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Ausgabe:

1992

Spalte:

831-834

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Bucher, Anton A.

Titel/Untertitel:

Gleichnisse verstehen lernen 1992

Rezensent:

Engemann, Wilfried

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Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 11

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1130, die dritte 1983 (vgl. ThLZ 109, 1984, 3410- Mit der vierten
Lieferung liegt nun der hebräische Teil abgeschlossen vor. Die
fünfte Lieferung mit dem aramäischen Wortschatz des Alten Testaments
war für den Herbst 1991 angekündigt. Die vom Hg. J. J.
Stamm geäußerte Hoffnung, mit der er das Vorwort zur dritten
Lieferung beschlossen hatte, die Zeitspanne bis zum Erscheinen
der vierten Lieferung „werde kürzer sein als die zwischen der
2. und 3. Lieferung", hat sich also erfüllt, es waren diesmal sieben
statt damals neun Jahre.

Inzwischen sind es 25 Jahre, die die Neubearbeitung des aramäischen
Teils dauert und man muß kein Prophet sein, um vorauszusehen
, daß sich in dieser Zeit zahlreiche Nachträge, Ergänzungen
und Verbesserungen angesammelt haben, die in
irgendeiner Form veröffentlicht werden müssen, sei es in einem
Supplementband, wie damals nach der ersten Auflage, sei es in
einer vierten Auflage.

Die vierte Lieferung enthält das namens der Hgg. von Benedikt
Hartmann unterzeichnete Vorwort (1), Ergänzungen zu den Abkürzungen
(1) und als Nachtrag zu Lieferung III S. 823 die Vokabel
nosy „Kraft, Stärke" (1) sowie die Seiten 1081 bis 1659 mit
den Wörtern mn bis yvn.

Im Unterschied zu den früheren Lieferungen ist die Diskussion
fraglicher Etymologien, unsicherer Wortbedeutungen und
strittiger Interpretationen von Textstellen viel umfangreicher, oft
beschränkt man sich nicht mehr auf Stellenangaben aus der Sekundärliteratur
, sondern bringt längere wörtliche Zitate. Hier
darf man fragen, ob da nicht des Guten zuviel getan wurde und
die Grenzen überschritten sind, die man einem Wörterbuch setzen
muß.

Daß die schon in der dritten Lieferung unter dem Stichwort
„Verbindungen" gebrachten Verweise auf die Verbindung der
Nomina mit einzelnen Verben und Verbformen erweitert und zu
einer eigenen Rubrik „Wendungen" ausgebaut wurden, ist sehr
zu begrüßen, da es eine gute Verständnishilfe bietet. Vielleicht
hat man sich dabei etwas durch die inzwischen erscheinende
Neubearbeitung des Handwörterbuchs von W. Gesenius1 anregen
lassen, das ja Beispiele für die Verwendung der Wörter in vo-
kalisiertem Hebräisch bietet.

Man möchte gern dieses neugestaltete Lexikon in der Hand der
Pfarrer, die alttcstamentliche Predigttexte gründlich durcharbeiten
, und der Studenten, die Hebräisch studieren, sehen, aber bei
einem Preis von 742 Gulden oder 424 Dollar für die vier Lieferungen
darf man zweifeln, ob das mehr als ein frommer Wunsch
bleiben wird.

Den Hgg. ist zu gratulieren, daß sie die Neubearbeitung dieses
wichtigen Werkes zu Ende gebracht haben. Als Lohn ihrer mühevollen
Arbeit wünscht man ihnen viele dankbare Benutzer.

Ansbach Gerhard Pfeifer

1 Gesenius. Wilhelm: Hebräisches und Aramäisches Handwörterbuch
über das Alle Testament, unter verantwortlicher Mitarbeit von Dr. Udo
Rütcrswördcn bearbeitet und hg. von D. Rudolf Meyer und Dr. Dr. Herbert
Donner. 18. Auflage I. Lieferung n-j. Berlin Heidelberg New York
London Paris Tokyo: Springer-Verlag [ 1987]

Neues Testament

Bucher, Anton A.: Gleichnisse verstehen lernen. Strukturgenetische
Untersuchungen zur Rezeption synoptischer Parabeln.
Freiburg/Schweiz: Universitätsverlag 1990. X, 192 S. gr.8 =
Praktische Theologie im Dialog, 5. Kart. DM 28,-.

Folgt der Leser dem Text auf dem Umschlagdeckel, erwartet er
eine „ in der Rezeptionsästhetik verankerte" Schrift, deren Anliegen
es ist, einen „ weiteren Beitrag zu einer empirisch gewendeten
Religionspädagogik und Praktischen Theologie" zu leisten. Wie
wird diese Leistung erbracht?

