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Ausgabe:

1992

Spalte:

115-118

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Milgrom, Jacob

Titel/Untertitel:

Numbers 1992

Rezensent:

Schreiner, Stefan

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Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 2

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ratur, Qumran, Weisheitsliteratur, Philo, Josephus, die alten
Übersetzungen des AT (Targumim und Septuaginta), frühe rabbi-
nische Literatur.

Das kann naturgemäß nur jeweils einen kurzen Abriß bedeuten
. Hinweise auf die Begrenzung von Raum und Zeit - wahrhaft
einschlägig bei diesem Thema! - und auf Aporien der jeweiligen
Forschung leiten fast alle Kapitel des Buches ein. So oder so ähnlich
umfangreich gibt es das freilich sonst nicht; das Literaturverzeichnis
(221-275) ist bei Quellen, Hilfsmitteln und Sekundärliteratur
eine Fundgrube für den jeweils neuesten Stand.

Falsch ist wohl kaum etwas, neu aus den Quellen herausgearbeitet
aber auch nicht. Vage bleibt vor allem die aus dem AT heraus
gewonnene Fragestellung und dementsprechend der Versuch
einer Zusammenfassung dieses ersten Teils. Kaum erkennbar ist,
daß und auf welche Weise in den unterschiedlichen Traditionsströmungen
(einschließlich Paulus!) gearbeitet wird an dem, was
mit Dtn 29,28 zu fassen wäre: „ Was verborgen ist, ist des Herrn,
unseres Gottes; was aber offenbart ist, das gilt uns und unsern Kindern
ewiglich, daß wir tun sollen alle Worte dieses Gesetzes. "'

Der zweite Teil (129-220) ist unter verstärktem Hinweis auf
die Begrenzung durch Raum und Zeit Paulus gewidmet. B. gibt
aber auch hier kaum mehr als Paraphrasen der entsprechenden
Texte mit Notation von Passagen zumeist aus den Qumran-
Texten, die irgendwie vergleichbar sind. Offen bleibt dabei nicht
nur die Option für Echtheitsfragen, wobei B. Kol und 2Thess als
paulinisch nimmt, sich für Eph und Past aber (vorläufig) einem
größeren Konsensus beugt. Offen bleibt vor allem, was Paulus
meint, wenn er entsprechende griechische Wörter verwendet
und/oder auf Themen kommt, die von der Tradition her mit Offenbarung
verbunden sind.

Dem Buch liegt vielleicht eine mir nicht nachvollziehbare Systematik
zugrunde; es fehlt jedoch jegliche methodische Verifikation
einer solchen begriffsgeschichtlichen Untersuchung. Wo andere
den Linguistiken zu viel vertrauen, geschieht hier zu wenig.
Und auch in religionsgeschichtlicher Hinsicht kann das Buch
nicht überzeugen. Zwar sollen jüdische und frühchristliche Texte
mit Recht jeweils aus sich selbst erklärt werden. Doch führt das
zu einer grundsätzlichen Trennung in die beiden Teile des Buches
, die am Ende eingefangen wird in nur sehr formalen Behauptungen
von Strukturgleichheiten, daß nämlich jeweils die drei
Dimensionen von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft eine
Rolle spielen, bei Paulus jedoch christozentrisch neu definiert
werden.

Ich hätte mich gefreut, wenn 25 Jahre nachdem ich selbst mich
mit diesem Thema herumgeschlagen habe2, die seitdem gebliebenen
und inzwischen dazu gekommenen Fragen neu aufgenommen
worden wären und eine exegetisch wie theologisch diskutable
Darstellung gefunden hätten. Dieses Buch aber finde ich in
dieser Hinsicht leider enttäuschend.

Marburg/Lahn Dieter Lührmann

1 Fairerweise sei angemerkt, daß ich auf diesen Vers erst durch B.s Buch
(14 u.ö.) aufmerksam geworden bin.

2 D. Lührmann, Das Offenbarungsverständnis bei Paulus und in pauli-
nischen Gemeinden, WMANT 16, 1965. Nach Ausweis des Autorenregisters
ist dies das meist genannte Buch: vgl. auch 222 B.s grundsätzlich Charakterisierung
.

Milgrom, Jacob; Numbers (Be-midbar). The Traditional Hebrew
Text with the New JPS Translation. Commentary. Philadelphia
, NY: The Jewish Publication Society 1990. LXI m. 1 Abb.
u. 5 Ktn, 520 S. 4° = The JPS Torah Commentary, 4.

