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Ausgabe:

1992

Spalte:

150-152

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Titel/Untertitel:

Liturgie und Frauenfrage 1992

Rezensent:

Grethlein, Christian

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Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 2

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der Pauschalbeurteilung Gottes als des „jüdischen Patriarchen"
•st dieser Aufweis einer erst später durchbrechenden frauen-
feindlichen Linie (etwa seit dem Sirach- Buch) wohltuend. Allerdings
gerät dadurch auch das Judentum in einen gewissen Mißkredit
. Ilona Riedel-Spangenberger, eine Kanonistin (!), findet
das Grundrecht auf Gleichberechtigung in der (katholischen)
Kirche nicht bestritten; sie möchte es „ theologisch" und „ekkle-
sial" begründen (gegenüber einer säkularen Anthropologie). Die
für viele so entscheidende Frage nach der Frauenordination tritt
dezent in den Hintergrund (der interessante Hinweis auf die
Feststellung der Päpstlichen Bibelkommission von 1977, daß
vom Neuen Testament her keine eindeutige Entscheidung zu fäl-
'en ist, könnte zu einer eigenständigen systematischen Reflexion
anleiten, die aber der Dogmatik überantwortet wird, vgl. S. 138).
Diese schweigt jedoch dazu - zumindest in diesem Band.

Dietmar Mieths moraltheologische Reflexionen werden von
der Literatur und von ihr zu gewinnenden Modellen des Verhält-
n'sses von Mann und Frau angeleitet. Spitzenaussagen wie jene,
daß Männer und Frauen gleich und ungleich zugleich seien (170)
°der das Modell der Bipolarität weiterentwickelt werden müsse
" 77), helfen ohne genaue Explikation nicht, die beklagten „alten
Rollenklischees" (171) zu überwinden. Dieser Hinweis (u. a.)
zeigt, daß eine präzise Diskussion wohl nur durch sozialwissenschaftliche
Kategorien, mit deren Hilfe metaphysische Wesensäussagen
, aber auch Typologien überwunden werden können, zu
gewinnen ist. Der Herausgeber dieses Bandes stellt Karl Barth als
bahnbrechenden Vordenker der theologischen Anthropologie
v°r (22), dessen spannungsreiche Aussagen vom Verhältnis von
•"au und Mann überzeugen gerade im Blick auf die Überwindung
von Typologien. Dogmatiker haben eher selten Übung in so-
Zlalmssenschaftlicher Argumentation und Kategorien. Deshalb
*""d ihr Rückgriff auf humanwissenschaftliche Erkenntnis zur
ehebigcn Verwendung neigen oder unsicher werden, zumal eine
Hermeneutik des interdisziplinären Dialogs fehlt. Karl Lehmanns
Beitrag „Mann und Frau als Problem der theologischen
Anthropologie" beweist dies unter den hier veröffentlichten Beilagen
am deutlichsten. Er setzt sich mit der Matriarchatsthese
'3' ff) auseinander, aber greift auf eine ältere Psychologie (u. a.
Vertreten durch Lersch, Buytendijk, Simmel, 68 ff.) zurück. Viel-
e'cht erinnert sie an die Studienzeit des Autors; eine echte Einschätzung
, wie weit heutige Hypothesen und Theoreme reichen,
erlaubt sie nicht.
Der Sammelband ist reich an einzelnen Anregungen, aber er
at nur eine formale, keine an genauen Inhalten entfaltete Fragestellung
. Deshalb fällt es schwer, eine systematische Linie durch
e Beiträge zu verfolgen. Vermutlich liegt das an der Vorberei-
ng der Tagung, der diese Dokumente entstammen.

Bochum Christopher Frey

Borghesi, Massiom: Romano Guardini. Dialettica e antropologia.
°£!a: Ediz'oni Studium 1990. 314 S. 8° - La Cultura, 41.
^»üsser, Fritz: Das „Buch der Natur". Vom Lob des Schöpfers zum
utz der Schöpfung. Große Theologen über Schöpfung und Natur. Stäfa:
Gu« '990. ius.gr. 8 . sFr 24.-.

'scher, Klaus P.: Gott als das Geheimnis des Menschen. Karl Rahners
j e°logische Anthropologie - Aspekte und Anfragen (ZKTh 113, 1991,

Grab, Wilhelm: Karl Barths Ekklesiologie im Kontext der Problem-
ti . c des neuzeitlichen Kirchenverständnisses (Zeitschrift für dialek-
*ne Theologie 7, 1991, 29-46).

Krotke, Wolf: Die Ekklesiologie Karl Barths im Kontext der Aktualität.
n Beitrag zur theologischen Problcmlage (Zeitschrift für dialektische
ne°!ogie7, 1991, 11-27).
ca- Ioan Li Vladimir Soloviov - 90 de ani de la moarte 1853-1900
CV|sta Teologica 73, 1991, 10-21).