Zunächst fällt auf - und daraus macht der Vf., wie schon aus
den Quellenangaben bzw. den zitierten (und nichtzitierten!)
Autoren hervorgeht, auch keinen Hehl - daß „in der Rezeptionsästhetik
verankert" letztlich „dem ,Modell der Stufen religiöser
Entwicklung' von F. Oser folgend" bedeutet. Nicht nur
wichtige Klassiker und repräsentative Vertreter der rezeptionsästhetischen
Diskussion (Theodor W. Adorno, Umberto Eco,
Max Bense u. v. a.) werden nicht einmal erwähnt, sondern es fehlt
ebenso eine weiterführende Auseinandersetzung mit einigen
theologischen Ansätzen, die gegenwärtig ein ausgesprochen rezeptionsästhetisches
Instrumentarium - auch zur Auseinandersetzung
mit der Schrift - anbieten: Hier denken wir u.a. an die
Anregungen von Christian Link (Die Welt als Gleichnis. München
1982) und Albrecht Grötzinger (Praktische Theologie und
Ästhetik).

Damit wollen wir nicht sagen, daß sich in der vorgelegten Arbeit
nicht auch rezeptionsästhetische Argumente fänden, nur -
und das ist für die potentiellen Leser eines Buches ja durchaus
von Belang - beschränken sie sich im wesentlichen auf die Bestätigung
des von F. Oser und P. Gmünder erarbeiteten „strukturgenetischen
Ansatzes" (Der Mensch. Stufen seiner religiösen Entwicklung
, Gütersloh 1988), ein Umstand, der nicht gerade ein
hohes Maß an kritischer und eben auch rezeptionsästhetischer
Auseinandersetzung mit den eigenen (Hypo)thesen erahnen läßt.
Aus diesem Grunde werden wir im weiteren auch auf die Fortsetzung
sozusagen innerrezeptionsästhetischer Debatten verzichten
.

Der Vf. geht von dem - man könnte sagen - 1. Hauptsatz der
Rezeptionsästhetik aus, daß verstehendes Wahrnehmen ein Interpretieren
, also kein passiver, sondern ein aktiver Vorgang ist.
Bucher ergänzt diesen Grundsatz durch den von F. Oser und P.
Gmünder bezogenen Gedanken, daß sich solch aktive Rezeption
gewissermaßen auf unterschiedlichen Niveaus, also „qualitativ
verschieden" (75) vollziehe und daher unterschiedliche „Wahrnehmungen
" begründe. Der Vf. versucht dies zu dokumentieren,
indem er Personen verschiedener Altersgruppen jeweils mit denselben
Gleichnissen konfrontiert, um anhand bestimmter Fragen
bestimmte Grade bzw. verschiedene „Perspektiven" oder „Stufen
" des Verstehens herauszuarbeiten. Dabei bedeutet jede der
„Stufen" einen Fortschritt. D.h. es ist für das Verständnis des
Gleichnisses (und damit für den Rezipienten) viel gewonnen,
wenn er z.B. von der „Do ut des - Perspektive" (Stufe 2) zur
„Perspektive religiöser Autonomie durch unbedingte Inter-
subjektivität" (Stufe 5; vgl. 76-78) gelangt.

Insgesamt sucht der Vf. den Nachweis zu erbringen, daß „zwischen
dem religiösen Urteil einer befragten Person und den von
ihr rekonstruierten Parabelinterpretationen [...] struktureile Iso-
morphien " bestehen, so daß sich schließlich „ verschiedene Interpretationstypen
nachweisen lassen müssen" (101). Freilich hat
dieser Nachweis etwas Beunruhigendes - und hier ist der empirisch
-forschen Fragelust Buchers ebenso empirisch zu entgegnen:
Der Vf. führt an, daß sich „auch in der weit umfangreicheren
Stichprobe von Oser und Gmünder [...] kaum eine Person auf
Stufe 5 finden" ließ (78), und demonstriert schließlich in der
„quantitativen Auswertung" (151-157) seiner Interviews, daß
die „ Stufe 5 " gar nicht mehr erscheint und nur wenige „ Probanden
" es überhaupt zur „Stufe 4" schaffen. Dies kann doch wohl
nur einer beurteilen, der selbst (und zwar im Unterschied zu fast
allen anderen) - bei jedem Gleichnis die Stufe 5 erreicht und
weiß, ,was das Gleichnis sagen will'.

Wir halten dies nicht nur für ein der modernen Rezeptionsästhetik
in höchstem Maße zuwiderlaufendes Urteil (vgl. z. B. die
rezeptionsästhetischen Überlegungen Umberto Ecos zu den The-