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Ausgabe:

1992

Spalte:

145-147

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Titel/Untertitel:

Die grössere Hoffnung der Christen 1992

Rezensent:

Beißer, Friedrich

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Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 2

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' Hase verzichtet in seinen Schriften zumeist auf den Adelstitel

mus im Blick auf dessen geschichtlich überkommene Gestaltun- Eine nachdenkenswerte Spekulation, die aber die Vielfalt des

gen aufzuarbeiten. "(177) Wirklichen zu vereinfachen droht.

Es ist dem Vf. gelungen, die Grundstrukturen und Vernetzun- W. Berg liefert eine treffende Übersicht darüber, was nach heu-

gen des dogmatischen Ansatzes Karl von Hases in enger Bindung tiger Exegese das Alte Testament über Tod und Jenseits sagt. Eine

an das vorhandene Material zutreffend aufzuarbeiten. Sein Buch eigenständige ausführliche Exegese erfahren einige späte Texte,

■st als ein Beitrag zu verstehen, den in unserem Jh. vergessenen Eine klare Zusammenfassung rundet den Beitrag ab.

Dogmatiker Karl von Hase der Vergessenheit zu entreißen. Theo- Eine m. E. informative und gute Zusammenstellung. Sie wird

'ogiegeschichtlich gilt es, den Dogmatiker und Kirchenhistoriker freilich dadurch erleichtert, daß in dieser Disziplin diese Fragen

lni Blickfeld zu haben, um Hase recht einordnen und werten zu vielfach bearbeitet sind.

können. Der genuine Beitrag der Haseschen Dogmatikfürdie Sy- Zwei Einzelfragen am Rande: Weshalb sind die einschlägigen

stematische Theologie muß en detail noch erarbeitet werden. Jesaja-Texte nicht herangezogen? Ist es berechtigt, Kohelet als

Hier gilt es dann auch, den materialreichen dogmengeschichtli- Dokument der Weisheit heranzuziehen (und nicht vielmehr als

chen Fundus produktiv zu berücksichtigen. deren Kritik)? Kaum bedacht wird hier allerdings der Zusam-

Corrigenda: 148, 14. Z. v. u.: „auf" statt „zur". menhang des Todes mit der Sünde, der m. E. für das AT. wesentlich
ist, ohne daß unsere Exegese dies gebührend aufnimmt. Si-

Jena Udo Kern eher kann man sagen: »Das alte Israel verkündet... das ewige

---- Leben erst am Ende und fast etwas zögernd« (57). Aber was heißt

das für uns? M. E. zeigt es vor allem, welche Unausweichlichkeit
und welches Gewicht dem Tode zukommen.

Der Beitrag von A. Sand, der sich hauptsächlich der Apokalyp-
tik bzw. der Johannes-Apokalypse widmet, vermag damit natür-

SysteiT13tiSChe Theologie; Dogm3tik lieh nicht, die Eschatologie des Neuen Testaments zu repräsentieren
. Aber schon im Methodischen und Begrifflichen bleibt dieser

Gb-i, j .„ „, , ^- -n « ^, • Vortrag hinter anderen zurück. Mit Recht betont Sand, daß auch

Erhards, Albert Hg.]: Die größere Hoffnung der Christen. .TT . . . ,. D .... „, . .. .

P,.l„, i , , n • „, j , c u di in der Johannesapokalypse die zentrale Bedeutung Christi nicht

«chatologische Vorstellungen im Wandel. Freiburg-Basel- ... , , , t ... . , , „ , ^

Wien: Herder 1990. 179 S. m. 4 Abb. 8° = Quaestiones Dispu- Versehen werden darf. Mit vielem anderen, wie z. B. dem Ge-

tatae, 127. Kart. DM 39 -. richtsmotiv, kann er so wenig anfangen wie die anderen Autoren.

Zugute halten kann man dem Verfasser, daß diese Thematik für

Dieses Buch geht zurück auf eine Ringvorlesung der römisch- die neutestamentliche Exegese nach wie vor nicht ausreichend erkatholischen
Fakultät der Universität Bochum. Als Gast tritt örtert und aufgearbeitet ist. So entsteht der groteske Zustand, daß
hinzu M. Kehl (Frankfurt-St. Georgen) bzw. (der Herausgeber) sich heute andre Disziplinen eher verstärkt auf das Neue Testa-
^- Gerhards (Bonn). ment berufen, während aber die neutestamentliche Wissenschaft