Logister, Wiel: Die Ekklesiologie Karl Barths im Kontext der heutigen
katholischen Theologie (Zeitschrift für dialektische Theologie 7. 1991.
67-90).

Neufeld, K. H.: Worte ins Schweigen. Zum erfahrenen Gottesverständnis
Karl Rahners (ZKTh I 12, 1990, 427-436).

Neven, G. W.: Die Ekklesiologie Karl Barths unter der Voraussetzung
der Aufhebung der Geschichte (Zeitschrift für dialektische Theologie 7,
1991,47-66).

O'Donell, John: Pannenberg's Doctrine of God (Gr. 72, 1991, 73-98).

Petzold, Martin [Hg.]: Konzeption und Aufgabe künftiger Metaphysik.
Symposion des Instituts für wissenschaftstheoretische Grundlagenforschung
vom 2. 1.-5. 1. 1989 in Paderborn (Tonbandnachschrift). Paderborn
: Deutsches Institut für Bildung und Wissen 1991. 118S. 8 »Beiträge
zur Diskussion, 7. Kart. DM 15.80.

Rostagno, Sergio: Barth Contemporaneo. Torino: Editrice Claudiana
1990. 250 S. gr. 8 - Collana della Facultä Valdese di Teologia. 16.

Praktische Theologie:
Liturgiewissenschaft

Berger, Teresa, u. Albert Gerhards [Hg.]: Liturgie und Frauenfrage
. Ein Beitrag zur Frauenforschung aus liturgiewissenschaftlicher
Sicht. St. Ottilien: EOS 1990. IX, 674 S. gr. 8° -
Pietas Liturgica, 7. Pp. DM 68,-.

Der dreißig Beiträge umfassende Sammelband versucht „eine
erste wissenschaftliche Aufarbeitung von Themenbereichen...,
die das ganze breite Spektrum der gottesdienstlichen Lebenswirklichkeit
von Frauen betreffen" (2). Dabei sollen - neben der
Tatsache, daß die Mehrzahl der Artikel von Frauen verfaßt
wurde - folgende Impulse der Frauenforschung aufgenommen
werden: strukturell wird gefragt, „welche androzentrischen
Elemente eine (auch) frauengerechtc Liturgie verhindern" (3);
inhaltlich „ soll der traditionelle Themenkatalog der Liturgiewissenschaft
hinterfragt werden" (4), wobei sich die Mitarbeiterinnen
) weitgehend auf die römisch-katholische Liturgik beziehen.
Die Grobgliederung des Werkes in drei Teile: „Historische
Aspekte (7-357), „Bestandsaufnahme" (359-634), „Zukunftsperspektiven
" (635-647) hilft wenig weiter, weil die meisten
Aufsätze - durchaus sachgemäß - historische Einsichten und gegenwärtige
Probleme aufeinander beziehen, allerdings mit unterschiedlicher
Gewichtung.

Gewisse Schwerpunkte lassen sich erkennen, wenn man versucht
, in den einzelnen Beiträgen die (hauptsächlichen) wissenschaftlichen
Dialogpartner zu bestimmen, im einzelnen
Kirchenrecht, Hymnologie und Germanistik, Homiletik und
Kunstgeschichte. Allerdings entziehen sich einige Arbeiten solch
einem Systematisierungsversuch. Vorweg: Anregend sind sie fast
alle!

Am wohl umfassendsten dürften Leser(innen) informiert werden
, die sich für Fragen des römischen Kirchenrechts interessieren
. K. Lüdicke „Die Stellung der Frau in der Liturgie nach geltendem
Kirchenrecht" (369-383) skizziert die wichtigsten
Bestimmungen (und Spannungen). Die gegenwärtig aktuelle Diskussion
um das Diakonissenamt nehmen auf und führen weiter:
D. Ansorge „Der Diakonat der Frau" (31-65) und K. Arat „Die
Weihe der Diakonin in der armenisch-apostolischen Kirche"
(67-76). Auch die Ausführungen von A. Ulrich „Die Kanonis-
sen. Ein vergangener und vergessener Stand der Kirche" (181-
194) helfen, die starke Fixierung der Diskussion um die Beteiligung
von Frauen in der Liturgie auf Fragen der Weihe und den
dahinter stehenden Sakramentsbegriff aufzubrechen.

Ebenfalls ausführlich wird die Bedeutung von Arbeiten der
Frauenforschung für die Hymnologie dargestellt. G. Muschiol
„Psallere et legere" (77-125) untersucht anhand der frühen gallischen
„Regulae ad Virgines" die Beteiligung der Nonnen an der