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Ausgabe: | 1992 |
Spalte: | 845-849 |
Kategorie: | Kirchengeschichte: Mittelalter |
Autor/Hrsg.: | Seibrich, Wolfgang |
Titel/Untertitel: | Gegenreformation als Restauration 1992 |
Rezensent: | Koch, Ernst |
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Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 11
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wand. Nimmt NvK nicht auch in seinen Predigten mehr formelltraditionell
Bezug auf das Thema?
K. Yamamoto referiert über die Predigt „.Dies sanctificatus'
und der Ursprung der Rcligionsphilosophie" (221-230); in ihr
habe NvK Gedanken Plotins in ihren Konsequenzen durchdacht
.
J. Stallmach schreibt über „NvK - ,gottinnige Gottsuche'"
(233-242). Mit diesem Begriff will er die Spannung zwischen der
tiefen, mystischen Frömmigkeit und dem scharfen, kritischen
Denken des NvK zum Ausdruck bringen. Intellcctus ist Tür NvK
„gewissermaßen das Geöffnetsein des endlichen Geistes für den
unendlichen Geist".
Chr. Kiening untersucht „,Gradus visionis'. Reflexion des Sehens
in der cusanischen Philosophie" (243-272). Die visio intel-
lectualis bringe den Menschen in die Gottfrömmigkeit und
-kindschaft. Sie sieht alle Differenz aufgehoben. In der Koinzidenz
gehe alles in Eines und das Eine wieder in alles hinüber. „Im
Versuch, diesen Prozeß der .theosis' zu formulieren, gelangt
Sprache selbst an ihre Grenzen."
P. Casarella will „Neues zu den Quellen der cusanischen
Mauersymbolik" (273-286) bieten. Er schlägt vor, auf Parmeni-
des zurückzugreifen, muß aber zugeben, daß die christozentri-
sche Bedeutung, die das Gleichnis bei NvK hat, dagegen spricht,
da bei NvK gerade der Mensch die Mauer nicht übersteigen
kann. Casarella weist auch auf die Mandäer und Hrabanus Maurus
hin.
K. Reinhardt verweist auf islamische Wurzeln der cusanischen
Mauersymbolik (287-291) und dabei auf den Liber scalae Maho-
meti. Die Suche geht weiter. Warum eigentlich sollte der Gedanke
bei NvK nicht originär sein (vgl. auch Apc 21)?
Rezensionen beschließen den interessanten Band. Er dokumentiert
, daß sowohl die Handschriftenforschung als auch die
„Mystische Theologie" des NvK gegenwärtig besonders im Gespräch
sind.
Frcibcrg Karl-Hermann Kandier
Seibrich, Wolfgang: Gegenreformation als Restauration. Die re-
staurativen Bemühungen der alten Orden im deutschen Reich
von 1580 bis 1648. Münster/W.: Aschendorff 1991. XLII, 729
S. gr.8 - Beiträge zu Geschichte des alten Mönchtums und des
Benediktincrtums, 38. Kart. DM 230,-.
Diese bereits von ihrem Umfang her Respekt gebietende Arbeit
befaßt sich mit einem bisher nur in Ausschnitten und Teilaspekten
behandelten Thema. Die Art und Weise, in der dies geschieht
, vermittelt einem Leser, der Geduld und Ausdauer beim
Studium des Buches nicht verliert, außerordentlich differenzierte
Einblicke in eine ebenso spannungsreiche wie schwer überschaubare
Epoche der Geschichte der kirchlichen und außerkirchlichen
Institutionen in Mitteleuropa. 16 Kapitel führen vor,
vor welchen Auseinandersetzungen und Chancen Prämonstra-
tenser, Augustinerchorherren, Benediktiner, Zisterzienser, Kartäuser
und Karmeliter und - soweit vorhanden - ihre weiblichen
Ordenszweige in den dramatischen und immer wieder die Ausmaße
von Katastrophen annehmenden Ereignisketten der verhandelten
Zeit standen.
Die Unklarheit in der Bedeutung des Augsburger Rcligionsfricdcns von
1555 ermöglichte eine letzte große Klostcrsäkularisicrungswcllc in der
Pfalz, in Nassau. Hessen. Schleswig-Holstein und Württemberg zwischen
1560 und I 595. Eine Sonderentwicklung war im Slift Halbcrstadt zu beobachten
, in dem das Säkularisicrungsinstrument nicht funktionierte. Auch
anderswo konnten Ordenskonvente im Exil überleben und dank ihrer
Hartnäckigkeit neue - oder auch ihre alten - Niederlassungen beziehen
..Als die letzten Klöster säkularisiert wurden, wurden die ersten schon wieder
bezogen" (16). Eine Stütze bedeuteten für die Benediktiner vier Kongregationen
, unter denen die schwäbische die wichtigste war. für die Augustinerchorherren
in eingeschränktem Maße neben der Windsheimer Kongregation
Privatkapitcl und das schwache Generalkapitel, für die Prämon-
stratenser teilweise intakte Zirkarien. Schlechter waren unter den Bedingungen
der Säkularisierung die Zisterzienser mit ihrem Aufsichtssystem in
der Reihe der Filiationen bedient. Sie fanden erst um 1590 zu einem Provinzzusammenschluß
. Für die Kartäuser bestreitet S. die u. a. von H. Jedin
vertretene Devise von der fehlenden Notwendigkeit einer Reformation auf
Grund fehlender Deformation (28f.). Die Not der alten Orden erschien als
Chance für die durch das Tridcntinum aufgewerteten Ortsbischöfe. Freilich
: „Angesichts der Tatsache, daß Visitationen so zu einem Machtinstrument
zu entarten drohten, erhalten die Klagen der Bischöfe über die visitationsbedürftigen
Zustände in manchen Klöstern den schalen
Beigeschmack der Zweckpropaganda" (31). Hingegen wurden „die Nuntien
der geborene Partner der Ordensleute" (34). Die Bemühungen der
Klöster um Erhaltung ihrer Substanz beruhten auf sehr unterschiedlichen
Mustern, bei denen auch der Fortbestand von Konventen im lutherischen
Bereich und - zunächst jedenfalls - die Unterstützung durch die Jesuiten
eine Rolle spielten (Kap. 1).
