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Ausgabe:

1993

Spalte:

235-236

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

Cyrillus Hierosolymitanus, Mystagogicae catecheses 1993

Rezensent:

Haendler, Gert

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Theologische Literaturzeitung 118. Jahrgang 1993 Nr. 3

236

und Jerusalem und deren Verhältnis zueinander zu deuten ist.
Diesen Ansatz wird man begrüßen. Aber was dann doch wieder
bei der Erörterung im einzelnen enttäuscht, ist dieses: T. erörtert
S. 32ff. eine neuzeitliche soziale Theorie von Beziehungsverhältnis
und Autorität und erschließt damit das Verhältnis
von Jerusalem und Antiochia. Dabei erhält Jerusalem innerhalb
der Gemeinschaft beider Ortsgemeinden eine Vorherrschall in
Autorität und Ansehen, ja Jurisdiktionsgewalt (109; 124).
Dabei werden S. 32ff. zur monothetischen Vorgabe für einen
geschichtlichen Einzelfall, ohne daß überhaupt die Frage auftaucht
, wie etwa damalige Analogien aussahen, wenn ortsverschiedene
religiöse Gemeinschaften gleicher Grundüberzeugungen
ihr gegenseitiges Verhältnis klärten (z.B. Synagogen;
Mysterienreligionen, Zeustempel usw.). Die nächstliegende
Analogie der Synagogen spricht jedenfalls gegen T.'s Thesen
zum Verhältnis Jerusalem - Antiochia. Ein weiterer Mangel der
Ausführungen von T. ist dieser: T. erörtert vornehmlich das
Verhältnis unter formalen und funktionalen Gesichtspunkten.
Was inhaltlich auf dem Spiele stand, wird nur nebenbei angedeutet
, aber nicht sorgältig bedacht. Daß im übrigen die Antio-
chener ihr Verhältnis zu Jerusalem anders verstanden, wird
endlich daran klar, daß sie, als sie sich anschickten, den neuen
Weg der Heidenmission zu gehen und den Synagogenverband
zu verlassen, nicht vorher die Jurisdiktionsautorität Jerusalems
konsultierten. Es gibt auch keinen Text, nach dem die Jerusalemer
dies als Verletzung ihrer Vorherrschaft angesehen hätten.

Kiel Jürgen Becker

Kirchengeschichte: Alte Kirche

Cyrill von Jerusalem: Mystagogicae Catecheses. Mystagogi-
sche Katechesen. Übers, u. eingel. von G. Röwekamp. Freiburg
-Basel- Wien: Herder 1992. 197 S. 8« = Fontes Christia-
ni, 7. Lw. DM 32,-. ISBN 2-204-04274-9.

Die erste Rezension der Reihe „Fontes Christiani" in ThLZ
117 (1992) hatte festgestellt, „daß es sich um Texte mit innerkirchlichem
Inhalt handelt" (409). Der jetzt vorgelegte Bd.7 bestätigt
diesen Eindruck. Die erste der fünf Taufkatechesen beginnt
mit den Worten: „Durch die Erfahrung des (Tauf-)Abends
seid ihr sehr viel empfänglicher für das, was zu sagen ist. So
will ich euch nun an der Hand zur leuchtenden und duftenden
Wiese des Paradieses führen. Ihr seid ja nun in der Lage, göttliche
Mysterien zu verstehen, nämlich die der göttlichen, lebensspendenden
Taufe" (95). Zur Überlieferung des Textes wird
kaum etwas mitgeteilt, sie war „unproblematisch" (86); es wird
jener Text übernommen, den A. Piedagnel für den Band 126
der Reihe Sources Chretiennes (Paris 1966) erarbeitet hatte.
Die Frage der Autorschaft wird erörtert, sie ist nicht eindeutig
zu klären; auf jeden Fall bekommen wir Einblicke in die Taufpraxis
in Jerusalem am Ende des 4. Jh.s (15). Ganz ausführlich
erörtert Kap. II „Die christliche Initiation nach den Jerusalemer
Mystagogischen Katechesen" (15-60).

