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Ausgabe:

1992

Spalte:

110-111

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Ljung, Inger

Titel/Untertitel:

Silence or suppression 1992

Rezensent:

Begrich, Gerhard

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Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 2

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Ein störender Druckfehler hat sich in die Überschrift S. 89 ein- aber ist es darum berechtigt, das Chronikbuch nur als Rethorik
geschlichen: statt " Gentie " sollte es " Gentile " (King) heißen. zu betrachten?

Hamburg Klaus Koch Dangovpils J. Weinberg

Duke, Rodney K.: The Persuasive Appeal of the Chronicler. A Ljung, Inger: Silence or Suppression. Attitudes towards woraen

Rhetorical Analysis. Sheffield: Almond Press 1990. 192S. 8°= in the Old Testament. Stockholm: Almquist & Wiksell Int.

Journal for the Study of the Old Testament, Suppl. Series 88. 1989. 159S. 8° = Acta Universitatis Upsaliensis. Uppsala Wo-

Bible and Literature Series, 25. Lw. £ 22,50. men's Studies. Women in Religion, 2. SEK 113,-.

Es ist sehr schwierig, einen neuen Forschungsbereich einzulei- "Jephtha is praised; his daughter forgotten." Dieser Satz

ten; aber es ist zuweilen noch schwieriger, in einem alten For- stammt von Phyllis Trible, A Meditation in Morning. The Sacri-

schungsbereich etwas neues zu sagen, besonders wenn es um Bib- fice of the Daughter of Jephtha, 1981, p. 67, und wird von Inger

'istik geht. Darum muß der Versuch R.K. Duke's, das Chronik- Ljung, p. 111, Anm.6, zustimmend zitiert. Dieser Satz ist das

buch von neuer, nicht üblicher Sicht aus zu betrachten, begrüßt Ergebnis einer Untersuchung der Jefta-Tradition in der Bibel und

werden. zugleich Signal und Tendenz im Umgang mit „weiblichen Tex-

Zwei Thesen liegen der Forschung R. K. Duke's zugrunde: Die ten" in der biblischen Überlieferung: die Geschichten von

erste lautet, daß "... every historical narrative, including the Frauen werden zunehmend vergessen.

books of Chronicles, functions rhetorically and can be examined Das heißt: die Früheren berichten mehr und ausführlicher von

ln terms of its persuasive artistry" (33), während entsprechend Frauen innerhalb der Heilsgeschichte als die Späteren,

der zweiten die Erkenntnisse Aristoteles' über Wesen, Struktur Eine Tendenz theologischer und ideologischer Welt- und Ge-

und Funktion der Rhetorik eine allgemeine Gültigkeit haben und schichtssicht, die man vom Pentateuch über das deuteronomisti-

auch auf das Chronikbuch bezogen werden können (37-46). sehe Geschichtswerk bis zum Werk des Chronisten verfolgen

Diesen Thesen entspricht der Aufbau des Buches, das aus 6 kann, was nach Beobachtungen von Inger Ljung sowohl theolo-

Kapiteln besteht. Das erste Kapitel ("Introduction", 2-46) ent- gisch und religionsgeschichtlich als auch von sozialen und politi-

hält eine kurze, sachliche Übersicht der Chronikforschung, um sehen Strukturen her begründet werden kann,

hierdurch das Spezifikum und die Aufgaben der bevorstehenden Für die Jefta-Überlieferung heißt das z. B. konkret: Jdc 11,29ff

Forschung zu bestimmen. Im zweiten Kapitel ("Purpose, Struc- berichtet von dem tragischen Versprechen Jeftas, der Reaktion

ture and Type of Rhetoric" 47-77) wird die Zielsetzung des seiner Tochter und dem Brauch der Töchter Israels, die Tochter

Chronisten untersucht und gefolgert, daß "... a major intention Jeftas alljährlich zu beweinen. In lSam 12, 11 wird Jefta neben

°f the Chronicles was to persuade his audience by the example of Jerubbaal, Barak und Samuel als Befreier aufgezählt, was auch in

IsraePs (Judah's) history that they should seek Yahweh and Sir46, llf das „Richterbild" bestimmt, was der Hebräerbrief

uPhold the proper temple cultus in order to reeeive Messing" aufnimmt und weiterhin glorifiziert: „durch den Glauben haben

