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Ausgabe:

1992

Spalte:

872-873

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Titel/Untertitel:

Mariologie 1992

Rezensent:

Kirchner, Hubert

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871

Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 11

872

ven und intelligenten Entfeindungs- und Versöhnungspolitik anwenden
darf" (96).

Die Anregungen für die Gemeindepraxis und den schulischen
Unterricht machen das Buch gut lesbar und regen zu eigener Praxis
und Erfahrung an, etwa das Vaterunser als „Anleitung für
kreatives Beten überhaupt" (116) zu verstehen oder die Goldene
Regel zum Durchspielen „ethischer oder religiöser Dilemmata
und Alltagskonflikte" zu nutzen, um ein „Gespür für die Bedeutung
ethischer Formalprinzipien als Rahmen einer christlichen
Reich-Gottes-Ethik" (129) zu erwerben.

Mehr als manche schulischen Ethik-Lehrbücher ist dieser
kleine Band geeignet, in eine offene „Kommunikation des Evangeliums
" (E. Lange) einzutreten. Schade ist nur, daß viele gemeindepädagogische
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder
einmal von der (besonders im westdeutschen Raum) üblichen
Terminologie erschreckt werden: Religionspädagogik scheint auf
Schule zu orientieren. Aber gerade diese Engführung wird in dem
anregenden Buch durchbrochen.

Wernigerode Peter Lehmann

Nüchtern, Michael: Kirche bei Gelegenheit. Kasualien - Akademiearbeit
- Erwachsenenbildung. Stuttgart-Berlin-Köln:
Kohlhammer 1991. 131 S. gr.8 = Praktische Theologie heute,
4. Kart. DM 29,80.

„Mit,Kirche bei Gelegenheit' soll eine Formel in die Diskussion
gebracht werden, die ein Gegengewicht zu der gegenwärtig
dominierenden Rede vom ,Gemeindeaufbau' bildet" (10). Der
Leiter der Ev. Akademie der Badischen Landeskirche sieht in den
Kasualien, in der Akademiearbeit und in der Erwachsenenbildung
Gelgenheiten zu punktuellem Kontakt mit einer Kirche, die
dem Lebensalltag dienen will. Kasuelles, diskontinuierliches
Handeln ist nicht abzuwerten, sondern als Schlüssel für nicht-
parochiales Handeln zu gebrauchen, das das Monopol der Ortsgemeinde
korrigieren soll. Die Arbeit wendet sich also gegen eine
Fixierung auf das in der Parochie lokalisierte Ideal einer stetigen
Beteiligung am Gemeindeleben.

Als Beispiele werden aus dem Kasualbereich Konfirmation
und Kindertaufe bedacht. Beide versteht Nüchtern als Handlungen
der Gemeinde für die Familien. In punktuellen Begegnungen
realisiert sich Kirchenzugehörigkeit. Damit werden die kirchlichen
Mitarbeiter(innen) von dem Anspruch entlastet, sich für die
kontinuierliche Beteiligung der die Amtshandlungen empfangenden
Gemeindegliederam Gemeindeleben verantwortlich zu fühlen
. Das bedeutet Zurückhaltung gegenüber dem Verständnis der
Kasualien als Mittel des Gemeindeaufbaus. Wiederholt wendet
der Vf. sich gegen eine isolierte Betonung der Eingemeindung,
also des Bemühens um ständige Beheimatung in der Gemeinde,
wie es den Konzepten des Gemeindeaufbaus eigen ist. Die Gefahr
, aneinander vorbeizureden, ist hier groß, denn die Fürsprecher
des Gemeindeaufbaus beanspruchen ja kein Monopol für
die Ortsgemeinde, und Nüchtern will die „Kirche bei Gelegenheit
" nicht gegen kontinuierliche Gemeindepraxis ausspielen.
Am Beispiel der Taufe wird klar, daß hier nicht in Gegensätzen
zu denken und handeln ist. Deutet man die Taufe als Weg, so ist
der Lebensweg ja nicht automatisch „der Ort, wo die in der Taufe
rituell dargestellte und vollzogene Entscheidung Gottes für den
Täufling entschieden bejaht wird" (44), sondern mit der Kindertaufe
übernimmt die Gemeinde die Verpflichtung, den Getauften
Hilfen für diese Bejahung zu geben. „Kirche bei Gelegenheit"
kann dazu beitragen, nicht aber genügen.

