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Ausgabe:

1992

Spalte:

796

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Titel/Untertitel:

Benedikt XVI. Papst, Zur Gemeinschaft gerufen 1992

Rezensent:

Kirchner, Hubert

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Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 10

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an M. Scheeben von der bräutlichen Mutterschaft" as fundamental
principle" gesprochen wird. "I also believe that Motherof the
Redeemer is the link between Mother of God, mother of the phy-
sical Jesus, and Mother of the Church, mother of the mystical
Jesus", stellt Vaughan als bischöflicher Chairmann der mariologischen
Gesellschaft Amerikas voran. Er sucht dann "an intime
and necessary union of the Redeemer with his mother", vice
versa die Einigung Marias mit ihrem Sohn in all den Geheimnissen
seines Erlösungswerkes zu beleuchten.

Das Anliegen der Encyclica machen Edward D. O'Connors
Darlegungen der Wurzeln einer Marienverehrung beim Papst
deutlich ("The Roots of Pope John Paul II's Marian Devotion":
78-114), indem er den Ursprung in seiner Jugend, aber überhaupt
in dessen Leben sucht, das in Polen unter der "Nazi occu-
pation" und im Gegenüber zum "Communist regime propped
up by the Russians" geführt wurde. Darunter lernte er "Our Lady
of Czestochowa, Queen, Protectress of his country" besonders
lieben und wandte das doppelt an auf die Erneuerung des päpstlichen
Brauches, die Welt dem heiligen Herzen Mariens zu weihen.
Die Antwort auf die Frage: "Did the Pope consecrate Russia to
the Immaculate Heart of Mary?", bejaht O'Connor voll.

Die "Ecumenical Aspects of REDEMPTORIS MATER"
(115-129) stellt Frederick M. Jelly heraus. Bezogen auf "the first
millennium of the conversion of the peoples of ancient Rus"
(988-1988) geht er dabei auf die Liturgien der Ostkirche ein. Die
mitdokumentierte Diskussion zwischen James L. Heft und Jelly
geht der Frage nach, wie weit die Versöhnung zwischen Ost- und
Westkirche eine Brücke für den besseren Dialog mit den Reformationskirchen
und deren dreifaches Sola von Hl. Schrift,
Gnade und Christus sein könnte. Der spezielle Charakter von
Marias Mittlerschaft sei "maternal" und störe den Glauben an
Christus = Unus Mediator nicht, erklärt Jelly.

"Redemptoris mater: The Significanc of Mary for Woman",
mag an diese maternale Linie anschließen (136-158). Joyce A.
Little, der das Papier vortrug, geht stark ein auf die Bedeutung und
das Wesen der Mutterschaft wie auf die Mutter-Kindbeziehungen
. Das gehöre in den neuen Bundesgedanken, ist also im Bild
von Maria als der neuen Eva impliziert, wie Red. mater 37 belege.

Maria im liturgischen Jahr ist im Jahrbuch 1990 "new topic";
für 1989 war (laut "Report" 1988: 37) schon ähnlich geplant,
aber das damals für 1990 geplante "The Sensus plenior and the
biblical figures of Mary in the Old Testament" u.a. kam nicht.
" Mary in the Mysteries of Christ from Advent to the Baptism of
the Lord" werden in drei Aspekten ausgeführt: "Biblical Refe-
rences" von Bernard Lazor(31-48); "Liturgical References" von
John A Melloh (49-95); "Theotogical Reflections" von Fred. M.
Jelly (96-124). Da der Kreis von Advent bis Epiphanias der engste
Kontext in liturgischer und theologischer Hinsicht für Mariens
Nähe zu Christus ist, entspringen den 3 Beiträgen Anregungen
zu weiteren Untersuchungen und Vergleichen. Die biblischen
Aspekte von Genesis 3 bezogen auf Rom 5, Jes 9,6ff und Jes 11
reflektiert mit Mt 1, 18ff; Lk 1,26-38; 2,22-35; 11,27f, auch das
Magnificat sollten exegetisch gesicherter bedacht worden sein; es
gibt keine Bezüge auf wissenschaftliche Diskussionen. Die "Sa-
cred Tradition" mitbegründet von "Oral Tradition" durch das
Magisterium hat Vorrang.

Roderick Strange gibt dem 41. Jahresband ökumenische Impulse
mit einer gut spezifizierten Untersuchung der marianischen Position
Kardinal J. H. Newmans: "Newman on the Blessed Virgin
Mary" (8-30). Die Unterscheidung zwischen Lehre und Verehrung
sei bei ihm bezeichnend und von besonderem Wert, weil
vom Glauben an ihr Wirken für den Sohn und somit für die Kirche
alsbald eine Verehrung beginne, die "as a safeguard against
excess" helfe (25). Entscheidend mag sein, daß Christus als der
geglaubte Gottessohn die Würde der Gottesmutter einführt, aber
vor Auswüchsen von Frömmigkeitsformen bewahrt es nicht.

