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Ausgabe:

1993

Spalte:

291-292

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Autor/Hrsg.:

Baker, David L.

Titel/Untertitel:

Two Testaments, one Bible 1993

Rezensent:

Grünwaldt, Klaus

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291

Theologische Literaturzeitung I 18. Jahrgang 1993 Nr. 4

292

Bibelwissenschaft

Baker, David L.:Two Testaments, one Bible. A study of the
theological relationship between the Old and New Testament.
Revised and enlarged Edition. Leicester: Apollos 1991. 302 S.
80.

Die Frage nach der Zusammengehörigkeit der Bibel Alten
und Neuen Testament, oder - präziser noch - die Frage nach
der Autorität des Alten Testament in der christlichen Kirche
ist, wie der Vf. mit Recht betont, eine zentrale Frage für Theologie
und Kirche. In diese Fragestellung einzuführen, hat sich
der Vf. in dem erstmals 1976 erschienenen, nun in zweiter
aktualisierter Aufl. vorliegenden Buch vorgenommen.

Die Vorgehensweise ist im wesentlichen historisch. In einem
ersten Teil "The Problem" (17-63) wird ein kurzer Abriß der
Zukunftserwartung des Alten Testament, der neutestamentli-
chen Sicht des Alten Tetaments sowie der Versuche einer Problemlösung
von den Apostolischen Vätern bis in die 70er Jahre
unseres Jh.s gegeben.

Der zweite Teil "Four modern Solutions" (65-176) referiert
unter der Überschrift "The New Testament as the cssential
Bible" zunächst ausführlich die Hermeneutik Rudolf Bultmanns
, daneben Friedrich Baumgärtels Buch „Verheißung"
u.a.; Wilhelm Vischers „Christuszeugnis des Alten Testament"
findet in dem Kapitel "The Old and New Testament as equally
Christian Scriptures" eine ausführliche Würdigung; "The Old
Testament as the essential Bible". also den Gegenpart zum Entwurf
Bultmanns, vertreten Arnold van Ruler, Kornelius H. Mis-
kotte u.a.; als vierte moderne Lösung wird unter dem Titel "The
Old and New Testament as one salvation history" vor allem
Gerhard von Rad gewürdigt, daneben aber auch etwa Wolfhart
Pannenberg und Harmut Gese.

Im dritten Teil "Three key themes" (179-254) werden verschiedene
Möglichkeiten der Verhältnisbestimmung dargestellt:
Typologie, Verheißung und Erfüllung sowie Kontinuität und
Diskontinuität. Die Abschnitte sind so aufgebaut, daß zunächst
wieder eine kurze Forschungsgeschichte geboten wird, worauf
untersucht wird, inwiefern die genannten Verhältnisbestimmungen
Anhalt am biblischen Befund haben; schließlich folgt eine
Einschätzung der Leistungsfähigkeit der jeweiligen hermeneuti-
schen Methode.

Das letzte Kapitel "The theological relationship between the
Testaments" (257-272) bietet eine Zusammenfassung sowie die
Darstellung der eigenen Position des Autors.

Wie sieht diese aus? Baker konstatiert mit Recht die Notwendigkeit
einer biblischen Lösung: "the fact remains that the
canon of the Christian Bible contains two Testaments, and a
satisfactory Solution to the problem of the relationship must
take that fact seriously." (260) Damit scheiden Lösungen, die
eines der Testamente dem anderen überordnen (Bultmann u.a.
auf der einen; van Ruler u.a. auf der anderen Seite) aus. Zunächst
schließt sich Baker den christologischen Interpretationen
Vischers an: Das Neue Testament ist in seiner Interpretation des
Alten ernstzunehmen, und das Alte Testament ist Christuszeugnis
. Immerhin ist der Gott Israels derselbe Gott, der dann
seinen Sohn gesandt hat. Auch das heilsgeschichtliche Denken
ist nach Baker ein hilfreiches Modell, weil es die biblische Geschichte
als Geschichte ernstnimmt. Hierbei ist es bemerkenswert
, daß Baker van Ruler in seiner Bestimmung der Schöpfung
als ultimatives Ziel des Handelns Gottes zustimmt: der
Mensch ist nicht geschaffen, um gerettet zu werden, sondern er
wird gerettet, um seiner eigentlichen Bestimmung zugeführt zu
werden. Weiter bietet die Typologie eine angemessene Möglichkeit
der Verhältnisbestimmung der Testamente, weil sie

