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Ausgabe:

1992

Spalte:

920-921

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Winkelmann, Friedhelm

Titel/Untertitel:

Die Textbezeugung der Vita Constantini des Eusebius von Caesarea 1992

Rezensent:

Haendler, Gert

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Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 12

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lysen. Die Verteilungsdichte der joh. Stilmerkmale spricht
deutlich gegen die These einer ,Semeia-Quelle' und eines vorjoh.
Passionsberichtes. „Die Annahme drängt sich auf, daß SQ von
dergleichen Hand stammt wie das ganze Ev. und das Umfeld von
SQ.... PB ist durch unsere A- wie auch B-Merkmale ebenso stark
geprägt wie sein Umfeld und das Ev als Ganzes" (241). In einem
abschließenden Kapitel werden die Ergebnisse zusammengefaßt,
die gleichmäßige Verteilung der A-, B- und C-Merkmale in allen
Texteinheiten des Evangeliums führt zu dem Schluß: „DieTatsache
ist kaum zufällig und darf mit Recht wenigstens als Hinweis
auf die literarische Einheitlichkeit des Joh gewertet werden"
(253).

Der Wert dieser für die weitere Johannesforschung grundlegenden
Studie liegt zweifellos in den methodisch durchdachten
Stilanalysen. Sie weisen nach, daß sich zumindest sprachlich
.Quellen' oder .Bearbeitungsschichten' im JoEv nicht herauslösen
lassen. Das Ergebnis hätte noch mehr überzeugt, wenn die
Autoren sprachliche und inhaltliche Argumente miteinander
verbunden hätten. Allein auf sprachlicher Ebene lassen sich die
komplexen Probleme des JoEv nicht lösen.

Halle Udo Schnelle

Kirchengeschichte: Alte Kirche

Torisu, Yoshifumi: Gott und Welt. Eine Untersuchung zur Got-
teslchre des Irenäus von Lyon. Nettetal: Steyler 1991. 268 S.
gr.8 =Studia Instituti Missiologici Societatis Verbi Divini, 52.
Kart. DM 54,80.

Die vorliegende Arbeit, von der Katholisch-Theologischen Fakultät
Wien als Dissertation angenommen, zeichnet den ersten
großen Entwurf einer christlichen Theologie nach, wie Irenäus
ihn der Gnosis gegenübergestellt hat: das Bild und die Rede von
Gott, der als Vater, Sohn und Geist seine Schöpfung umfaßt,
keine abstrakte Gotteslehre, sondern die Darstellung der heilsgeschichtlichen
„Ökonomie" Gottes für die Menschen. In klaren
Gliederungsschritten führt Vf. an die Gestalt und das Werk des
Lyoner Bischofs heran (I), beschreibt in einem ersten großen inhaltlichen
Schwerpunkt die Gnosis (2) und auf wenigen Seiten
den Grundeinspruch des Irenäus (3), um dann in einem zweiten
umfangreichen Hauptteil die „ökonomisch-trinitarische Theologie
des Irenäus" vorzustellen (4). Methodisch verzichtet Vf. darauf
, adversus haereses quellenkritisch zu analysieren. Er nimmt
das Werk als Ganzes, das gerade in seiner synthetischen Einheit
die irenäische Denkform zeigt. Überflüssig und falsch ist dann
freilich die gönnerhaft-überlegene Bemerkung, Irenäus sei ein
„schwerfälliger Schriftsteller", der die von ihm herangezogenen
Stoffe nicht recht beherrscht habe (18). Sie verkennt die überlegte
Anlage des Ganzen nach den Leitgedanken des Autors ebenso
wie die kunstvolle Komposition vieler kleiner Sequenzen. Vf.
legt die heute verbindliche Edition des Textes von adversus haereses
in den Sources Chretiennes zugrunde, ist allerdings für die
deutsche Übersetzung auf eine Vorlage angewiesen, die freilich
präzise, sprachlich aber doch veraltete Übersetzung von H. Hayd
aus dem letzten Jahrhundert (BKV1). -

