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Ausgabe:

1992

Spalte:

73-74

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Titel/Untertitel:

Zur Frage der Bischofsernennungen in der römisch-katholischen Kirche 1992

Rezensent:

Stein, Albert

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 1

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racelsus". In seinen Gedankenführungen bleibt Paracelsus dem
reformatorischen Grundsatz „allein die Schrift" treu. Dabei bezieht
er sich ausführlich auf das 24. Kapitel des Buches Jesus Sirach
, das in der Vulgata steht. Gerade in der Bevorzugung dieses
Kapitels beweist der Hohenheimer seine Eigenständigkeit als
Laientheologe gegenüber den professionellen, denn weder Evangelische
noch Altgläubige bezogen sich in mariologischen Fragen
darauf. Ein ausführlicher Exkurs „Alttestamentliche Weisheits-
'exte in mariologischer Deutung" trägt den aktuellen Forschungsstand
in anregenden Hinweisen vor. Die Neigung Hohenheims
zum 24. Kapitel des Sirachbuches erklärt sich nach B.
daher, daß sie gut zu seiner „mythisch-kosmisch gefärbten Auffassung
paßte... Er ist überzeugt, daß die,die Weisheit der ewigen
gottheit hie von Maria geht'" (246).

Früh schon (1524) hatte Paracelsus bereits die eigentümliche
Auffassung entwickelt, daß „ Maria nicht von der natur sei"; sie
"gehört in die gottheit". Als himmlische Leib - Seele - Geist -
Einheit wurde sie in Anna, ihrer Mutter, eingegossen. Maria gilt
dem ärztlichen Laientheologen als „creatur von dem heiligen
geist", vor Himmel und Erde geschaffen. Er kann sogar Maria als
"gottin" sehen, ihrem Gott eingeordnet: „Diese person der
rauen gottes hat keinen gewalt, kein regiment in der gottheit
"ach irer person zurechnen, dann sie bleibt eine frau in der person
, und ihr bleibt fraulicher gewalt. aber in der gottheit ist sie
v°'komben und gott dem vater gleichförmig" (207).

Aufschlußreich ist der oftmalige Bezug auf die Heilkunde als
eispiel für theologische Argumentation. Bei der Anrufung der
J»eiligen und Marias geht es doch um den menschlichen Leib, um
^esundwerden, Labung und Speisung. So wie der Arzt in der

ar|kheit gerufen wird, dürften auch Maria und die Heiligen ge-
rufen werden.

Von seinem medizinisch-naturphilosophischen Denken her
w'rd auch die eigentümliche Lehre des Paracelsus von der himm-

scnen Leiblichkeit der Maria bestimmt worden sein. B. disku-
tlert einleuchtend eine Chronolgie der paracelsischen Mariologie
Ur|d deutet eine Entwicklung dieser eigenständigen mariologi-
Schcn Auffassung bis ins Spätwerk hinein an. In der Lehre vom
-himmlischen fleisch" der Maria und schließlich Christi liegt die
" nverwechselbarkeit" des ärztlichen Laientheologen. „Er ist

avon überzeugt, daß es neben der irdisch-sterblichen eine

'mmlisch-ewige Leiblichkeit gibt, in der ,Blut und Fleisch' und
j; eist' eins sind. Stets geht es ihm darum, ,die himmlische Leib-

enkeit! Christi zu sichern" (250). Deshalb beschreibt er Maria

s Mutter des neuen ewigen Leibes der Christen. „Hohenheim
Versucht, ausgehend von seinen naturphilosophischen Auffas-
^"ngen, ihre Eigenart zu bestimmen (wobei ihn das Rätsel ihrer

0rPerlichkeit in besonderer Weise fesselt) und strebt danach,
So*ohI zwischen den kosmologisch-naturkundlichen wie theolo-
^ls5f)en Theorien Übereinstimmung herzustellen" (262).
„.. Arbeit lockt durch die Darstellung der überlegenen Eigenhändigkeit
des theologischen Denkens des Paracelsus bei aller
es'ndung an biblische Aussagen zu weiteren Entdeckungen. Wenn
ein Resultat der Untersuchungen ist: „ In einer kosmogonisch-
o'ogischen Dimension gesehen war Maria seit Anbeginn der
fer'ten dem Schöpfungsplan der Welt eingefügt. Aus dem Schöp-
selbst abgespalten, war sie der notwendige, mütterlich-milde
genpol des gestrengen Vatergottes" (263), dann wird eine
rjnrra iicognita der Reformationszeit beschrieben. Der Verfasse¬
's* für sorgfältige Erschließung von Wegen darin zu danken.