Was ist die quaestio und wie wird sie disputiert? Es geht zu- selbst den längst fälligen Beitrag nicht recht leistet.
nächst um die heute mögliche und gebotene Eschatologie. Dabei G. B. Langemayer wählte das Thema »Himmel, Hölle, Fegend
demnach durchweg der Bezug der Eschatologie auf unsere feuer«. Er benutzt es aber vor allem dazu, um zu zeigen, daß
^''uation vorausgesetzt bzw. bedacht. Freilich ist »Eschatolo- eschatologische Aussagen der Dogmatik vor allem theozentrisch,
^Je« ein weites Feld. Eine solche Ringvorlesung kann jeweils nur christozentrisch und soteriologisch ausgerichtet sein müssen,
^auptünien entwickeln, dies aber je aus der Sicht der einzelnen Alle Einzelheiten müssen dem Zentralen zugeordnet werden,

'sziplinen. So war es die Chance dieses Werks, zu zeigen, wel- nämlich Gott, Christus und dem Heilswillen Gottes. Dem ist beiden
Beitrag zur Eschatologie heute die einzelnen Disziplinen zupflichten. Bei Langemayer wird diese richtige Einsicht aber
^er Theologie zu leisten vermögen. dazu übertrieben, daß die Hoffnung auf Gott, Christus und Heil

^- Schaejfle, zuständig für Philosophie, liefert auf wenigen Sei- die Einzeleschatologie (fast) ganz ersetzt. Darüber hinaus ver-

te<i über das Thema des Todes einen großen und tiefsinnigen Ent- weist der Autor auf die Gegenwart, auf heutige Erfahrungen,»in

*Urf. Dies seine Grundlinien: denen der Mensch heil wird« (wie Befreiung, Ermutigung, Trost,

1-So wie Gott sich sterbend hingibt, indem er der Welt Leben Versöhnung und Friede zwischen Menschen usw.) (87). Der

e"ihaucht, so ist auch die menschliche Seele dazu bestimmt, sich »Himmel« ist dazu die regulative Idee. Viel mehr erfährt man

an Gott und die Welt zu verschenken, also in sein Leben hinein zu über ihn nicht. Hölle und Fegefeuer sind ohnehin für heutige

^|erben. 2. Unter dem Gesichtspunkt der Freiheit zeigen das Theologen problematisch.

0rt und die Tat des Menschen, die beide teilhaben an dergöttli- Der Ethiker H. Kramer liefert mit seinem Beitrag »Rette deine

chen Unendlichkeit, den Menschen als weltüberlegen und tod- Seele - Hier in diesem Jammertal!« das schöne Beispiel einer
überlegen,

damit auch im Gegensatz zur Welt. 3. Es stellt sich Modetheologie von gestern. Auf die revolutionäre Idee, auch ein-

em Menschen die Aufgabe, sich zunächst über diese Körperwelt mal die eigenen Grundentscheidungen von damals kritisch zu be-

^ erheben, in Freiheit, dann aber sich nicht dualistisch von ihr fragen, verfällt er nicht. Was bleibt heute von der Aufbruchsideo-

ozuwenden, sondern »in diese bestehende Welt und in diesen logie der 68er Jahre? Man kann es hier deutlich haben,

^erblichen Leib zurückzukehren, um ihrer .Vergöttlichung' zu Erstens ergibt sich eine Vorwurfshaltung gegenüber der Tradi-

.j,lenen« (20). Gutes und Tiefes von hier aus auch zum Neuen tion: Sie befasse sich nur mit der Rettung der Seele, treibe ihr Ge-

estament. schäft mit der Angst, habe eine »Rettungsbootmentalität«; »von

Gewiß enthält dieser Vortrag Bedenkenswertes und Wahres. Lebenswegen in leiblicher Existenz und in dieser Welt (werde) ge-

er: zunächst fällt auf, daß Belege für diese Thesen fast ganz schwiegen«(97).

en'en. Sie sind Spekulation. Zweitens bleibt eine »Hoffnung«, die ihre Funktion darin hat,

in der Religionsgeschichte wird z. B. das (kreatürliche) die Gegenwart neu zu »qualifizieren«. Auch Jesus und dem N.T.

e°en verstanden als Sterben der Gottheit? Bildet wirklich Ja- wird eine entsprechende Sicht untergeschoben. Der Mensch

|fa'v ein allgemeines Todesverständnis den Hintergrund der bib- überhaupt ist »ein hoffendes Wesen, weil er unterwegs ist und

, Cnen Sicht? Konnte man damals überhaupt so gegenüberstel- weil er entwerfen muß: sich und seine Welt« (102). Hoffen glie-

n- Die anfangs angekündigte Anwendung auf die Gegenwart dert sich auf in Erwarten, Verlangen, Vertrauen und äußert sich

rd jedenfalls nicht mehr ausformuliert. vor allem anderen in Erweisen von Liebe.