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Ausgabe:

1992

Spalte:

118-119

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Stemberger, Günter

Titel/Untertitel:

Midrasch 1992

Rezensent:

Schreiner, Stefan

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Seite 1, Seite 2

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Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 2

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Aussagen über die Leviten und Kohanim sowie das Volk Israel priestly and thosecalled epic" durchaus nicht übersieht (XIX). In

(Num 15,37-41 < Ex 19,6; Lev 19,2) (XXXIX-XLII). summa: ein Kommentar, dem man weite Verbreitung und viele

Im letzten Teil der 'Introduction' (XLIIff) stellt der Vf. die aufmerksame Schüler wünscht,
wichtigsten Kommentatoren und Kommentare zu Num vor, die

ihm bei der Ausarbeitung seines Kommentars wichtig gewesen Berlin Stefan Schreiner
sind, wobei er gesteht: "My commentary is selective in citing

other interpretations [...] the reader will find that I draw heavily _:,

neglected" und mit Recht sogleich hinzufugt: "However, [...] lt ßeck ,90,9 242 S 8r Lw. DM 48,-.
wiH be demonstrated that they frequently anticipate the moderns

and at times even supersede them " (XLII). §ejt ejnjger Zeit schon ist zu beobachten, daß das Interesse an
Der eigentliche Kommentar (3-299) umfaßt den jeweils rechts dgr frühjüdisch-rabbinischen Literatur im deutschen Sprach-
oben auf der Seite abgedruckten masoretischen Text (nach BHS) raum auch unter Nkntfachleuten spürbar zugenommen hat.
mit daneben stehender Übersetzung (nach The Torah - the Five Handbücher, die in sachgerechter Weise gerade dem Nichtfach-
Books of Moses, Philadelphia: JPS 31990) und den über reine ge|ehrten Zugänge zu dieser Literatur eröffnen, sind seither Desi-
verstehenshilfen weit hinausgehenden Erläuterungen in Gestalt derata. Ejne Einführung in die talmudische Literatur hat der Vf.
von Fußnoten zur Übersetzung mit dazugehörigen Anmerkun- 19g2 mjt sejnem Buch „Der Talmud. Einführung -Texte - Erläugen
(300-331), die sich in Literaturhinweisen oder Zitatnachwei- terungen« (München: C.H. Beck) vorgelegt, das unterdessen
sen durchaus nicht erschöpfen. In den Fußnoten und Anmerkun- bereits ejne 2. Aufl. (1987) sowie einen Nachdruck (Zürich 1987)
gen findet der Leser alle notwendigen Informationen zu Personen eriet>t hat. Mit dem hier anzuzeigenden Buch nun hat er eine ent-
und Sachen, geschichtlichen Zusammenhängen und Lokalisie- sprechende Einführung in den Midrasch folgen lassen, also in
■"ungsfragen geographischer Orte, zu sprachlichen Problemen, jene Literatur) die _ wje im Untertitel zu lesen ist - „vom Um-
(religions-)gesetzlichen Sachverhalten und theologischen Aussa- gang der Rabbinen mit der Bibel" zeugt.

gen und Vorstellungen. Auf Einzelheiten dieser vom Umfang her [n Aniiegen und Aufbau folgt der Vf. den - bewährten - Grundsätzen
nur sehr knappen, inhaltlich gleichwohl höchst instruktiven seines Talmud-Buches. In Teil I informiert er zunächst über „Entstehung,
Kommentierung kann hier nicht eingegangen werden. Kenn- Wesen und und Entwicklung des Midrasch" (11-53). Auf eine Wiederzeichnend
für sie ist das Bemühen des Vf.s, gleichsam einen Dia- holung der im Talmud-Buch gegebenen Übersicht über die zeitgeschicht-
'°g mit seinen Vorgängern von den Auslegern in Talmud und liehen Verhältnisse sowie die exegetischen Regeln und Voraussetzungen
Midrasch über die Kommentatoren des Mittelalters und der be- der rabbinischen Schriftauslegung (dort 9-30.55-67) verzichtet er hier,
ginnenden Neuzeit bis zu den zeitgenössischen Exegeten, zu füh- Die Abhandlung hier beginnt mit einem Uberbick über die A^ange der
ren <-uic.iu:> 6 o jüdischen Schriftauslegung, von der innerbiblischen über die hellenistische
B ,,,, . (LXX, Philon, Josephus) und qumranische bis zur neutestamentlichen
trganzt wird der Kommentar durch 77 Exkurse (335-52U), in Bjbe|auslegung () ,_21), um sodann der Frage nachzugehen „Was ist
denen all jene Realien, historischen und theologischen Fragen Mjdrasch?" (21-26). Ohne sich auf eine eigentliche Definition einzulas-
etc- erörtert werden, deren sachgerechte Erörterung über das in sen begnügt sjch der Vf. mit einer Beschreibung einiger seiner Charakteren
Fußnoten zur Übersetzung vorgegebene Maß hinausging. In zuge die ,nn VOn anderen Formen der Schriftauslegung (z. B. Pescher, Tar-
der Summe bilden diese Exkurse geradezu einen eigenen Band gUm) unterscheiden. Dabei wiederholt Vf. hier nur - unter Weglassung des
Studien zu Numerk Auf Einzelheiten kann auch hier wiederum wissenschaftlichen Apparates -, was er dazu bereits in seiner „Einleitung
ni(*t eingegangen werden. Ihr Spektrum reicht von Struktur- in Talmud und Midrasch" (München 982), 222-228 geschrieben hat.
Und f, .. .... . A „1 „„„ , „ .,,1.,,,, k'iniii-l (7 R Auch die beiden folgenden Abschnitte über die „Bibellesung in der Syn-