Cismar Michael Bcumcrs

^r?snake, Gisbert [Hg.]: Zur Frage der Bischofsernennungen in
der römisch-katholischen Kirche. München-Zürich: Schnell &
ferner 1991. 164 S. 8 - Schriftenreihe der Kath. Akademie
Qer Erzdiözese Freiburg. Kart. DM 21,-.

Nach Holland, Frankreich und Südamerika haben in den letzten
Jahren auch die deutschsprachigen Diözesen der römischkatholischen
Kirche Schwierigkeiten mit römischen Bischofsernennungen
; die Einführung des Hg.s dieses Bändchens macht
bestürzende Einzelfälle wieder bewußt (8-13). Im November
1989 befaßte sich die Katholische Akademie Freiburg auf hohem
Niveau mit den Problemen; das anzuzeigende Bändchen dokumentiert
die gehaltenen Referate.

Richard Potz, Wiener Kirchenrechtler, referiert über die Stationen
auf dem Wege zum gegenwärtigen Zustand (17-50) - „ Regelungen
, die die Aufgabe hatten, die Freiheit der kirchlichen
Selbstbestimmung vor staatlichen Eingriffen im Bereich der Ämterbesetzung
zu schützen, werden nun undifferenziert auf die Abwehr
der Partizipation des Volkes Gottes übertragen. Damit wird
aber die zentrale Aufgabe auch des Kirchenrechts verkehrt
(49) Alexander Hollerbachs Studie über „Staat und Bischofsamt
" (51-84) analysiert am Ende seines Rundblicks den „sog.
Kölner Investiturstreit" um die Transferierung Kardinal Meise-
ners von Berlin nach Köln; er kann jedenfalls als Staatskirchenrechtler
Genugtuung dafür empfinden, daß in der Verfahrensfrage
das „Konkordatäre System" einen Sieg davongetragen hat,
insofern die Intervention der Ministerpräsidenten zu einer Überprüfung
der Verfahrensfrage im Hl. Stuhl geführt hat (76). Har-
ding Meyer schildert das kirchenleitendc, insbesondere das
Bischofsamt im evangelisch/lutherisch-römischen Dialog (85-
103). Gisbert Greshakes Beitrag über „Bischofsernennungen im
Lichte einer Theologie des kirchenleitenden Amtes und einer
Communio-Ekklesiologie" (104-139) sieht das Wesen des Papstamtes
im Dienst am Miteinander der vielen Ortskirchen an der
weltweiten Communio ecclesiarum" (118). Der schweizerische
Kanonist und Bischof von Lugano, Eugenio Correco, behandelt
„Amt und Charisma in der Verfassung der Kirche" (140-162);
für seine These, „das Binom Charisma-Amt ist unterschieden,
aber nicht trennbar vom Binom Charisma-Allgemeines Priestcr-
tum" - (161), hätte man sich Folgerungen auf das besondere
Thema der Akademietagung und der Veröffentlichung darüber
gewünscht.

Brühl Albert Stein

Jenkins. Arthur Hilary: John Henry Newman and Modernism.
Sigmaringendorf: Glock u. Lutz (Regio) 1990. 190 S. 8 - Internationale
Cardinal-Ncwman-Studien, 14. Lw. DM 60,-

In diesem Band sind die Referate der 10. Internationalen New-
man-Konferenz 1983 in Birmingham, alle in englischer Sprache,
veröffentlicht.

Zeitlich gesehen war Newman kein „Modernist". Er starb
mehr als zehn Jahre vor dem Beginn der Kontroverse, die im eigentlichen
Konfliktjahr 1907 zu kirchenamtlichen Verurteilungen
, besonders des Franzosen Alfred Loisy, des Irländers George
Tyrell, aber auch anderer führte.

Doch einige der Zensurierten beriefen sich auf ihn und wollten
in der Verurteilung ihrer Gedankengänge und Schriften auch die
Verurteilung seiner Ideen, vor allem der über die Entwicklung der
christlichen Lehre, über den Glaubensakt mit seiner Betonung
der inneren Momente, über die Bedeutung der Laien für die
kirchliche Wahrheitsfindung, und seine Kritik am mangelnden
Freiraum für theologische Forschung innerhalb der katholischen
Kirche seiner Zeit finden.

Andererseits gibt es Erklärungen kirchlicher Autoritäten, die
den 1879, elf Jahre vor seinem Tod, durch Leo XIII. zum Kardinal
der Römisch-Katholischen Kirche Erhobenen ausdrücklich
vom Vorwurf des Modernismus ausnehmen.

Es gibt die - hypnotische - Frage, wie Newman sich verhalten
hätte, wäre die antimodernistische Kontroverse schon zu seinen