Die Paralysicrung des Reichskammergerichts und der Reichsjustiz
wirkte sich für die Orden besonders nachhaltig dadurch aus, daß Ortsbi-
schöfc und römische Kurie mehr und mehr die Jesuiten protegierten und
ihnen zwischen 1580 und 1620 eine Fülle von Klöstern der alten Orden
überwiesen. Am Beispiel des Bistums Bremen zeigt sich die Spezifik der
Weitcrexistenz von Klöstern unter den Bedingungen eines protestantisch
gewordenen geistlichen Territoriums durch Stützung durch Kaiser und
Orden (Kap. 2).
Mit Ferdinand II. - „der letzte in mittelalterlichen Kategorien denkende
Kaiser" (770 - und Maximilian von Bayern - in seiner Person ist
das „Aufeinandertreffen von Gegenreformation und katholischer Reform
" zu beobachten (81)- sowie aufs neue Tritt fassenden und erstarkenden
Ordensverbänden betraten „neue Akteure" die politische Bühne.
Unter den Ordensinstitutionen spielte besonders das seit 1425 sich entwik-
kelndc Schwäbische Rcichsprälatenkollegium eine Rolle, in dem Benediktiner
. Zisterzienser. Prämonstratenser und Augustinerchorherren vertreten
waren. „Aufgrund der Tatsache, daß die Äbte meist bäuerlichen
Familien Oberschwabens entstammten, reichte ihr politischer Blick allerdings
kaum über die Grenzen des eigenen Kreises hinaus" (85). Die Eroberung
der Pfalz durch die römisch-katholischen Mächte 1620-1622 revitali-
sierte in den Klostcrvcrbänden die Bereitschaft zur reformierenden
Visitation, die in Konkurrenz zu den vereinnahmenden Absichten Maximilians
und der Ortsordinarien trat. Diese Absichten wiederum lagen
nicht im Interesse Ferdinands LI. Rom reagierte mit der Einrichtung der
Congregatio de Propaganda Fidei und einer eigenen Congregatio Palatina-
tus, die den Orden zum Nutzen wurde, in denen der Gedanke einer Reform
durch Visitation erneuert wurde und, genährt durch die militärischen Erfolge
der Liga, auf Hessen und das Erzbistum Magdeburg ausstrahlte.
Diese Fortschritte aber wurden in den Intrigen der beteiligten Mächte zum
Teil verspielt (Kap. 3).
Die Restitutionspolitik der Orden wurde ab 1627 „zum größten Teil das
Werk eines Mannes, der in seiner Bedeutung bisher völlig verkannt, ja als
Person so gut wie unbekannt geblieben ist, des Roter Prämonstratensers
Georg Schönhainz... Erst an ihm wird deutlich, was es wirklich bedeutete,
wenn religiöse Überzeugung und nicht nur kirchliches oder konfessionspolitisches
Taktieren die politische Konzeption bestimmte" (145). In den von
der Liga eroberten Gebieten mußten die Orden dem K'iegsheer durch alsbaldige
Visitationen zuvorkommen, was in Magdeburg gelang, durch den
Widerstand der Bevölkerung aber wiederum behindert wurde. Der vorerst
schließlich zugunsten des Ordens ausgehende Kampf um Kloster Berge bei
Magdeburg zwischen Kaiser. Wallenstein, dem Erzbischof von Prag und
Rom wurde das Muster für den Konflikt der an der Restitution von Klöstern
interessierten Kräfte (Kap. 4).
Es waren nicht zuletzt diese Konflikte, die seit 1627 die Orden auf den
Plan riefen. Inzwischen häuften sich am Kaiserhof die Prozeßanträge auf
Restitutionen (Zusammenstellung: 180-182). Im Magdeburger Gebiet
sowie anderswo im Norden Deutschlands kam es auf Initiative der Orden
zu einzelnen Restitutionen; in Württemberg liefen die Dinge trotz großer
Initiativen weniger gut und fanden ihre Grenze an zu sparsamer Finanzpolitik
. Besonders die Übernahme Hersfelds durch die Benediktinerstand im
Schatten heftiger Rivalitäten mit den Jesuiten, die in der Oberpfalz, vom
bayerischen Kurfürsten protegiert, Boden zu Ungunsten der alten Orden
gewannen. In der Unterpfalz gerieten durch das Zusammenspiel zwischen
dem Kurfürsten und Spanien die alten Orden ins Hintertreffen gegenüber
den Bcttelordcn und den Jesuiten. „Deutschlands wohl klosterreichstes