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Ausgabe:

1992

Spalte:

782-783

Kategorie:

Praktische Theologie

Titel/Untertitel:

Modelle des Marketing 1992

Rezensent:

Winkler, Eberhard

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781

Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 10

782

Hildegard Mogge-Grotjahn denkt nach über „Laien und Evangelische
Vereine, Werke und Verbände" (35-47). Sie differenziert
zwischen „hauptamtlichen Laien", „Laien als die Klientel" der
Verbände usw. und den „ehrenamtlichen Laien" (dazu gehören
besonders viele Frauen). Ohne alle gewachsenen Strukturen über
Bord werfen zu sollen, sei es wichtig, „zu fragen, wie denn die
Laien aller Art (wieder) zur Mitarbeit gewonnen werden könnten
..." (44). Dabei müßte von der Frage nach den Herausforderungen
und Aufgaben in der heutigen gesellschaftlichen Situation
ausgegangen werden.

Auf dem Hintergrund ihrer Mitarbeit im Vorstand des Deutschen
Evangelischen Kirchentages fragt Eleonore von Rotenhan:
»Der Deutsche Evangelische Kirchentag-eine Laienbewegung?"
(49-57) und antwortet: Beim Kirchentag begegnen sich Kirche
und Welt, und es wird deutlich, „was der Christ in dieser Welt
und in seiner Kirche zu tun habe" (56).

Hanna Habermann beschreibt „Initiativ- und Basisgruppen
als Kundschafter und Kritiker der Kirche" (59-78) und plädiert
für den Verzicht auf den „Ausdruck ,Laie' (und für) die Wiedergewinnung
der Kirche als einer .geschwisterlichen Dienst-
gruppe'..." (76).

Gernot Czell und Jens Haasen überlegen - ausgehend von Erfahrungen
eines Pastoralkollegs - in „Am Rande der Gemeinde:
Menschen in der .Mitte des Lebens'", wie die am Rande der Gemeinde
stehende Generation der 25-50jährigen stärker in das
Leben der Gemeinde hineingenommen werden könnte 79-91).

Gunther Ebbrecht beschreibt („Orte der Verunsicherung und
Stätten der Vergewisserung", 93-115) die Evangelischen Akademien
, die als Lern- u. Diskursgemeinschaften auf Zeit darauf abzielen
, „das Bewußtsein von Nichttheologen (Laien), aber auch
von Theologen zu schärfen und zu verändern ..."

Johannes Schwerdtfeger betrachtet das Verhältnis von „Kirche
und Wissenschaft" (117-129) und spricht im Anschluß an Georg
Picht von der „geschichtlichen Verantwortung (sc. der Kirche,
Rez) für die wissenschaftlich-technische Welt als Ganzes" - eine
besondere Herausforderung für die Wissenschaftler als Laien in
der Kirche.

Stefanie Spendet schreibt zum „Laienproblem in der katholischen
Kirche" („Laien - Stiefkinder oder Priester, Propheten
und Könige?", 131-150): „Das Dienstpriestertum ist kein privi-
•egierter Stand ... Der graduelle Unterschied zwischen gemeinsamem
und Dienstpriestertum bedeutet... kein ... .Mehr', sondern
e'n .Anders'..."

Wolfgang Müller betrachtet „Laien in den Freikirchen - zwischen
Anspruch und Wirklichkeit" (151-165). Sowohl von ihrem
Selbstverständnis her als auch aufgrund ihrer geschichtlichen
Entwicklung sind Freikirchen Laienkirchen, also Kirchen mit
starker Betonung des Laienelementes. Dennoch sei auf die Gefahr
eines Weges zur „Pastorenkirche", der Betonung von „Amtsautorität
" sowie die noch zu leistende Integration der Frauen in
dienst und Leitung hinzuweisen.

Jens Langer beschreibt auf dem Hintergrund von DDR-
Erfahrungen „Emanzipatorische(n) Protestantismus als kritische
Kraft in der gesellschaftlichen Entwicklung" (167-180) und resümiert
: Das kritische Potential in unserer Kirche wird „auch in
Zukunft daran erinnern, daß Freiheit und Frieden ohne Gerechtigkeit
in der Welt eine egoistische Illusion sind".

Harry M. de Lange betrachtet „Ökumenische Initiativen in der
Laienfrage" (181 -204). Es sei auffällig, daß sich die Laienfrage in
der Ökumene vorrangig beim Nachdenken über die Erneuerung
der

Kirche stelle. Hervorgehoben wird dabei das Eintreten für die
Gerechtigkeit.

Abgeschlossen wird das Buch mit einer informativen Literaturzusammenstellung
von Klaus Zinnie! (205-214).

