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Ausgabe:

1992

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Titel/Untertitel:

Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 11

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predigten zum Kirchenjahr bezeichnen könnte; eine homiletische
Gattung, von der auch evangelische Text-Prediger - zum
Nutzen des Gottesdienstes und seiner verständigen Mitfeier -
sehr viel häufiger Gebrauch machen sollten. Auffällig ist die
stark apologetische, kulturkritische, gelegentlich fast pessimistische
Note in diesen Betrachtungen: So wird „der Advent ... in
unserer Zeit verfälscht, aber viele finden nichts dabei" (14); Christen
sind dafür verantwortlich, daß der Glaube „mit falschen
Farben übertüncht, die großen Feste unserer Heilsgeschichte bis
zur Unkenntlichkeit verfälscht wurden" (36); die Osterfreude
wird getrübt „durch die höchst bedauerliche Tatsache, daß viele
Christen, katholische und evangelische, der Osterbotschaft keinen
Glauben mehr schenken", „oberflächlich", ja „materialistisch
" über Ostern denken und reden (96); und über die Hälfte
aller Bundesbürger kennt die Bedeutung von Pfingsten nicht, nur
ein reichliches Fünftel der jüngeren Generation weiß „etwas über
den religiösen Ursprung des Festes" (108). Freilich bleibt der Vf.
bei solchen Klagen nicht stehen, sondern bemüht sich allemal,
den Zeitgenossen den zeitlichen und ewigen Gewinn zu verdeutlichen
, den sie aus der Mit-Feier des Kirchenjahres ziehen können
; immer wieder weist er auch auf die Verpflichtung zu
„rechte(r) Lebens- und Weltgestaltung" (29) hin, die aus solcher
Mit-Feier erwächst und Christen dazu führt, sich „für Frieden,
Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung und Wohlergehen der
Menschheit einzusetzen" (183).

Die Christenheit hat Häuser - Kirchen, Klöster - in die Landschaft
gesetzt und so unübersehbare Spuren im Raum hinterlassen
; es scheint jedoch, daß das Haus, das sie - in Gestalt des Kirchenjahres
- in die Zeit gebaut hat, noch kulturprägender gewirkt
hat und wirkt. Kirchen kann man notfalls aus dem Wege gehen;
den Zeichen, die den Jahres- und damit den Lebenslauf strukturieren
, kann sich kaum einer entziehen. So ist es kein Wunder,
wenn heute - weit über den Kreis partizipierender Christen hinaus
- verstärkt nach dem Sinn solcher Zeit-Zeichen gefragt wird.
Ob es hilfreich ist, hierauf in überlieferter konfessioneller Selbst-
begrcnzung zu antworten - wie das im vorliegenden Buch geschieht
-, scheint mir fraglich.

Berlin Karl-Heinrich Bicritz

Reich, Werner, u. Joachim Stalman [Hg.]: Gemeinde hält Gottesdienst
. Anmerkungen zur Erneuerten Agende. Im Auftrag der
Liturgischen Konferenz Niedersachsens hg. Hannover: Luth.
Verlagshaus 1991. 137 S. 8' = Leiturgia, NF 1. Kart. DM
19,80.

Agenden bedürfen der Begleitung durch Fachleute, die Erneuerte
Agende (=EA) mit ihren Möglichkeiten, die dargebotenen
gottesdienstlichen Einzelelemente innerhalb der gegebenen
„Grundstruktur" auf unterschiedlichste Weisen miteinander zu
verknüpfen, insbesondere. Insofern ist der vorliegende Sammelband
zu begrüßen. Er enthält einen kurzen Abriß der Gottesdienstgeschichte
in ihrer Beziehung zur EA, Darstellungen des
Weges von Agende I und dem „Strukturpapier" von 1974 zur
EA; es folgen Einführungen in die Konzeption der EA und ihren
Textteil, ebenfalls Anregungen zur musikalischen Gottesdienstgestaltung
anhand der EA und zum Umgang mit den „Spiel-
Regeln" der Agende. Eher systematisch orientierte Beiträge
schließen sich an: zum Abendmahlsteil, zum Thema „Heil und
Heilung" im Gottesdienst, zur Frage nach der „Erneuerung des
Gottesdienstes in der Gemeinde", zur liturgischen Aufgabe der
Orgel. Ein Beitrag zur Zusammenarbeit von Pfarrer und Kirchenmusiker
im Blick auf den Gottesdienst bildet den Schluß der
Aufsätze und Referate.

