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Ausgabe:

1993

Spalte:

256-258

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Guggenberger, Engelbert

Titel/Untertitel:

Karl Rahners Christologie und heutige Fundamentalmoral 1993

Rezensent:

Hübner, Siegfried

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Theologische Literaturzeitung 118. Jahrgang 1993 Nr. 3

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Rolle, die die Lernorte des Glaubens, Familie, Religionsunterricht
in der Schule und die Gemeinde, spielen;er erinnert an die
subjektive Situation all derer, denen die Sorge um die Sakramente
in besonderer Weise anvertraut ist. Das sind besonders
alle katechetisch Tätigen und die Priester, deren Rolle traditionell
als „Verwalter der Sakramente" beschrieben wird. Zur Situationsbeschreibung
gehören die zunehmend erfahrene Erfolglosigkeit
, das Gefühl, daß man in die Gefahr gerät, das theologische
Wesen des Sakramentes zu verraten, und die Versuchung
des Spenders des Sakramentes, sich zu einem „Religionsdiener
" degradieren zu lassen, der auf Bestellung Familienfeiern
religiös verschönert.

Emeis versucht dann diese Situation zu durchleuchten. Er
vermeidet einen nur auf die Sakramentsituation fixierten Blick
und geht zurück auf die Sendung Jesu und - aufgrund seines
Auftrages - der Kirche. Er findet hier eine von Anfang an gegebene
Spannung von Offenheit und Identität. ..Kirche kann offen
sein auf Kosten ihrer Identität; sie kann auch identisch sein auf
Kosten ihrer Offenheit" (31). Es handelt sich um eine für die
Kirche „unaufgebbare Lebensspannung" (36). Offenheit gehört
für die Kirche zu ihrer Identität. Er formuliert einige Haltungen
, in denen die Gemeinde dem heutigen Menschen gegenübertreten
sollte: „Begleitung ohne doktrinären Herrschaftsanspruch
, Tröstung ohne versteckte Drohung, Bestätigung des
Menschen statt permanenter Verunsicherung bei dem Bedürfnis
menschlicher Lebenslust, Praktizierung von Alltagswahrhaftigkeit
statt Abforderung umfassender Gelöbnisse und fundamentaler
Bekenntnisse, Respektierung des persönlichen Freiheitsund
Entscheidungsspielraums bei gleichzeitiger Nutzung von
Veranstaltungen, die Gemeinschaft, Gruppenleben und Geborgenheit
anbieten, aber nicht aufdrängen" (39f).

Auch die Frage nach gestufter Kirchenzugehörigkeit, wie sie
das II. Vat. Konzil beschrieben hat, und eine Besinnung auf die
Stelle, an der auf dem Glaubensweg die Sakramente ihren Platz
haben - im Anschluß an das Apostolische Schreiben Pauls VI.
„Evangelii Nuntiandi" - helfen, die Pastoral der Sakramente
zutreffend zu sehen. Sie sind auf dem Glaubensweg nicht die
ersten Stationen. Dabei darf auch nicht vergessen werden, daß
die Sakramente nicht nebeneinander stehen, sie sind organisch
miteinander verbunden und auf die Eucharistie hingeordnet.

Im dritten Teil geht es um sakramentale Praxis. Emeis erinnert
dabei an die Ungleichzeitigkeit der Veränderungen in den
Gemeinden. Dennoch gilt allgemein: Es wird alles richtig und
für das innere Verständnis der Sakramente förderlich, was die
Glaubensgemeinschaft fördert. Der Autor plädiert für eine Gemeinde
als Plural von glaubenden Gemeinschaften. In den kleinen
Gemeinschaften ist der Ort, an dem Sakramente neu entdeckt
und tiefer verstanden werden können. Den Gemeinden
wird nahegelegt, die doch immer scheiternde „Erfassungspasto-
ral", die zum Ziel hat, alle Gemeindeglieder mit möglichst vielen
Sakramenten zu versorgen, zu Gunsten von Evangelisation
und Gemeindebildung einzuschränken.

Was theologisch vorbedacht und in einen größeren Zusammenhang
gestellt wurde, wird in einem vierten Teil im einzelnen
- die Sakramente Taufe, Firmung, Eucharistie und Ehe betreffend
- durchüberlegt.

Emeis geht aus von den wirklichen Sorgen der Gemeinden
und ihrer Seelsorger. Er schreibt, wie fast immer, eine schlichte
Sprache. Er setzt theologisch grundlegend an. Sein Buch ist
nicht nur für Pfarrer und Katecheten hilfreich, es kann auch
einem Pfarrgemeinderat helfen, Gemeinde nicht nur praktisch,
sondern auch theologisch zu verstehen. Es tröstet auch manchen
verunsicherten Gemeindepfarrer.

