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Ausgabe:

1992

Spalte:

851

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Döllinger, Ignaz von

Titel/Untertitel:

Papstfabeln des Mittelalters 1992

Rezensent:

Haendler, Gert

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851

Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 11

852

Kongresses folgen; man darf diesem nach der Lektüre des vorliegenden
Protokolls mit Interesse entgegensehen.

Berlin Johannes Irmscher

Döllinger, J. J. Ignaz von: Papstfabeln des Mittelalters. Neuausgabe
von G. Landmann. Essen: Phaidon Verlag 1991. 159 S.
kl.8 . Lw. DM 24,80.

Die Neuausgabe beruht auf der Grundlage der Erstausgabe von
1863. Es gibt keine Einleitung, kein Vorwort oder Nachwort. Auf
der Rückseite des Umschlags ist zu lesen: „Der liberalkatholische
und exkommunizierte Kirchenhistoriker Döllinger
faßt hier alle die Fabeln und Erdichtungen über das Papsttum
zusammen, die die gesamte Anschauungsweise des Mittelalters
geprägt haben. Seine sorgsame Bestandsaufnahme gilt gleichermaßen
den Inhalten und ihren Abwandlungen wie der Suche
nach Hintergründen und Wahrheitsgehalt". Leider wird über die
vielfältigen Fortschritte der Forschung in den seitdem vergangenen
128 Jahren mit keinem Wort berichtet: Die neuen Arbeiten
über Döllinger sowie die neu erschlossenen Quellen über Döllinger
(z.B. Briefe von und an ihn) werden ebenso wenig genannt
wie die neueren Forschungen zur mittelalterlichen Papstgeschichte
, die es doch in reichem Maße gibt. Das Büchlein bietet
neun Untersuchungen: Die Päpstin Johanna; Der Papst Cyriakus
; Der Papst Marcellinus; Constantin und Silvester; Die Schenkung
Constantin's; Liberius und Felix; Anastasius Ih - Honorius
I.; Gregorius II. und Kaiser Leo der Isaurier; Silvester II. Ein Personenregister
und ein Stichwortregister beschließen den Band.

G. H.

Cusanus-Texte. III. Marginalien. 3. Raimundus Lullus. Die Exzerpte
und Randnoten des Nikolaus von Kues zu den Schriften des Raimundus
Lullus. Extractum ex libris meditacionum Raymundi cd Th. Pindl-Büchcl.
Heidelberg: Winter 1990. 50 S. gr.8 - Abhandlungen der Heidelberger
Akademie der Wissenschaften. Philos.-hist. Klasse. Jg. 1990, 1. Kart. DM
32.-.

Howard, John A. [Hg.]: Fortunatus. Die Bearbeitung und Umschrift
eines spätmittclaltcrlichen deutschen Prosaromans für jüdisches Publikum
. Würzburg: Königshausen & Neumann 1991. XIV. 240 S. gr.8 =
Quellen und Forschungen zur europäischen Ethnologie, 11. ISBN
3-88479-512-0.

Pranger. M. B.: Mystical Tropology in Bernard of Clairvaux (Bijdr. 52.
1991.428-435).

-: Perdite r/ v/. Bernard de Clairvaux et Luther devant l'echecexistentiel;
Pcrüiic vixi: Existcntial Failure in Bernard of Clairvaux and Martin Luther
(Bijdr. 53. 1992. 46-61).

Rehberger, Claudia: Die Verteufelung der Frau als Hexe in den Hexenverfolgungen
des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit (EvTh 52,
1992. 65-74).

Welte, Bernhard: Meister Eckhart. Gedanken zu seinen Gedanken. Mit
einem Vorwort v«n A. M. Haas. Durchges. Neuausgabc. Freiburg-Basel-
Wicn: Herder 1992. IV. 268 S. 8 . ISBN 3-451-22607-3. Kart. DM 39,-.

Dogmen- und Theologiegeschichte

Biersack, Manfred: Initia Beilarminiana. Die Prädestinationslehre
bei Robert Bellarmin SJ bis zu seinen Löwener Vorlesungen
1570-1576. Stuttgart: Steiner 1989. 550 S. gr.8' - Historische
Forschungen, 15. geb. DM 118,-.

