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Ausgabe:

1992

Spalte:

878-879

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Thümmel, Hans Georg

Titel/Untertitel:

Bilderlehre und Bilderstreit 1992

Rezensent:

Onasch, Konrad

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Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 11

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und seine Konfessionskunde der griechisch-orthodoxen Kirche
von 1621" behandelt einen frühen Ansatz protestantischer Ostkirchenforschung
. - Mit der Vorgeschichte der litauischen Bibelübersetzung
befaßt sich der vom Vf. als eine Art „Werkstattbericht
" zu einer geplanten Monographie bezeichnete Aufsatz von
Friedemann Kluge über Johannes Bretke( 1536-1560): „Bretke,
Wittenberg und Oberdeutschland. Zu einigen Dunkelstellen im
Leben des ersten litauischen Bibelübersetzers". - Seine liturgiegeschichtlichen
Studien setzt I. Trotzke mit dem Beitrag „Der Altargesang
in der Russisch-Orthodoxen Kirche" fort. - Dem folgt
der Beitrag zur neueren Geschichte der altgläubigen Hierarchie
von Belaja Krinica von David Scheffel (Canada): „Der altgläubige
Bischof Michael Kanadskij [1874-1916] und sein Bistum".

Dem traditionellen II. Teil des Jahrbuchs, der Chronik, wird
angesichts der weitreichenden aktuellen Entwicklungen diesmal
ein breiterer Rahmen eingeräumt. B. Lieberg berichtet „Aus dem
Leben der Evangelisch-Lutherischen Kirche Estlands", H.-J.
Karp „Aus der Römisch-Katholischen Kirche Polens", H.-W.
Rautenberg „Aus dem polnischen Protestantismus" und W. An-
dräs „Aus dem ungarischen Katholizismus". Besonders ausführlich
ist P. Hauptmanns Bericht „Aus der Russisch-Orthodoxen
Kirche" mit den gesonderten Abschnitten: Zur Gesamtlage, Die
Vierhundertjahrfeier des Moskauer Patriarchats von 1989, Der
Patriarchenwechsel (mit einer Charakterisierung des 1990 verstorbenen
Patriarchen Pimen und seines Nachfolgers Aleksij IL).
Die Ablösung im Vorsitz des Rates für Religionsangelegenheitcn,
Die Ausarbeitung eines neuen Religionsgesetzes, Die Wiedereröffnung
zusätzlicher Gotteshäuser, Die Erweiterung der Ep-
archialgliederung, Die Wiederbesiedelung weiterer Klöster, Die
Vermehrung der kirchlichen Ausbildungsstätten, Der Verzicht
auf die zwangsweise eingegliederten Ostchristen.

Im III. Teil folgt die Besprechung einschlägiger Neuerscheinungen
: Das Glaubensleben der Ostkirche, hg. v. H.-Chr. Died-
rich; O. Bärlea: Die Konzile des 13.-15. Jahrhunderts und die
ökumenische Frage; J. v. Gardener: Gesang der russischorthodoxen
Kirche bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts; ders: Gesang
der russisch-orthodoxen Kirche, Bd. II: zweite Epoche
(Mitte des 17. Jh.s bis 1918); P. A. Florenskij: Das Salz der Erde;
K. Gaede: Russische Orthodoxe Kirche in Deutschland in der ersten
Hälfte des 20. Jahrhunderts; G. Florovskij: Sobornost. Kirche
. Bibel, Tradition; V. V. Zen'kovskij: Istorija russkoj filosofii
(Nachdruck).

So erweist sich auch dieser Band, dessen Inhalt hier leider nur
summarisch angegeben werden kann, als eine weitere Bereicherung
unserer Kenntnisse der verschiedenen Aspekte aus Geschichte
und Gegenwart der Kirchen im Osten.

Berlin Hans-Dictcr Döpmann

Koptisch-orthodoxes Zentrum Waldsolms-Kröffelbach/Ts. Seminar
-Vorträge, 120 S., Waldsolms/Kröffelbach 1990

Das Koptisch-orthodoxe Zentrum beim Sankt-Antonius-
Kloster in Waldsolms-Kröffelbach im Taunus, vor wenigen Jahren
vom Koptisch-orthodoxen Patriarchat (Sitz Alexandria) ins
Leben gerufen, hat sich sehr rasch zu einem Mittelpunkt des geistigen
Lebens der in Deutschland und den anliegenden westeuropäischen
Ländern wohnhaften Kopten entwickelt und in seine
Tätigkeit die wissenschaftliche Arbeit voll einbezogen, wobei
ohne konfessionelle Scheuklappen koptische und nichtkoptische
Gelehrte zur Mitarbeit gewonnen werden. Aus dieser Kolloquiums
- und Vortragstätigkeit, welche sich mit den Koptentum
von seinen Anfängen bis hin zur Gegenwart befaßt, legt der vorliegende
Band einige bemerkenswerte Texte vor.