Kap. III „Zum historischen und theologischen Umfeld" sagt,
daß es sich um Bilder, Metaphern und Symbole handelt: „Alle
Rede vom Heil versucht, die befreiende Erfahrung ins Bild zu
bringen" (62). Die alexandrinische Schule soll nicht „physisch"
verstanden werden (66); das „Verstehensmodell der Erlösung
durch Christus" wird in Erkenntnis und Nachahmung gesehen
(70). Christus „erzieht, verwandelt die Christen auf sich hin
und macht sie sich ähnlich" (71). Es gab die „Konzeption einer

symbolisch-sakramentalen Nachahmung" (72). Deutlich formuliert
Rövekamp: „Mit dieser symbolischen, dramatischen
Form meinen die Theologen des 4. Jh.s die Taufe so zu vollziehen
, wie es von Anfang an gemeint war. Das ist zwar historisch
falsch, da diese Ausgestaltung bzw. Deutung ein Werk der
eigenen Zeit ist, sachlich aber insofern richtig, als Taufe ja immer
die Erfahrung von Heil ermöglichen soll. Und das kann
eben auch durch solche symbolische Nachahmung von Leiden,
Tod und Auferstehung geschehen" (72f.). Die Kirche war
damals „plötzlich staatstragende Massenkirche" geworden (83),
neue Formen mußten gewonnen werden. „Theologisch tritt die
Hoffnung auf ein baldiges Ende der gottlosen Welt noch mehr
zurück - diese Welt ist nun selbst christlich geworden. Immer
mehr wird die Wiederherstellung des göttlichen Bildes im einzelnen
, sein Bezug zu Christus, seine Erlösung in den Blick genommen
. Mittel dazu sind die Sakramente" (83f.). Die Übersetzung
will den Predigtcharakter erhalten, „Verständlichkeit und
flüssigen Stil", theologische Zentralbegriffe sollen „möglichst
konkordant übersetzt" werden (87). „Die benutzten Bilder sollten
auch in der Übersetzung einleuchtend sein" (87).

Rostock Gert Haendler

Dassmann, Ernst: Kirchengeschichte I. Ausbreitung, Leben
und Lehre der Kirche in den ersten drei Jahrhunderten. Stuttgart
-Berlin-Köln: Kohlhammer 1991. 284 S. gr.80 = Kohlhammer
Studienbücher Theologie, 10. Kart. DM 29,80.
ISBN 3-17-010620-1.

Mit diesem Band des Bonner Kirchenhistorikers, des Patro-
logen und Leiters des F. J. Dölger-Instituts eröffnet der Kohlhammer
-Verlag eine neue Reihe „Studienbücher Theologie".
Berechnet auf 25 Bände, soll sie im Bereich von Studium,
Selbststudium und Weiterbildung „in alle Bereiche der katholischen
Theologie" einführen, das Grundwissen der einzelnen
Disziplinen darstellen und über den aktuellen Diskussionsstand
in originärer Form informieren.

Geht man von dieser Zielsetzung aus, handelt es sich bei dem
vorliegenden Band ohne Zweifel um einen gelungenen Start der
Reihe. Denn dieser erfüllt nahezu mustergültig, was man von
einer zuverlässigen, nicht zu umfangreichen, klar strukturierten,
gut lesbaren, informativen, aktuellen und eigenständigen Einführung
in die ersten drei Jahrhunderte der Kirchengeschichte
mit ihren vielschichtigen Problemstellungen erwarten kann.
Der Vf. ist sich seiner Verantwortung gegenüber Studienanfängern
und interessierten Laien bewußt und darum in besonderer
Weise um eine objektive, d.h. wissenschaftlich fundierte und
quellennahe Darstellung bemüht. Immer wieder läßt er die - gut
ausgewählten - Quellen selbst zu Wort kommen.

Eine allgemeine Bibliographie (13f.) orientiert zunächst in
knapper Form über die wichtigste einführende Literatur. Darüber
hinaus sind jedem der neun Hauptabschnitte weitere, spezielle
Literaturhinweise zum Thema vorangestellt, die dem Leser
zuverlässig den Weg zum aktuellen Forschungsstand bahnen
. Weitere Hinweise, Erläuterungen und Belegnachweise finden
sich in einem sehr knapp gehaltenen Anmerkungsteil (268-
276). An vielen Stellen kommt dem Werk dabei - vor allem im
religions- sozial- und frömmigkeitsgeschichtlichen Bereich -
der reiche Ertrag des im F. J. Dölger-Institut bearbeiteten Reallexikons
für Antike und Christentum (RAC) zugute.

Allerdings versteht D. seine Kirchengeschichte ausdrücklich
als „theologische Abhandlung", die „nicht voraussetzungslos
geschrieben" worden sei (5). Daß D. - bei aller ökumenischen
Offenheit - katholischer Theologe ist, spürt der Leser aber nicht
nur dort, wo aktuelle Bezüge hergestellt werden - z.B. zum II.
Vaticanum (69, 113, 126; vgl. auch 161). Auch die kirchenge-