Robert Bellarmin (1542-1621) gehört zu den nicht erst seit
dem 19. Jh. stark umstrittenen Gestalten eines sich im 16. Jh. erneuernden
römischen Katholizismus, für den die Rückbesinnung
auf die Quellen seiner Tradition ebenso maßgeblich wurde

wie die konzentrierte und organisierte Auseinandersetzung mit
den erreichten Ergebnissen der Reformation. Der Autor des vorliegenden
Buches macht darauf aufmerksam, daß bereits für
einen Teil der Zeitgenossen der spätere Kardinal Bellarmin seines
Augustinverständnisses wegen mit Girolamo Seripando auf
die gleiche Ebene gestellt worden ist, der auf dem Konzil von
Trient als General des Augustinereremitenordens die Gnadenlehre
seines Ordensvaters zur Geltung zu bringen suchte und deshalb
starken Angriffen ausgesetzt war. Indem Biersack sich der
Prädestinationslehre der ersten Phase von Bellarmins theologischer
Arbeit zuwendet, beschäftigt er sich mit zwei Textkomplexen
: dem Tractatus de praedestinatione, entstanden in Padua,
der seit 1933 in einer kritischen Ausgabe vorliegt, und den Vorlesungen
zum gleichen Thema, die dem Löwener Professorat
Bellarmins entstammen und sowohl im Autograph wie in einigen
Nachschriften vorliegen (vgl. 92-98). Ferner ist eine Abhandlung
über die Prädestination herangezogen, die von dem Dominikaner
Gianambrogio Barbavara stammt und ebenfalls handschriftlich
erhalten ist (vgl. 1030- Bellarmins Vorlesungstexte werden -
überlegt ausgewählt - in einem Textanhang sorgfältig ediert
(385-510).

Die fünf Teile der Arbeit befassen sich mit Leben und Werk
Bellarmins (1), der Vorlöwener Prädestinationslehre auf dem
Hintergrund traditioneller scholastischer Modelle (2), dem Weg
Bellarmins vom strengen Augustinismus zum integrierten Normalkatholizismus
in den Löwener Vorlesungen (3), einer Würdigung
von Bellarmins Prädestinationslehre (4) und den wichtigsten
Positionen von Bellarmins Anthropologie und Gnadenlehre
in der Löwener Zeit (5).

Es ist ausgeschlossen, im vorliegenden Rahmen auch nur ansatzweise
darstellen zu wollen, wie der Vf. in präziser Analyse der
Texte und in umsichtiger Argumentation seine Ergebnisse erarbeitet
. Wer die sich wegen des oft aporetischen Charakters der
Prädestinationstheologie immer wieder verästelnden Argumentationszusammenhänge
dieses Lehrstücks kennt und möglicherweise
selbst immer wieder einmal die Geduld verloren hat, ihnen
zu folgen, wird die Mühe des Autors, die dazu noch kaum je mühevoll
wirkt, nur bewundern können. Lediglich die Ergebnisse
der Untersuchung sollen in nötiger Konzentration zur Sprache
kommen, sofern sie eine historisch-theologische Einordnung
Bellarmins berühren. Biersack bezeichnet Bellarmins Prädestinationslehre
als „evangelisch" in dem Sinne, daß sie „dem Menschen
etwas Gutes sagt" (339), weil sie auf die Gnadenhaftigkeit
des Heils aus ist. Der Grund dafür ist im Augustinismus des
Löwener Theologen zu suchen, der gegenüber Synergismus und
(Semi-)Pelagianismus wach bleibt. Dem entspricht eine „pessimistisch
" angesetzte Anthropologie und eine strukturelle Anbin-
dung an die Christologie. In seiner augustinistischen Konzentration
wird Bellarmin nur noch vom supralapsarischen Ansatz
Gregors von Rimini übertroffen und ist insofern mit Luther in
eine Reihe zu stellen. Die Unterschiede zu Luther wurzeln „in
Grunddifferenzen des Denkens und Fühlens und damit des
Theologisierens" (341), und Bellarmins Augustinismus markiert
eine Außenseiterposition im nachtridentinischen römischen Katholizismus
. Daß er nicht „evangelisch " bleiben kann, beruht auf
einer Instrumentalisierung der Christologie zugunsten eines metaphysischen
Systems (die systematischen Ausführungen Biersacks
auf S. 343-347 und die Passage zur Lutherdeutung S. 347-
350 sind für dieses Urteil maßgebend) und darauf, daß die
Prädestinationslehre nicht in die Verkündigung des Evangeliums
eingebettet werden kann, sondern einem praktischen Synergismus
weicht. Damit hängt untrennbar zusammen, daß Bellarmin
Luthers These vom simul iustus et peccator und damit seine
Kreuzestheologie nie hätte verstehen können. So fand er einen
theologischen Ausweg in einem Kongruismus, in dem „die Freiheit
Gottes mit dem Eigen-Wert des Menschen vereinbart wer-