Nach einem Editorial über die koptisch-orthodoxe Kirche

folgt der Text eines Vortrags von Friedrich Heyer über die Spiritualität
der frühen Wüstenväter. Aus den Quellen gearbeitet ist
die Abhandlung von Peter Nagel: „Das Alte Testament im geistigen
und geistlichen Leben der koptischen Kirche". Ernst Hammerschmidt
stellt die koptische Eucharistiefeier im Rahmen der
orientalischen Liturgiewissenschaft vor.

Die folgenden Beiträge bringen erwünschte Informationen
über die in vieler Hinsicht prekäre Gegenwartssituation der Kopten
. Einleitend referiert K.S. Kolta über „Die koptische Kirche
heute". Aus eigenem Erleben berichtet Wolfram Reiß über die
Sonntagsschulen als einem wesentlichen Element koptischen Gemeindelebens
. Das Verhältnis der koptischen Kirche zum Staat
kennzeichnet Berthold Spuler von der historischen Entwicklung
her. Pouad N. Ibrahim endlich behandelt die forcierte Islamisie-
rung Ägyptens und die daraus für den koptischen Bevölkerungsanteil
erwachsenden Probleme. Alle diese Beiträge werden durch
Zeugnisse koptischer Kunst und Bilder aus der koptischen Gegenwart
verlebendigt. Den Abschluß bildet eine wissenschaftsgeschichtliche
Information von Johannes Irmscher „ Berlin und die
Koptologie".

Daß die Entstehung und Frühgeschichte der koptischen Kirche
in deren unkritischem Selbstverständnis erfaßt werden, mußte
man in einer gewissermaßen kirchenoffiziösen Publikation von
vornherein erwarten. Deren Informationsgehalt wird dadurch jedoch
nicht gemindert, sondern eher noch verstärkt, eben weil sie
jenes Selbstverständnis aussagekräftig artikuliert. Ungenannt
bleiben aus einer notorischen Bescheidenheit heraus die Initiatoren
des Bändchen: der Abt des St.-Antonius-Klosters, Abuna Michael
, und sein unermüdlicher Helfer, der römische Theologe
K.-H. Goy. Sie dürfen des Dankes aller Benutzer gewiß sein.

Berlin Johannes Irmscher

Thümmel, Hans Georg: Bilderlehre und Bilderstreit. Arbeiten zur
Auseinandersetzung über die Ikone und ihre Begründung vornehmlich
im 8. und 9. Jahrhundert. Würzburg: Augustinus
1991. 186 S. 8° = Das östliche Christentum. NF 40. Kart. DM
84,-.

In diesem Sammelband von ursprünglich weit verstreuten Aufsätzen
geht es nur gelegentlich um die Ikone als „Kultusbild",
sondern um die „eikon", sofern sie ein solches ist, d.h. jene als
Bildertheologie bekannte Theorie, wie sie in ihrer Strenge und
Konsequenz dem Westen fremd geblieben ist. Vf. beschäftigt sich
zunächst mit „Der byzantinische Bilderstreit-Stand und Perspektive
der Forschung" (16-39), um in „Positionen im Bilderstreit
" (40-54) die Auffassungen von Bilderfreunden und Bilderfeinden
darzustellen. „ Die drei Logoi des Ioannes von Damaskos
gegen die Bilderfeinde" (55-63) behandelt eines der wichtigsten
Dokumente der Bilderlehre, während „Das 2. Nicaenum"
(64-94) die Beschlüsse dieser für die Bildertheologie bis heute
gültigen Synode von 787 analysiert. „Heidnische und christliche
Bildtheorie" (95-100) beschäftigt sich nicht mit ästhetischen
Fragen, sondern mit den theologischen Regulativen inmitten
heidnischer Bilderverehrung. „TIME und LATRE/A, oder: Was
heißt Bilderverehrung?" (101-114) arbeitet die Unterschiede
dieser beiden für die Bilderverehrung wichtigen Begriffe heraus,
um auf S. 114 die Gegenpositionen der fränkischen Theologen
kurz zu beschreiben. „Patriarch Photios und die Bilder" (115-
126) zeigt, wie das Signal für die Ausbreitung und Anbringung
von Bildern als eigentliche Bildkunst gegeben wurde. „Eine
Schrift über das Wesen der Ikone: ,Gegen die Bilderstürmer'"
(127-144) beschäftigt sich mit einer kleinen, aber interessanten,
dem Umkreis des Theodoras Studites angehörenden Schrift des
9. Jh.s „ Die Disputation über die Bilder in der Vita des Konstan-