^'); dem folgt eine Analyse des Aufbaus des Chronikbuches, die sie Königreiche bezwungen." Kein Wort mehr von der Tochter:

*Ur Schlußfolgerung führt, daß IChr 10 - 2Chr9 das Kernstück männliche Theologen treiben männliche Theologie. Hier wäre

des Werkes ist, weil „David and Solomon as the paradigma for auch schon Josephus, ant. V, 7,10, zu nennen, der von derToch-

seeking Yahwe" zu betrachten sind (54), während IChr 1-9 eine ter immerhin noch berichtet, aber deren Eile, dem Vater entge-

tlnführung ist, aber 2Chr 10-36 eine Illustration - Bestätigung genzugehen (im Sinne weiblicher Neugier), für solcherart Erfül-

^er Paradigmata darbietet. Im dritten Kapitel ("Logos: The Ra- lung des Gelöbnisses verantwortlich macht, was doch eine arge

t'onal Mode of Persuasion", 81-104) werden die Formen und Entwicklung ist.

^rten der Anwendung im Chronikbuch der Kategorien der ari- Es tat also not, vergessene Geschichten von Frauen, "the

st°telischen Rhetorik - der Enthymeme und des Beispiels - be- Woman Bible", wieder zu entdecken und vom theologischen und

dachtet. Das vierte Kapitel (" Ethos: The Ethical Mode of Per- geschichtlichen Schleier männlicher Weltsicht zu befreien. Darin

Suasion", 105-138) untersucht solche für die Chronikforschung ist m.E. der Vfn. recht zu geben.

akuten Probleme wie Tradition und Eigengut, die Benutzung der Über Wege, Methoden und Beobachtungen kann man dabei

'rekten Rede u.a. Im fünften Kapitel ("Pathos: The Emotional streiten, nicht aber über die generelle Sicht der Frau als „der an-

^ode of Persuasion", 139-147) werden solche Text-Komponen- deren", d.h. Frauen werden immer in der Sicht von Männern,

ten wie Motiv, Topos u. a. analysiert, während im sechsten Kapi- „den einen" gesehen, weswegen sie auch in ihrer Beziehung zum

'e'("Conclusions", 149-154) die Schlußfolgerung gezogen wird: Mann, zu den Kindern, zur Familie definiert werden. Eine Frau

^'th skill and artistry the Chronicler retold the story of Israel in ist immer eine Frau von, nicht „einfach" eine Frau; d.h. eine

Such a way as to set forth a worldview and an ideology for action Frau wird immer durch ihre Beziehungen definiert, was die Stel-

w,thin that world ... the Books of Chronicles exemplify artistic lung der Frau ebenso beeinträchtigt wie „ihr Bild" festgelegt

Persuasion"(151). wird.

Die Forschung R. K. Duke's ist ein originaler und anregender Im Zuge deuteronomistischer Geschichtsbetrachtung, der es

eitrag in der Chronikforschung. Besonders interessant und rele- theologisch um den reinen Kult (pure cult), und chronistischer

^nt ist die Bemühung, das Chronikbuch im Kontext „Autor - Theologie, der es um das „reine Volk" (pure people) geht, erhält

erk - Auditorium" zu untersuchen. Aber es genügt nicht, ein das Bild der Frau immer negativere Züge, was sich auch an der

'■ed der Triade - das Werk - zu untersuchen, es muß auch ver- Stellung zur „fremden Frau" und zu den „FremdVölkern" im

^Ucht werden, den Autor und besonders den Bestand, die Menta- Lande zeigt, cf Dt7, Esr9.

1 at usw. des Auditoriums zu bestimmen. R.K. Duke's For- Was für die Geschichte gilt, gilt auch für die Religion: das

^chung enthält auch andere Aufmerksamkeit verdienende „weibliche Element" wird immer mehr zurückgedrängt und

Pachtungen, aber manches ruft Zweifel hervor: Eine jegliche schließlich ganz zum Schweigen gebracht. Extrem sichtbar wird

°rnmunikation will und muß überzeugen, aber daraus folgt dies an der Rede von der Schöpfung in Mesopotamien, so p. 109,

n,cht, daß eine jede Kommunikation Rhetorik ist; die Ge- Anm. 44, wo sich folgende Reihe der Entwicklung findet: "a) the

n'chtsschreibungen wollen, müssen und können überzeugen, world ist born of a godess without consort; b) the world is born of