lehrbuch, an dem der Vf. über zwanzig Jahre gearbeitet hat,
seinen Abschluß. Hans-Georg Fritzsche hat die Veröffentlichung
nicht mehr erlebt, er starb am 29. Mai 1986. Er hat aber
das Werk im wesentlichen noch selber vollenden und für den
Druck herrichten können; nur wenige Änderungen sind später
angebracht worden.

Der vorliegende Schlußband umfaßt die Paragraphen einundzwanzig
bis fünfundzwanzig in der Gesamtzählung und
behandelt die Lehre von der Kirche, von den Sakramenten, von
der Rechtfertigung und der Heiligung sowie von den Letzten
Dingen; er vereint also die Stücke, die im Dritten Artikel des
altkirchlichen Bekenntnisses als Glaube an den Heiligen Geist
bezeichnet werden. Wie in den bisherigen Bänden sind jedem
Paragraphen umfangreiche Schrifttumsnachweise vorangestellt,
wobei auch einschlägige Darlegungen in anderen Dogmatiken