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Ausgabe:

1993

Spalte:

297-298

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Autor/Hrsg.:

Sollamo, Raija

Titel/Untertitel:

Paimentolaisten Uskonnosta Kirkkolaitokseksi 1993

Rezensent:

Nissinen, Martti

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297

Theologische Literaturzeitung 118. Jahrgang 1993 Nr. 4

298

schicnenen „Jerusalemer Bibellexikon" als flankierender Publikation
kann der Überblick für alle die Bibel betreffende
Gegenstände nachhaltig vertieft werden.

Halle (Saale) Konstantin Zobel

Sollamo, Raija: Paimentolaisten Uskonnosta Kirkkolaitok-
seksi. Helsinki: Suomen Eksegeettisen Seuran Julkaisuja
1991. VII, 133 S. 8° = Suomen Eksegeettisen Suran Julkaisuja
. 55.

Der finnischsprachige Band mit dem Titel „Von Nomadenreligion
zu Kircheninstitution" stellt den Ertrag einer Vorlesungsreihe
„Studia Biblica" dar, die an der Universität Helsinki
im Herbst 1988 gehalten wurde mit dem Ziel, die breitere
Öffentlichkeit über den neuesten Stand der Bibelwissenschaft
zu informieren sowie die einheimische Forschung bekannt zu
machen. Aus diesem Grund sind die in ihm enthaltenen zehn
Vorträge nicht in einer internationalen Sprache veröffentlicht
worden, obschon sie wohl auch auf der anderen Seite der für
die Finnen oftmals so schmerzlichen Sprachbarriere dankbare
Leser finden würden.

Der evolutionistische Titel des Buches verspricht zu viel,
denn aus den Vorträgen entsteht kein lückenloses Bild von
einer Entwicklung der vorexilischen israelitisch-judäischen
Religion zur frühen Kirche. Dies wird wohl auch nicht angestrebt
. Vielmehr werden ausgewählte Schwerpunkte der biblischen
Überlieferung in ihrer Geschichte beleuchtet, ohne jeden
Zwang zu einem einheitlichen System. In dieser Gestalt zeigen
die Aufsätze die Vorliebe des jeweiligen Vf.s für sein Thema
und machen einen frischen und sachkundigen Eindruck. Als
Nachteil ist immerhin zu bemerken, daß wichtige Themenkreise
wie Prophetie und Weisheil nur stiefmütterlich oder gar
nicht behandelt werden.

Im folgenden soll der wesentliche Inhalt der Aufsätze kurz
umrissen werden. Die deutsche Übersetzung des jeweiligen
Titels wird in Klammern angegeben.

Die Reihe setzt ein mit vier Beiträgen zum Alten Testament.
Risto Lauha (Vom Vätergott zum einen Gott) skizziert die Abänderung
des kanaanäiseh geprägten Jahwcglaubens der vorexilischen
Zeit zum nachexilischen Monotheismus. Dabei
schließt er sich der Smith-Lang'schen Theorie über die Entstehung
des biblischen Monotheismus an und vertritt auch die
These, daß die Israeliten von der in das unbesiedelte Gebirgs-
land geflohenen kanaanäischen Bevölkerung abstammen. Auch
Raija Sollamo (Volksreligion unil ..Staatskirche" im Alten Israel
) kommt anhand von meist archäologischem Material - Ostra-
ka. Figurinen sowie Texte aus z.B. Kuntillet Agrud - zum Ergebnis
, daß die Religion der Königszeit nicht streng jahwi-
stisch-monolatrisch war. Dies gelte besonders für die henothei-
stische Privatfrömmigkeit, die von der offiziellen Staatsreligion
zu unterscheiden sei.

Anneli Aejmelaeus - jetzt Göttingen - stellt die prophetische
Kritik des Arnos dem ökonomischen Wohlstand im Nordreich
unter Jerobeam II. gegenüber (Der Gott der Unterdrückten).
Darüber hinaus gibt sie einen Überblick auch über andere Texte
, u.a. über das Bundesbuch und die Klagelieder des Einzelnen
, in denen das Recht der Unterdrückten das Hauptanliegen
bildet. Kari Latvus - jetzt Hongkong - stellt dar, wie die Deu-
teronomisten den Zorn Gottes zum Motiv der Interpretation
und Bewältigung der Exilskrisc entwickeln (Die Einwirkung
der nationalen Katastrophe auf das Gottesbild).