Stotternheim Franz Georg Friemel

Guggenberger, Engelbert: Karl Rahners Christologie und
heutige Fundamentalmoral. Innsbruck-Wien: Tyrolia 1990.
221 S. 8° = Innsbrucker theologische Studien, 28. Kart. öS
340.-. ISBN 3- 7022-1715-0.

Mit dieser Studie, die, in ihrer Entsteheung begleitet von K.
Demmer, 1987 als Dissertation von der Theologischen Fakultät
der Pontificia Universitas Gregoriana angenommen worden ist,
beabsichtigt der Vf. einen Beitrag zur gegenwärtigen Grundla-
gendiskussion in der katholischen Moraltheologie. Dabei geht
es um die zwischen den Anwälten einer „Glaubensethik" und
„autonomen Moral" strittige Frage, ob und wie weit Normen
sittlichen Handelns der Offenbarung Gottes zu entnehmen und
als „christliches Proprium" zu vertreten sind oder vom Menschen
selbst als einem in kreatürliche Eigenständigkeit einge-
setzen Subjekt mittels seiner „autonomen" Vernunft innerhalb
seiner welthaften Bezüge erkannt werden müssen. Wird Gott
von den einen als unmittelbar normgebende Instanz auch für
die „kategorialen" Maximen innerweltlichen Handelns betrachtet
, so lassen die anderen alles „Kategoriale" von Gott nur
„transzendental" getragen und umfaßt sein und verweisen auf
ihn nur zur „Letztbegründung" ethischer Normen in diesem
Bereich. Es liegt nahe, den „transzendentalen" Denkansatz, von
dem die „autonome Moral" bestimmt ist, im Rückgriff auf die
Theologie Karl Rahners (R.s) deutlicher in den Blick zu nehmen
. Der Vf. stellt sich diese Aufgabe mit der Erwartung, aus
dieser Theologie, die sich darin auszeichnet, zwischen „Natur"
und „Gnade" und insbesondere auch zwischen Anthropologie
und Christologie vermitteln zu wollen, Erkenntnisse zu gewinnen
, welche die Diskussion weiterführen können.

So wird von ihm zunächst die Theologie R.s. soweit sie für
diese Aulgabe in Betracht zu ziehen ist, vorgestellt: in einem
ersten Teil dessen „Offenbarungstheologie" (15-55), in einem
zweiten, vom Vf. als zentral betrachteten Teil dessen „transzendentale
Christologie" (56-120). In einem dritten Teil wird dargelegt
, was sich daraus für die Aufgabe der Fundamentalmoral
ergibt (121-196).

Für die Antwort auf die beiden Hauptfragen der Fundamentalmoral
- nach dem letzten Grund sittlicher Beanspruchung des
Menschen und nach der inhaltlichen Begründung und dem Geltungsanspruch
sittlicher Normen - greift der Vf. die folgenden
Aussagen und Gedankengänge R.s auf: Als der eine und einzige
sittliche Grundakt des Menschen, und deshalb auch als
Grundprinzip christlicher Ethik, hat die Liebe zu gelten. In ihr
geschieht in einem die Kommunikation mit dem konkreten Du
und mit Gott. Von ihr her hat christliche Ethik ..personalen Antwortcharakter
". An ihr partizipieren alle anderen Tugenden,
und das, was sie fordert, kann nicht mit einer angebbaren Leistung
umschrieben werden, sondern fällt mit dem zusammen,
„was jeder Mensch wird in der unvertretbaren Eigenart seines
je einmaligen Wesensvollzugs" (171). Darüber hinaus lassen
sich im christlichen Glaubensvollzug als dessen anthropologische
Inhalte „personale Grundhaltungen" ausmachen, in denen
der Vf. „Vermittlungsinstanzen zwischen der spezifischen Neuheit
christliche!' Sittlichkeit und konkreter Entscheidungen"
erkennt (161): die personale Identität des Menschen als Geist
durch seine Offenheit auf das Geheimnis Gottes; Nachfolge
Christi als Proprium christlicher Ethik, insofern Christus „produktives
Vorbild" ist, dessen „innere Gesetzlickeit" der Mensch
„in je neuer und persönlich anderer Situation sich auswirken...
lassen" muß (168f); die „Erfahrung des Kreuzes" als „der privilegierte
Ort der Gotteserfahrung" (174-178); die von R. wiederholt
vorgetragenen „Appelle an die suchende Christologie" zur
radikalen Nächstenliebe, zur Bereitschaft zur Annahme des Todes
und zur Hoffnung auf eine absolute Zukunft, denen noch der
zum „dienenden Einsatz" (1841) hinzugefügt wird. Als den Beitrag
R.s zur Moraltheologie, dem am meisten Originalität /u