Mit ihrem JPS Torah Commentary, dessen vierter Band hier
anzuzeigen ist, haben Hgg. und Mitarbeiterein Kommentarwerk

zur Tora geschaffen, das in Anlage, Aufbau und Ausführung dem
Vorbild traditioneller jüdischer Bibelkommentare folgt, vergleichbar
etwa J. H. Hertz' Pentateuch und Haftaroth - Hebräischer
Text und deutsche Übersetzung mit Kommentar (5 Bde.,
Berlin 1937-1938, Neudruck Zürich 1984). Auch der vorliegende
Kommentarband macht darin keine Ausnahme. Doch ist
er deswegen kein „traditioneller Kommentar". Er ist vielmehr
ein Werk, von dem der durch seine zahlreichen bibelwissenschaftlichen
Studien und Kommentare seit langem als sorgfältiger
Exeget und profunder Kenner der biblischen (Religions)-
Geschichte und Literatur und ihrer Probleme ausgewiesene
Autor sagt: "This commentary aims to be critical, unapologetic,
and objective." (XIII). Und der Leser bestätigt ihn darin nach
beendetem Studium des Werkes.

Ausgangspunkt aller exegetischen Bemühungen ist der Text in
seiner vorfindlichen Gestalt, d.h. in der Gestalt, in der wir ihn
dank der masoretischen Überlieferung im biblischen Kanon eingebettet
haben. Zielpunkt der exegetischen Bemühungen ist
dementsprechend das Verstehen des Textes in den Intentionen
seiner Endredaktion.

Die üblicherweise am Beginn eines jeden Kommentars diskutierten
sog. Einleitungsfragen behandelt auch der Vf. in der 'In-
troduction' (XI-XLI). Wenn auch dem eben genannten Ausgangs
- und Zielpunkt des Kommentars zufolge die mögliche
Entstehung(sgeschichte) des Textes und die damit im Zusammenhang
stehenden Probleme den Vf. weniger beschäftigen, so
werden sie dennoch nicht übergangen. Den breitesten Raum indessen
nimmt die Analyse von Aufbau und Struktur des Textes
insgesamt sowie der literarischen Formen (Chiasmus und Introversion
, "parallel panels" [= parallel gebaute Texte, z.B.
20,14-21.22-29; 21,1-3 II 21,21-31. 32.33-35], Inclusio und
Subskripte, Prolepsen und Zusammenfassungen) und sprachlichen
Gestalt der »units« ein, aus denen er zusammengesetzt ist
(XXII-XXXI). Dazu gehören auch Fragen nach der Zuordnung
von prosaischen und poetischen Texten zueinander, nach dem
»auffallenden Wechsel von gesetzlichen und erzählenden Teilen
« (XV), nach den literarischen Bindungen besonders zu Ex
(z.B. Num20,2-23 < Ex 17,1-7; Num 11,4-9. 31-34 < Ex 16,1-
15; Num20,13 < Ex 17,7; Num 10,33 < Ex 15,22; Num 1,46 < Ex
30,12-16; 38, 26 etc.).

Nicht ausgeblendet wird das Problem der »discrete sources«,
die "have been fused into the literary units that comprise Numbers
" (XVII). Wenn der Vf. auch die Quellenscheidungs(hypo-
thesen) durchaus wohl vertraut sind, so versteht er unter seinen
"discrete sources" indessen nicht die üblichen „Pentateuchquel-
len". Vielmehr unterscheidet er "composites" (= Ineinander von
zwei oder mehr Erzählfäden, z.B. von 11,4-9.13.19-23.31-34
und 11,10-12.14-18.24-30), "inserts" (= Unterbrechung einer
Erzählung durch Einfügung von neuem Textmaterial, z.B.
21.27-30; 22,22-35; 31, 13-20[21-23]24) und "borrowings" ("
Lehntexte aus anderen „Quellen", z.B. Num23f; 6,24-26 <
Lev9,23; 10,35f; 21,14f, oder aus benachbarten Büchern, z.B.
Num 3,1.5.-13 < Ex 32,26-29; Num 28f < Lev 23; Num 21,33-35 <
Dt 3,1-2 etc.) (XXI).

Besondere Aufmerksamkeit erfahren das charakteristische Vokabular
des »priesterlichen Materials« und die darin genannten
religionsgesetzlichen Institutionen, die Polemiken und Realien,
die für den Vf. in Anknüpfung an Y. Kaufmann und A. Hurwitz
wichtige Anhaltspunkte zur mindestens teilweisen Frühdatierung
von Num bilden: "In sum, we have twenty-six strong rea-
sons and twenty-three supporti ve ones for affirming the antiquity
[= earliest period of (or prior to) Israel's national existence] of the
priestly material in the Book of Numbers" (XXXV). Bestätig'
sieht der Vf. diese Frühdatierung in den theologischen Grundaussagen
(XXXVII-XXXIX) ebenso wie in den Vorstellungen
vom prophetischen und priesterlichen Wirken des Mose, in den