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Ausgabe:

1993

Spalte:

180-181

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Titel/Untertitel:

Die ökologische Krise als Nord-Süd-Problem 1993

Rezensent:

Althausen, Johannes

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Theologische Literaturzeitung 118. Jahrgang 1993 Nr. 2

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nischen Kirchengeschichte beschäftigt hat, dient der Aufhellung
der Anfänge des spanischen Kirchenwesens in der Neuen
Welt. Es gibt zum karibischen Raum zwar eine Reihe historischer
Arbeiten, aber sie haben kaum die Sammlungen speziell
kirchengeschichtlicher Quellen erschlossen oder sind noch eher
vom triumphalistischen Geist der früheren katholischen Kirchengeschichtsschreibung
bestimmt. Orts- und Personenregister
erleichtern die Benutzbarkeit der Arbeit, die durch ein
Sachregister weiter verbessert worden wäre.

Der Vf. folgt im Aufbau der Arbeit dem zeitgenössischen Verständnis
der Ekklesiologie, nach der sich Kirche primär durch
Bischöfe (Kap. I Die Karibischen Diözesen, Kap. II Der Episkopat
), sodann durch Domkapitel, Welt- und Ordensklerus (Kap III
Der Weltklerus, Kap. IV die Ordensgemeinschaften) konstituiert
, so daß das Volk Gottes (Kap. V Das Christliche Volk) erst
zum Schluß in den Blick kommt. Nach dem historischen Vorgang
hätte sich eine umgekehrte Reihenfolge nahegelegt, die
auch der Erfahrung der indigenen Völker entsprochen hätte:
Zuerst das Auftreten von Spaniern, die sich als Christen verstanden
, dann die vereinzelte Erscheinung von Militärkaplanen, später
von Ordensleuten, Weltpriestern und schließlich auch von
Bischöfen und Angehörigen von Domkapiteln. Auch wäre eine
Zweiteilung der etwas systematisierenden Kapitel zwischen der
Zeit vor dem Tridentinum bzw. seiner Rezeption, die etwa zeitgleich
mit der Neuformulierung der spanischen Kirchenpolitik in
der Junta Magna von 1568 beginnt (also 1492-1568 und 1568-
1650), denkbar gewesen. Aber entsprechend dem Untertitel geht
es dem Vf. um die Bistumgsgeschichte.

Der Vf. sieht die Vorgeschichte der Entstehung der vier Bistümer
mit dem sich ab 1500 abzeichnenden Wandel des Kolonialkonzepts
der spanischen Krone beginnen, der vom Ko-loni-
alhandel hin zu einer Siedlungskolonisation Amerikas führt.
Man kann freilich fragen, ob dieser Wandel sich erst um 1500
abzeichnete, hatte doch Kolumbus schon 1493 auf seiner zweiten
Reise ca. 1000 Siedler mit nach Hispaniola genommen.
Auch erwähnt Meier S. 241, daß die territoriale Siedlungspolitik
bereits 1495 einsetzte. Der Wandel um 1500 scheint eher darin
zu liegen, daß die Krone sich nun zum systematischen Aufbau
des Kirchenwesens durch den Aufbau einer Diözesanverfassung
entschloß, zu deren Finanzierung sie sich 1501 von Alexander
VI. den Kirchenzehnten übertragen ließ (Bulle Eximiae Devotio-
nis). In Gang kam der Aufbau indes erst, nachdem König Ferdinand
der Katholische 1508 bei Julius II. auch noch die Übertragung
der vollen Kirchenpatronats für die amerikanischen Überseegebiete
durchgesetzt hatte (Bulle Universalis Ecclesiae). Die
verheerenden Folgen der Kolonisation wurden daran deutlich,
daß das „Christliche Volk", was den indianischen Teil anbetrifft,
schneller dahinstarb, als die Bistümer errichtet werden konnten.
Von den ursprünglich drei für Hispaniola vorgesehenen Bistümern
wurden nur zwei er-richtet und das zweite, Concepciön de
la Vega, auch 1606 wieder aufgegeben. Eine Kritik an der Übertragung
der aufwendigen Domkapitelstruktur in die Missionssituation
ist höchstens implizit vernehmbar, etwa wenn Meier hinsichtlich
des Bistums Santiago de Cuba von 43 vorgesehenen
Stellen spricht, von denen mangels Pfründen anfangs allerdings
nur die wenigsten besetzt werden konnten. Nicht selten scheint
die Sorge um ausreichende Einkünfte für das Domkapitel stärker
gewesen zu sein als die Bemühung um die Indianer. So kam es
im Bistum San Juan/ Puerto Rico gar nicht zur Errichtung von
Missionspfarreien, weil die Urbevölkerung so rasch ausgestorben
war. 1546 wurden Santo Domingo zum Erzbistum des Karibischen
Raums erhoben, d.h. zu einem Zeitpunkt als sich das
Schwergewicht des entstehenden Kolonialreichs bereits auf das
Festland verlagert hatte, wo gleichzeitig Mexiko und Lima zu
Erzdiözesen erhoben wurden. Das besondere kirchengeschichtliche
Interesse bei der Erforschung des karibischen Raums liegt
also in den ersten vier Jahrzehnten.