Es ist die Stärke dieses Bandes, von Autoren verfaßt zu sein,
die auch die EA selbst mitgestaltet haben. Anschaulich wird ihre

„ökumenische" Perspektive, ihr Interesse, „alte" Formen zu bewahren
und „neue" zu ermöglichen, ihr Bestreben, die Gemeinde
selbst zur Gottesdienstgestaltung zu ermutigen und es
nicht bei einem „ hierarchischen " Gottesdienstverständnis zu belassen
. Anschaulich wird insofern in der Tat auch das Konzept
der EA selbst - nämlich vermittels jener Präsentation von Gottesdienst
-Bausteinen unterhalb der „ökumenischen" Struktur
und der Anleitung zur Verknüpfung dieser Bausteine von unterschiedlichen
liturgischen Prämissen aus zum Umgang mit dem
gegenwärtig bestehenden gottesdienstlichen Pluralismus anzuleiten
. Wer diesem Konzept zustimmt, wird auch diesem Sammelband
zustimmen. Und dergleichen fällt zumindest im Detail
auch nicht schwer (etwa zu den Bemerkungen über die Beteiligung
der Gemeinde an der Gottesdienstgestaltung; hilfreich ist
insofern auch der Abdruck der „ Helmstedter Thesen zur Verantwortung
der Gemeinde für den Gottesdienst", 135ff).

Weitaus zu kurz kommt allerdings die Frage nach der liturgisch
-systematischen Begründung der EA als.solcher. Historische
und liturgisch-pragmatische Ausführungen überwiegen; systematisch
-liturgisch werden nur Teilaspekte beleuchtet (und ihre Auswahl
mutet eher zufällig an). Was aber begründet die gottesdienstliche
Grundstruktur theologisch? Was etwa begründet im
Textteil die Vorliebe für „ältere" Texte gegenüber (durchaus akzeptablen
) neuen Texten? Was begründet das Vorwalten des
(hochkirchlich-)lutherischen Elementes im Blick auf die Bestimmung
der EA auch für EKU-Kirchen?

Immerhin erhebt der Sammelband auch im Sinne systematischer
Liturgiewissenschaft einen hohen Anspruch. Er versteht
sich in Nachfolge des Sammelwerkes „Leiturgia" als Band I
deren „ neuer" Folge. Er muß sich also an einem wissenschaftlich
hochqualifizierten Opus messen lassen, in dem es keineswegs nur
um „Anmerkungen" zu einer Agende geht, sondern um grundlegende
Reflexion zur Geschichte, Systematik und Gestaltung des
Gottesdienstes (wie anfechtbar der hermeneutische Horizont
auch immer sein mag). Ob der vorliegende Sammclband solchen
Ansprüchen genügt, muß gefragt werden. In jedem Falle darf
man auf die Fortsetzungen der „Neuen Folge" von „Leiturgia"
gespannt sein.

Düsseldorf Gustav A. Krieg

Dierken, Jörg: Amtshandlungen in der Volkskirche. Zum theologischen
Umgang mit Kasualfrömmigkeit. Zürich: Theologischer Verlag 1991. 63 S.
8 -Theologische Studien. 137. Kart. DM 14,-.

Finke, Christian: Kirche der Reformation - Singende Kirche. Berliner
Gesangbücher: Von der Reformation bis zur Gegenwart. (Berliner Theologische
Zeitschrift 8, 1991, 51 -58).

Gestrich, Christof. Herzog, Fredrick, u. Reinhard Groscurth: Die
Abendmahlsfeier im Sonntagsgottesdienst der EKU - eine Kritik (Berliner
Theologische Zeitschrift 8, 1991, 113-114).

Hauschildt, Eberhard: Anmerkungen zur Behandlung der Begrüßung im
Vorentwurf der Erneuerten Agende (ZGP 10, 1992,27-30).

Heinz, Andreas: Der Psalm vom Guten Hirten (Ps 23) in der erneuerten
Meßliturgic(TThZ 100, 1991, 289-306).

Holze, Heinrich: Unreformatorischer Gottesdienst? Die Abendmahls-
feicr der Lima-Liturgie aus der Sicht frühreformatorischcr Gottesdienstordnungen
(ZThK 88. 1991, 287-312).

Josuttis, Manfred: Die Erneuerte Agende und die agendarische Erneuerung
(PTh 81, 1992, 504-516).

Jungmann, Josef Andreas: Christliches Beten in Wandel und Bestand.
Mit einem Vorwort zur Neuausgabe von K. Richter. Freiburg-Bascl-
Wien: Herder 1991. XIX, 199 S. 8 - Gemeinde im Gottesdienst. Kart
DM 24,80.

Kunzler, Michael: Indumentum Salutis. Überlegungen zum liturgischen
Gewand (ThG18l, 1991,52-78).