"nd redaktionsgeschichtlichen Analysen einzelner Kapitel (z.B. 2?_3 nd5erüteAlickütodie_wichtigstenMidrasch-Werke-

; 11-,2: 31; 32; 36) über juristische und rel.gionsgesetz- jm wcsentlicnen eine Wiederholung resp. populäre Kurzfas-

'cne Sachfragen (z. B. in 5,1-4 und 11-31; 14,18-20; 15,32-36; sung dessen, was dazu in der e.e. „Einleitung in Talmud und Midrasch"

J5> 16-28; oder die A:arrt-Strafe; Bedeutung von herein; Asyl und berejts g£sagt M (s dort 228-230.233-307). Dem entsprechend teilt der

Asylstädte etc.) bis zu historischen Problemen im Zusammen- vf.auchhierdieMidrasch-Litcraturin: l)halakhischeMidraschim(33fT),

nang der Wüstenwanderung (z. B. 456ff.490f) und Seßhaftwer- 2) klassische Auslegungsmidraschim (38ff). 3) Predigtmidraschim (44fT)

dung im Lande (z.B. 480ff.494ff.5010- Besonderer Erwähnung und 4) nacherzählte Bibel (50fT).

Wert sind die Studien zum Priestersegen (360ff), zu den verschie- Die Fortsetzung dieser Abhandlung findet der Leser in Teil III (205-

denen Opfern (402ff [Reinigungsopfer] 425ff [tenüfah und terü- 230), der sich mit der „Wirkungsgeschichte" des Midrasch beschäftigt.

*nah Prctl 1 Ailrr-V. Ii Ai(.n Unmi^\ t„ Kultpesen^tän wiederum zunächst in Aufnahme der entsprechenden Paragraphen aus der

,u", trstlinge] 438ff [narah] 48611 [tamicl]), zu Kuitgegenstan- „u«,j„„inn nn Hpnnjhprprapiiprt

den .,„j , . . . . ,-,,-nrr x< 11W|„„ „ Einleitung in Talmud und Midrasch (dort 300-321), dann aber erweitert

°n und sakralen Institutionen (367f [zur Menorah] 373ff [zur ^ ^ ^ QeMte der mittela|terlichen und frühneuzeitli-

°undeslade] 386f (Zelt der Begegnung] 484ff [unm und chenBibelauslcgung(2o9-221),einenÜberblicküberdie„ModerneErfor-

Urnmini etc.), zum Wesen der Prophetie (3801T), zu Umkehr scnungdesMidrasch" im l9.und20.Jh.(222it)sowieeinigeHinweiseauf

und Vergebung (392ff.396ff), zu den Bileamgeschichten (468- Aufgaben heutiger Midrasch-Forschung und Überlegungen zum „Beitrag

'6). zur Bedeutung des „ Fremdlings" (398-402) und zur „ Sünde des Midrasch für den modernen Umgang mit der Bibel", die den Band ab-

des Mose" (448-456) um nur diese aus der beeindruckenden schließen (225ff).

Fülle zu nennen Den eigentlichen Hauptteil des Buches bildet indessen der

In allem ist der Vf um sachlich zuverlässige Information mittlere Teil II mit den „Ausgewählten Texten", die in Überset-

bemüht. Auf neue Thesen oder Hypothesen wird verzichtet, auf zung mit anschließendem Kurzkommentar geboten werden

Auseinandersetzung mit vorhandenen gleichwohl nicht, wie ins- Nach seinen eigenen Worten hat der Vf. mit seiner „Auswahl

Sondere die Anmerkungen zu den Exkursen belegen. Dabei be- kommentierter Midrasch-Ubersetzungen versucht, einen mog-

We'st der Vf nicht nur seine Vertrautheit mit der aktuellen Dis- liehst repräsentativen Querschnitt durch diese Literatur zu bie-

kussion innerhalb der alttestamentlichen Wissenschaft, sondern ten" (54). „Repräsentativ" heißt dabei, daß es dem Vf. ebenso

auch, daß an so manchen Stellen andere als die dort weithin ak- darauf ankam, „alle wichtigen Midraschim" zu berücksichtigen

ZcWierten Lösungen denkbar und möglich sind, und zwar nicht wie die in Übersetzung gebotenen Texte so zu bemessen, daß sie

alle'n deswegen weil er - erfreulicherweise - ohne die längst „einen hinreichenden Eindruck von jeder vorgestellten Schrift

^schöpfte Quellenscheidung auskommt, auch wenn er eine vermitteln und auch literarisch zumindest annähernd in sich ge-

c,ear distinetion in style and ideology between those texts called schlössen sind" und schließlich zu beachten, daß die in den Tex-