Der Teil über die Gnosis ist sachkundig und detailliert gearbeitet
. Vf. zieht die neue Gnosisforschung heran und zeigt mit
Recht, daß Irenäus die Gnosis seiner Zeit klar erfaßt und sachgerecht
beurteilt hat. Der Einspruch des christlichen Theologen
muß sich dann entscheidend gegen den Dualismus im Gottesbild
, gegen die dualistische Trennung von gutem Gott und Geschöpf
und gegen ein Erlösungsverständnis im Sinne einer Selbsterlösung
durch Erkenntnis wenden. Wie sieht die christliche Alternative
aus? Der Vf. entwickelt die irenäische Theologie in
ihren Grundzügen. Zunächst gibt er eine positive Grundbestimmung
des Verhältnisses von Schöpfer und Geschöpf. Hier sitzt er
allerdings mit seiner Bemerkung über die Seele (1510 einem modischen
Fehlurteil auf, das Irenäus vor einem vermeintlichen
Piatonismus in Schutz nehmen will. Die evidente irenäische Anschauung
über die natürliche, von Gott gewährte Unsterblichkeit
der Seele hat - vom Vf. nicht berücksichtigt - A. Rousseau
(Nouv. rev. theol. 109, 1977, 834-864) herausgestellt. Die umfassende
Heilsökonomie wird in drei großen Schritten entwickelt. 1.
Rekapitulation: Der Sohn Gottes nimmt alles in sich auf, stellt
die Schöpfung wieder her und führt sie zugleich über sich hinaus,
bis er sein Werk bei der Wiederkunft endgültig zum Abschluß
bringt. Mit einem gewissen Recht unterscheidet Vf. eine doppelte
Bedeutung des Rekapitulationsbegriffs, sofern sie einmal durch
die Menschwerdung erfüllt ist, dann aber doch bei der Wiederkunft
vollendet wird (158). Die innere Zusammengehörigkeit
darf freilich nicht durch eine schematische Trennung abgeschwächt
werden, wie denn auch nicht zu übersehen ist, daß mit
Christus bereits eine qualitativ andere Zeit (novissima tempora)
angebrochen ist (vgl. 164). Erfreulich klar ist der Einspruch des
Vf.s gegen Adolf von Harnacks Urteil, Rekapitulation bedeute
die Wiederherstellung eines göttlichen Urzustandes und stehe im
Widerspruch zum Entwicklungsgedanken (167). 2. Umfassende
Schöpfung: Vf. beschreibt den Prozeß der Erschaffung des Menschen
nach dem Bild und Gleichnis Gottes die Zeiten hindurch.
Mit den säuberlich differenzierenden, unterscheidenden und zugleich
die Zuordnung beachtenden Erklärungen zu imago und
similitudo wird er dem irenäischen Denkansatz gerecht. 3. Heilspädagogik
: Gott hält im Prozeß einer fürsorglichen Paideia den
Menschen vom Anfang bis zum Ende in seinen Händen, dem
Sohn und dem Heiligen Geist, und gewöhnt ihn mehr und mehr
an die Gemeinschaft mit ihm. Vf. zitiert den Text von Gottes väterlicher
und mütterlicher Sorge (IV 38,1), übersieht dann aber,
daß Irenäus im Text von II 24,1 das Mutbild ganz eindeutig auf
die Kirche bezieht (204). Unklar bleibt, daß für Irenäus der Sohn
im AT unsichtbar bleibt (214, 221). - Die vorliegende Arbeit
kann als eine hilfreiche, sachkundige Einführung in das Werk des
Lyoner Bischofs und Theologen gelten. Vf. hat sich auf dem komplizierten
Feld der Irenäusforschung bewundernswert gut orientiert
, ohne sich den Blick für das Wesentliche verstellen zu lassen.
In großem Umfang hat er die entsprechende Literatur herangezogen
, ohne übertriebenen Respekt vor theologischen Urteilen und
Vorurteilen. So liest man die Arbeit mit großem Gewinn und
übersieht gern manche sprachliche Unbeholfenheit. Das Fehlen
eines Registers kann aber nur als ausgesprochen ärgerlich angesehen
werden. - In einer Zeit, in der die Rede von Gott auf dem
Spiel steht, gewinnt eine von Irenäus initiierte christliche Theologie
, die Gott und den Menschen in Gottes guter Schöpfung verbindet
, neue Aktualität.

Hamburg Hans-Jochen Jaschke

Winkelmann, Friedhelm [Hg.]: Eusebius Werke. 1. Bd., 1. Teil:
Über das Leben des Kaisers Konstantin. 2., durchges. Aufl.
Berlin: Akademie Verlag 1991. LXX, 270 S. gr.8" = Die Griechischen
Christlichen Schriftsteller der ersten Jahrhunderte.

Der Berliner Patristiker hat sich häufig mit der Vita Constan-
tini beschäftigt: 1962 erschien seine Arbeit „Die Textbezeugung
der Vita Constantini des Euseb von Caesarea" (TU 84), 1964 hat
ersieh mit einer Arbeit über diese Quelle habilitiert, 1975 legteer
eine neue Textedition vor, die den von Ivar Heikel erarbeiteten