Beide Jahresbände enthalten wie üblich (vgl. ThLZ 116, 1550
Regionalberichte und Mitgliederlisten der Mariological Society,
Grußworte, Briefe mit speziellem Lehrinhalt (z. B. 1988:"Letter
from the Congregation for Catholic Education: The Virgin Mary
in intellectual and spirituel Formation", 203-221) und andere
Beigaben. Von allgemeinerem Wert sind die jährlichen, gegliederten
(aber unvollständigen) Forschungsübersichten zur Mariolo-
gie von E. R. Caroll.

Sachgemäß hat der neue Herausgeber in der Reihenfolge umgestellt
und nach der kurzen Begrüßungsadresse des Ortsordinarius
L. E. Gelineau, Bishop of Providence, und eigenem Vorwort
die 4 Haupt Vorträge folgen lassen, danach "A Survey of Recent
Mariology" (125-152) und alles andere wie Presendial Address,
The Secretary's Report, The Treasurer's Report, 4 Regionalberichte
, Mitgliederliste und Nekrolog später. Jedenfalls gehören
diese Jahresbände als Dokumentation der steigenden marianischen
Frömmigkeit und einer großen emotional, wenn auch
etwas einseitig geprägten Initiative dieser Bewegung ins wissenschaftlich
erfaßbare Bild bestimmter religiöser Anschauungsund
Erlebnisformen.

Ulfborg Horst J. E. Beintker

Ratzinger, Joseph Kardinal: Zur Gemeinschaft gerufen. Kirche
heute verstehen. Freiburg-Basel-Wien: Herder 1991. 158 S.
8°. Lw. DM 22,80.

Der Autor urteilt selbst, mit diesem Büchlein „einen ersten
Leitfaden katholischer Ekklesiologie anzubieten" (Vorwort, 9).
Das ist ein ziemlicher Anspruch. Aber er ist nicht unbegründet.
Zwar liegt dem Ganzen kein einheitliches Gesamtkonzept zugrunde
. Die fünf Kapitel und der Epilog stammen aus vier verschiedenen
Zusammenhängen: einem theologischen Kurs mit brasilianischen
Bischöfen vom Juli 1990 (Kapitel 1-3); der römischen
Bischofssynode vom Oktober 1990 (Kap. 4); einem Meeting in Ri-
mini vom September (Kap. 5) und einer Homilie vom Januar
1990 (Epilog). Doch das Feld ist schon eindrucksvoll umrissen:
Ursprung und Wesen der Kirche (11-42); Primat Petri und Einheit
der Kirche (43-69); Gesamtkirche und Teilkirche. Der Auftrag des
Bischofs (70-97); Vom Wesen des Priestertums (98-123); Eine
Gemeinschaft in steter Erneuerung (124-147). Das ist ein weiter
Bogen, farbig gezeichnet, gut zu verfolgen und von der Grundvoraussetzung
her einsichtig und instruktiv. Nur fällt dabei sofort auf
und läßt hinter jene Gesamtcharakteristik nun doch ein Fragezeichen
setzen: Der Entwurf ist - wenn er denn ein „ Leitfaden katholischer
Ekklesiologie" sein soll - in dieser Weise allzu sehr amtsorientiert
, hierarchieorientiert. Und wenn - auf ganzen 2 1/2 Seiten
! - vom Allgemeinen Priestertum gesprochen wird, dann nur,
um deutlich zu machen, daß „das allgemeine Priestertum der Getauften
... wenig gegen besondere priesterliche Dienste" aussagt
(118). Die Frage, die sogleich am Anfang unter denen angeführt
wird, „mit denen sich heute das Gespräch über die Kirche beschäftigt
", nämlich, „Was ist die Stellung des Laien in der Kirche
?" (11) bleibt so eigentlich ohne Antwort. Das aber bedeutet:
Die verbreitete Sprachlosigkeit angesichts dieser Frage wird auch
hier nicht durchbrochen, sondern im Gegenteil ein „Leitfaden katholischer
Ekklesiologie" angeboten, der im Grunde genommen
dem Ansatz des II. Vatikanischen Konzils wieder nicht gerecht
wird. Das von so manchen beklagte verkürzte Bild erfährt eine
neue Auflage, die es gerade vielen so schwer macht, die „Kirche
heute" zu „verstehen". Das mag nun freilich auch an der in den
verschiedenen Gelegenheiten jeweils speziellen Fragestellung l<e'
gen. Jener Anspruch aber, der im Klappentext sogar noch sehr viel
stärker betont wird, und auch schon der Untertitel des Buches weisen
in eine andere Richtung.

Schöneiche bei Berlin Hubert Kirchner