In den Akademietagungen wird wie bei den Kasualien „der
Ablauf des Lebens und die Lebenswelt in Beziehung gesetzt zur
Religion" (55). Sie können die Lebenswirklichkeit umfassender

und spezieller berücksichtigen als die Ortsgemeinden und zugleich
neue Formen der Kirchlichkeit schaffen. Statt der Integration
in eine Gemeinde geschieht Integration kirchlicher Angebote
in die Lebensgeschichte oder in gesellschaftliche Aufgaben.

Wie die Akademiearbeit ist auch die Ev. Erwachsenenbildung
eine Antwort auf den Verlust traditioneller Kirchlichkeit. Nüchtern
skizziert die Konzepte, die in sehr unterschiedlicher Weise
Glaube und Religion thematisieren, aber immer die Teilnehmer
über Dauer, Art und Inhalt ihres Kontaktes mit der Kirche bestimmen
lassen. Kirche wird hier als „Institution der Freiheit"
erlebt. „Missionarisch ist dann gewiß nicht das Ziel, vielleicht
aber die Wirkung von Kirche bei Gelegenheit" (95).

Abschließend umreißt der Vf. Grundmuster kasueller Theologie
, indem er von D. Ritschis Begriff der „Anlässe" ausgeht, die
Tradition bewußt machen und ihren Sinn öffnen. Im gegenwärtigen
Anlaß wird die christliche Wahrheit wiedererkannt, was aber
kontingentes Geschehen bleibt. Dazu dient die trinitarische
Sichtweise. Aus dieser Perspektive ist es m.E. doch eine Sinnreduktion
, wenn der „rettungsgeschichtliche" Aspekt bei der
Taufe zurücktritt. Der Vf. sieht dieses Problem, hofft aber: „Die
Verengung von Gottes rettendem Handeln auf biographische
Situationen hin kann zugleich die Öffnung der konkreten Lebenssituation
, ja aller Lebenssituationen, auf den rettenden Gott hin
werden " (120).

Darum geht es in allem Handeln der Gemeinde. Die Ortsgemeinde
hat gewiß kein Monopol zu beanspruchen, aber gerade
von einer kasuellen Theologie her spricht viel für die Priorität des
Gemeindeaufbaus.

Gutenberg bei Halle/S. Eberhard Winkler

Bernauer, Ursula [Hg.]: Kinderwunsch - Wunschkind. Freiburg/
Br.: Kath. Akademie der Erzdiözese Freiburg 1991. 101 S. 8° =
Tagungsberichte der Kath. Akademie der Erzdiözese Freiburg.

Der Band enthält vier auf einer Tagung der Katholischen Akademie
der Erzdiözese Freiburg am 17./18.2.1990 gehaltene Vorträge
: U. Auhagen-Stephanos: Die unerfüllte Sehnsucht nach
dem Kind: P. Petersen: Schwangerschaftsabbruch - unser Bewußtsein
vom Tod im Leben; F. Böckle: Verzicht auf das Machbare
. Zeugungstechnik und pränatale Diagnostik in ethischer
Hinsicht; M. Berger: Klinische Erfahrungen mit Adoptiv-
Kindern und Adoptiv-Eltern. Die Beiträge von Auhagen-
Stephanos, Persen und Berger, denen weiterführende Literaturempfehlungen
beigegeben sind, berichten aus der ärztlichen bzw.
therapeutischen Praxis, der Vortrag von Böckle gibt ethische
Orientierung.

Ch.G.

Ökumenik: Catholica

Courth, Franz [Bearb.]: Mariologie. Graz-Wien-Köln: Styria
1991. 272 S. 8° - Texte zur Theologie. Dogmatik, 6.

Mit Beharrlichkeit wächst eine neue Reihe. Nachdem 1989 als
erster Band die Gotteslehre (Bd. 2/1 und 2/II, bearb. von H. Vor-
grimler) erschien, liegen mit dem hier anzuzeigenden bereits
sechs Bände vor. Ist es auch das Geschick aller derartiger Unternehmungen
, von vornherein einen langen Atem bewähren zu
müssen, so scheint die Geduld in diesem Falle nur wenig strapaziert
zu werden; denn pro Jahr sind zwei Bände zu erwarten.

Da anscheinend an dieser Stelle bisher weder ein einzelner
Band besprochen noch die Reihe überhaupt angezeigt worden ist,
sei es gestattet, zumindest einige wenige allgemeine Informationen
zu geben: In drei Abteilungen - Dogmatik, Fundamental-