Der neutestamentliche Teil wird eröffnet mit dem Artikel
von Jarmo Kiilunen (Jesus - wie man sich an ihn erinnern wollte
), der betont, daß die vier Evangelien nicht zufällig, sondern
absichtlich je ein eigenes Bild von Jesus schaffen. Schon die

frühesten Jesusbilder seien als Ausdruck des Glaubens und
Lebens der frühen christlichen Gemeinden zu verstehen, und
dies gelte weiter für die späteren Auslegungen bis zu unserer
Zeit. Von einer ähnlichen Auffassung ausgehend kommt Kari
Syreeni zum historischen Problem der Kreuzigung Jesu (Warum
wurde Jesus gekreuzigt?). Syreeni versteht die „Tempelreinigung
" Jesu mit E. P. Sanders als eine eschatologische Demonstration
, die zusammen mit der Verkündigung des kommenden
Gottesreichs dazu führte, daß Jesus als messianischer
Aufrührer hingerichtet wurde.

Risto Uro (Von der Jesusbewegung zum Christentumjbetrach-
tet die vor- und nachösterliche „Jesusbewegung" als Voraussetzung
für die Entstehung des Christentums und stellt fest, daß
die Unbefangenheit dieser Bewegung gegenüber Marginalgrup-
pen und Heiden die Verbreitung der Jesusbotschaft maßgeblich
förderte. Heikki Räisänen (Hat Paulus die Botschaft Jesu verdorben
?) betont, daß Paulus weder der erste noch der zweite Begründer
des Christentums war, sondern wichtige Elemente seiner
Theologie von seinen Vorgängern erbte und selbständig interpretiert
. Als Brücke zwischen Jesus und Paulus kämen zunächst
frühe Christen hellenistisch-jüdischer Herkunft in Frage.

Murkku Kotila - jetzt Köln - macht deutlich, wie sich der
Konflikt der introvertierten johanneischen Gemeinde mit der
Synagoge in der Entstehungsgeschichte des vierten Evangeliums
von der Semcia-Quelle bis zur kirchlichen Redaktion widerspiegelt
(Die weltentziehende Alternative).Lars Aejmelaeus
(Von der charismatischen Bewegung zur organisierten Kirche)
beschreibt die Institutionalisierung der frühen Kirche von den
charismatischen Anfängen über Paulus bis zu den nachpaulini-
schen, organisierten Gemeinden. Dies wird als unvermeidliche
Entwicklung von der noch zur Zeit des Paulus herrschenden
„Pneumatokratie" zur amtlichen Autorität dargestellt.

Die oben beschriebenen Beiträge zeigen, daß die geographisch
periphere Lage des welteinzigen finnischsprachigen
Instituts für Bibelwissenschaft nicht daran hindert, über die
neueste internationale Diskussion auf dem laufenden zu sein.
Dies zeigt sich z.B. in der raschen Aufnahme der neuen Theorien
über die vorexilische Religion Israels sowie in der Weiterentwicklung
der modernen redaktionskritischen und soziologischen
Methoden. Dies bedeutet nun keine Einstimmigkeit in
Einzelfragen, wie z.B. aus den unterschiedlichen Stellungnahmen
von R. Lauha und A. Aejmelaeus zur Landnahme deutlich
wird. Im allgemeinen darf man wohl sagen, daß die neuen Forschungshypothesen
desto schneller ihren Weg nach Finnland
finden, je besser sie mit den dort tatkräftig angewandten literar-
und redaktionskritischen Methoden vereinbar sind.

Helsinki Martti Nissincn

BHwHitH Budl '93. Bibeltexte für jeden Tag. Nach dein Ökumenischen
Leseplan mit meditativen Impulsen. Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft
; Stuttgart: Kath. Bibelwerk 1992. 334 S. 8°. Kart. DM 16,80. ISBN
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