deutlich macht, daß eine Analogie der Testamente besteht.
"There are, for example, analogies between the people of God.
salvation and God's gifts in the Old and New Testament."
(264) Das Modell „Verheißung und Erfüllung" wird zwar im
Neuen Testament selbst angewendet, doch weist Baker darauf
hin, daß das Alte Testament mehr ist als Verheißung und daß
die „Erfüllung" des Neuen Testaments über die Verheißungen
des Alten Testaments hinausgeht. Schließlich besteht zwischen
den Testamenten sowohl Kontinuität als auch Diskontinuität:
Kontinuität, weil beide Testamente von Gottes Beziehung zu
seinen Menschen und von Gottes Königsherrschaft handeln,
wobei auch eine historische Kontinuität besteht; Diskontinuität,
weil manches aus dem Alten Testament überholt ist, weil es nur
vorbereitende Offenbarung ist und es im Neuen Bund eine persönlichere
Beziehung zu Gott gibt. Was folgt aus dieser Verhältnisbestimmung
für Kirche und Theologie? In der f rage der
Autorität des Alten Testaments antwortet Baker differenziert:
zwar hat das Alte Testament Autorität, doch nicht in allen sei
nen Teilen - was freilich auch für das Neue Testament gilt.
Autorität hat das Alte Testament insofern, als es den Christen
etwas über ihre Wurzeln erzählt, und es ist schließlich auch "a
definitive human expression of the Word of (rod" (268). So gibt
es auch keinen Unterschied in der Interpretation der beiden Testamente
; sie ist historisch-kritisch, denn wir können das Alle
Testament nicht mehr wie die Menschen der neutestamentli-
chen Zeit lesen.

Das Buch schließt mit einem Appell, sich stärker um eine
gesamtbiblische Theologie zu bemühen, die auch als Brücke
zwischen Exegese und Systematischer Theologie dienen könnte.

Sein Ziel, "introduetion to the problem" zu sein, erfüllt das
Buch gewiß. Baker bietet sehr detailliert Zusammenfassungen
der wichtigsten Literatur zum Thema (wenn man aus deutscher
Sicht auch fragen mag, warum etwa Manfred Oeming, Gesamtbiblische
Theologien der Gegenwart, 1985 [21987] oder Horst
Dietrich Preuß, Das Alte Testament in christlicher Predigt, 1984,
nicht berücksichtigt sind), und die jeweils die Kapitel beschlies-
senden Literaturverzeichnisse (insges. 31 Seiten) sind eine wahre
Fundgrube für jeden, der sich weiter mit dem Thema beschäftigen
möchte. Dagegen ist die eigene Position des Vi s wenig originell
und bietet gewiß manche Angriffsflächen. Doch muß man
das Buch an dem messen, was es sich vorgenommen hat. und
dieses hat es erreicht.

Bonn Klaus Grünwaldt

Klauck, Hans-Josef [Hg.]: Monotheismus und Christologie.

Zur Gottesfrage im hellenistischen Judentum und Urchristen
tum. Freiburg-Bascl-Wien: Herder: 1992. 230 S. 8« = Quac-
stiones Disputatae, 138. ISBN 3-451-02138-2.

Mit Interesse greift man nach diesem Sammelband, zählt
doch die Gottesfrage zu den wenig diskutierten Themen der
neueren Bibelwisscnschalt. Der große Aufsatz von K. Rahner
ZU ..Theos im Neuen Testament" von 1950/51 hatte sich in exe
getischer Hinsicht eng an den entsprechenden Artikel im
ThWNT III von 1938 angelehnt. So empfanden gerade die
deutschsprachigen katholischen Ncutestamentler die Notwendigkeit
, die Frage neu aufzugreifen und zum Thema ihrer Jahrestagung
1991 in Luzern zu machen. Der vorliegende Band
bringt die überarbeiteten drei Hauptvorträge und Berichte aus
den vier Seminargruppen, denen der Herausgeber eine knappe
„Einführung" vorangestellt hat.

Überblickt man die insgesamt sieben Beiträge, so füllt auf,
daß die Gottesverkündigung Jesu und des Paulus nicht thematisiert
wird. Behandelt werden spezielle Fragen zum späteren
Schrifttum des NT bzw. zum Diasporajudentum als Umfeld.