Wie der Bericht über die einzelnen Beiträge dieses Buches
*eigt. sind kaleidoskopartig wichtige Aspekte der Frage nach der

Kirche in der Welt und der Kirche der Laien (Titel!) angesprochen
. Sie können hilfreich zum Gespräch und weiteren Nachdenken
über die anstehenden Fragen auf verschiedenen Ebenen von
Kirche, Diakonie, Theologie usw. anregen. Fragen nach der sogenannten
Weltverantwortung der Christen stehen für dieses Buch
wohl im Vordergrund. Doch kommen auch andere Aspekte bis
hin zum Gottesdienst zum Tragen. So kann dieser Sammelband
das Nachdenken über das wichtige und komplexe Thema
„Laien" befördern. Dabei muß der Bedeutung der Laien als „missionarischer
Repräsentanten des Glaubens in ihrer Lebenswelt"
(Huber, 17) (warum ist diese Frage, auch mit ihren diakonischen
Konsequenzen, nicht in einem eigenen Beitrag thematisiert worden
?) in besonderer Weise nachgegangen werden.

Berlin Wolf-Dietrich Talkenberger

Pereis, Hans-Ulrich: „Wie führe ich eine Kirchengemeinde? 2:
Modelle des Marketing. Gütersloh: Mohn 1991. 144 S. 8°.
Kart. DM 29,80.

Diesem Buch ging ein 1. Band voraus, in dem der Vf. Erkenntnisse
der Betriebswirtschaftslehre für das Management der
Kirchgemeinde fruchtbar zu machen suchte (bespr. inThLZ 116,
1991, 650- Im 2. Band „soll nun die Umsetzung in die Praxis erfolgen
und zwar zuerst mit einem Marketing-/Leistungskon-
zept". Die Gemeinde wird als ein Betrieb verstanden, der auf ein
„Produkt" hinarbeitet, das man mit dem Wort „Evangelium"
umschreiben, in der Praxis aber nur als Teilziel erreichen kann.
Trotz der Vorläufigkeit und Begrenztheit des Machbaren müssen
die menschlichen Chancen, sich dem Ziel einer „göttlichen Lebensqualität
" durch möglichst effiziente Arbeit zu nähern, in
methodisch durchdachter, qualifizierter Weise genutzt werden.
In der Begrifflichkeit des Marketing beschreibt der Vf. Aufgaben,
die viele Ähnlichkeiten mit Programmen des missionarischen
Gemeindeaufbaus zeigen. Andererseits grenzt er sich scharf von
evangelikalen Aussagen ab.

Den Gemeinden wird vorgeschlagen, ein Profil zu erarbeiten,
das den gegebenen Zustand und das angestrebte Ziel erkennen
läßt. „Eine Art Utopie muß entwickelt werden, auf die hin die
Aktivitäten und Leistungen ausgerichtet werden" (40). Dazu
dient die Entwicklung einer „Corporate Identity (CI)", die das
Erscheinungsbild der Gemeinde umschreibt. In diesem Zusammenhang
polemisiert Pereis heftig gegen volksmissionarische
Slogans wie „Jesus liebt dich", weil sie „außerhalb des menschlichen
Erfahrungsbereiches liegen" und deshalb den Menschen
nichts bringen (43).

Die Stärke des Buches liegt in einer Fülle konkreter Hinweise
darauf, wie die Kirchgemeinde einladend wirken kann. Vom
Schaukasten bis zur freundlichen Atmosphäre im Gemeindebüro
, vom guten Gebrauch des Telefonbeantworters bis zum für
verwöhnte Schweizer Gemeindeglieder nötigen Komfort im Tagungsheim
ist an alles gedacht, was positive Erfahrungen mit der
Kirche bringen kann. Es wird daran erinnert, daß die Mitglieder
finanzielle und ideelle Preise zahlen, für die sie niveauvolle Leistungen
erwarten dürfen, und zwar im ganzen Gemeindeleben.
Für Kirchen, die finanziell und personell weit von Pereis' Voraussetzungen
entfernt sind, müssen natürlich Modifikationen vorgenommen
werden, aber die Grundintention des Marketing, das
Angebot so ansprechend, einladend und wirksam wie möglich zu
gestalten, gilt für jede Kirche. Die Menschen sollen spüren, daß
der Kirche an ihnen liegt, und sie müssen klar sehen können, was
sie ihnen zu bieten hat. Dazu formuliert Pereis einige Leitbegriffe
wie Freiheit, Leben, Liebe. Es fällt auf, daß der Leitbegriff „Glauben
" fehlt (50), während bei „Positionierungsprofil" der Gemeinde
„gläubig" an erster Stelle genannt ist (41). Die Gläubig-