Im Schlußkapitel erfährt man etwas über die indianische
Besiedlung der Antillen, über den 1493 einsetzenden Umschlag
der zunächst friedlichen Kolonialbewegung zur bewaffneten
Invasion, der nur drei franziskanische Ordensbrüder ohnmächtig
zusehen mußten, die als einzige von der 1493 ausgereisten
Zwölfergruppe unter dem Apostolischen Vikar Bernardo Boyl
länger im Lande ausgeharrt hatten, bis 1502 eine größere Gruppe
von Franziskanern eintraf, die im selben Jahr das erste
Kirchlein errichtete. Die Frage, wie es möglich war, daß die
Katholischen Könige die Eroberer und Siedler fast zehn Jahre
lang ohne geistliche Betreuung und Messe ließen, wird leider
nicht thematisiert. Die Folgen des Arbeitszwangs für das Leben
der Indianer und der Kampf der Dominikaner für deren Menschenrechte
, der Einsatz des Las Casas und die gesetzgeberischen
Initiativen der Krone werden ebenso geschildert wie der
dramatische Rückgang der Urbevölkerung, weshalb sich die
evangelisatorischen Bemühungen auf den Antillen ab Mitte des
16. Jh.s nur noch auf kleine Reste von Indios richten konnten.
Erst das Provinzialkonzil von Santo Domingo von 1622/23 bemühte
sich, Kinder-, Frauen- und Altenarbeit im Kommendensystem
zu begrenzen bzw. zu verhindern und die Arbeitsruhe
an Sonn- und Feiertagen durchzusetzen.

Natürlich fehlt nicht eine Schilderung der oben an der Gesellschaftspyramide
stehenden Weißen, ihres kirchlichen Lebens
, der Bruderschaften und der Volksfrömmigkeit. In einem
besonders eindringlichen Schlußabschnitt wird die Lage der
Negersklaven und das magere kirchliche Interesse an diesem
untersten, aber schon Mitte des 16. Jh.s die stärksten Gesellschaftssegment
im karibischen Raum geschildert.

Die sich durch sorgfältige Quellenanalyse und sehr zurückhaltende
Wertungen auszeichnende Untersuchung füllt eine
Lücke der Forschung.

Marburg Hans-Jürgen Prien

Die ökologische Krise als Nord-Süd-Problem. Fallbeispiel
Amazonien. Eine Studie der Kammer der EKD für Kirchlichen
Entwicklungsdienst. Im Auftrag des Rates der Evang.
Kirche in Deutschland hg. vom Kirchenamt der EKD.
Gütersloh: Mohn 1991. 123 S. 8». Kart. DM 9,80. ISBN
3-579-01962-7.

Die Kammer für Kirchlichen Entwicklungsdienst der EKD
möchte am Beispiel des Amazonas-Gebietes den Zusammenhang
von schlechter Entwicklungspolitik und der Zerstörung
des Lebensraums unendlich vieler Menschen in Lateinamerika
darstellen. Viele sorgfältig gesammelte Informationen helfen,
die Vorgänge zu beschreiben, auch wenn ein solcher Bericht
mitunter nur von Fachleuten ganz verstanden werden kann.
Wichtig ist, darauf zu achten, wie nationale Interessen und globale
Probleme miteinander in Spannung geraten oder einander
bedingen. Die Studie will in allem die Aufmerksamkeit der
Leser auf die in diesem Gebiet wohnenden Menschen lenken.
Vor allem müssen diese auch bei den Lösungsversuchen beteiligt
werden. Und natürlich ist die Kammer interessiert, die Betroffenheit
der Deutschen und da wieder besonders auch der
Kirchen herauszustellen. Hier werden klare Forderungen formuliert
(Abschn. 4 ab 78). Das Literaturverzeichnis ist ein hilfreiches
Instrument zum Detailstudium und zeigt gleichzeitig,
wie viel bereits zur Thematik geschrieben worden ist und wird.
Leider fehlt der „Barbados-Report", der schon vor mehr als 20
Jahren im Ökumenischen Rat die Dinge zur Sprache gebracht
hat. Im Anhang wird dann zur Vervollständigung ein Blick
nach Afrika und nach Asien gerichtet.