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Ausgabe:

1992

Spalte:

756-757

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

Encyclopedia of the early church 1992

Rezensent:

Irmscher, Johannes

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Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 10

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tung und zur Struktur des Römerbriefes, welche ermöglichen -
allgemein gesagt -, die Argumentation als eine gegliederte Einheit
aufzufassen.

Besonders bedeutend ist der letzte Teil, in dem die (alt)neue
Deutung der paulinischen Rechtfertigungslehre als bloße Überwindung
einer falschen Auffassung der Thora und als „Nebenkrater
" im paulinischen Denken (E. P. Sanders, H. Räisänen)
durch die Beiträge von J. D. G. Dunn und L. Gaston bestätigt
wird, während P. Stuhlmacher für die Rechtfertigung des Sünders
als Hauptthema plädiert. Die Probleme der Theologie des
Römerbriefes sind jedoch nur bruchstückhaft skizziert, weil der
Band weder die Kommentare (z.B. Cranfield, Käsemann,
Schlier, Wilckens, nur Stuhlmacher als Autor eines Kommentars
kommt zu Wort) noch die Monographien aufarbeiten kann und
nur indirekt von ihnen berichtet. Allein die hinzugefügte Bibliographie
deckt ein breiteres Feld ab.

In seiner Einleitung zur zweiten Auflage kann der Hg. konstatieren
, daß die weitere Forschung seine zwei methodologischen
Prinzipien eher bestätigt als geschwächt hat. Offen bleibt jedoch
die Frage der theologischen Absicht der Epistel. Daß der Römerbrief
kein christianae religionis compendium ist, sondern aus
mehreren konkreten Anlässen entstand, ist fast zum Konsensus
geworden. Daß jedoch Paulus bei konkreter Gelegenheit grundsätzliche
Aussagen machen kann, ist dadurch nicht widerlegt. In
diesem Zusammenhang entbehren wir in den Beiträgen der Ex-
egeten, welche die Rechtfertigungslehre relativieren, eine grundsätzliche
Auseinandersetzung mit dem Kommentar von E. Käsemann
. (Neue Argumente gegen die Position von Dunn sind in
dem Aufsatz von C. E. B. Cranfield, The Work of Law, JSNT
Nr. 43-1991, enthalten: Paulus relativiert nicht nur das Zeremo-
nialgesetz, sondern die ganze Thora als Heilsweg).

Ein irreversibles Ergebnis der Forschung ist jedenfalls, daß
man die Rechtfertigungslehre nicht nur auf den individuellen
Sünder beziehen kann, sondern auch auf die ganze christliche
Gemeinde. Auf der anderen Seite ist es strittig, ob die Aussagen
über Israel in Rom 11 der Rahmen der paulinischen Argumentation
sind, wie es der Leser mehreren Beiträgen des Bandes entnehmen
kann. Es handelt sich eher um die äußerste Applikation
der Rechtfertigungslehre, denn auch die Hoffnung Israels ist
letztlich von der Gnade Gottes abhängig, die jetzt als Evangelium
verkündigt wird (Rom 11,31 f. vgl. 15,9). Dies ist nur ein Beispiel
der Gedanken, welche die Lektüre dieses bedeutenden Bandes
inspirieren können.

Errata: S. XLI sollte in der Anm. 2. Cranfield statt Caird stehen
.

Prag Petr Pokorny

Luomanen, Petri [Ed.]: Luke-Acts. Scandinavian Perspectives.
Helsinki: The Exegetical Society; Göttingen: Vandenhoeck &
Ruprecht 1991. VI, 194 S. 8 ' = Publications of the Finnish Exegetical
Society, 54.

Im Juni 1990 fand, einer Initiative finnischer Neutestamentier
folgend, eine „Skandinavische Neutestamentlertagung" in Helsinki
statt, deren Ziel es war, die traditionellen Verbindungen
unter den skandinavischen Fach vertretern zu erneuern. Den äusseren
Anlaß dazu bot das 350jährige Jubiläum der Universität
Helsinki. Das Rahmenthema der Tagung sollte breit genug sein,
um der Vielfalt der Methoden und Ansätze innerhalb der skandinavischen
neutestamentlichen Forschung Raum zu geben. Dieser
Anforderung entsprach das lukanische Doppelwerk in idealer
Weise. Der vorliegende Dokumentationsband enthält die fünf
Hauptvorlesungen der Tagung sowie zwei Seminarpapiere.

Der Hauptvortrag von Kristjän Büason (Reykjavik) "The
Good Samaritan, Luke 10:25-37. One Text Three Methods"

führt an einem Beispiel verschiedene methodische Zugangswege
vor. Drei Auslegungsmodelle werden zunächst nebeneinandergestellt
: ein redaktionsgeschichtliches, ein literarkritisches und ein
textlinguistisches. Die folgende vergleichende Auswertung der
Ergebnisse verweist auf die Möglichkeiten und Grenzen der verschiedenen
Methoden und will so als ein Plädoyer für deren Zusammenspiel
verstanden werden. - Kari Syreeni (Helsinki) geht
in dem Beitrag "The Gospel in Paradigms. A Study in the Herme-
neutical Space of Luke-Acts" der Frage nach, in welchem Sinn
einige im lukanischen Werk hervorgehobene Einzelgestalten als
Vorbilder christlichen Glaubens und Verhaltens dargestellt sind.
Neben Maria, der Mutter Jesu, werden der barmherzige Samariter
(LK 10, 29-37), die beiden Schacher am Kreuz (LK 23,
33-46) und der abschiednehmende Paulus (Apg 20, 18-35) behandelt
. - Halvor Moxnes (Oslo) befaßt sich in einem instruktiven
Forschungsbericht mit "Social Relations and Economic
Interaction in Luke's Gospel". Er gibt dabei in knapper Zusammenfassung
Ansatz und Ergebnisse seines Buches "The Economy
of the Kingdom" (1989) wieder. - Eyvind Nielsen (Aarhus) behandelt
"The Purpose of the Lucan Writings with Particular Re-
ference to Eschatology". Ausgehend von der Untersuchung
eschatologischer Motive in der lukanischen Gemeindeparänesc
will er zeigen, "that the eschatological aspects are included in a
clarified way in the Lucan perspective" (88). - Der Beitrag von
Heikki Räisänen (Helsinki) "The Redemption of Israel" ist
einem besonders brisanten Aspekt der lukanischen Sicht von
Heilsgeschichte gewidmet. Er kommt zu dem kritischen Ergebnis
, daß Lukas ebensowenig wie Paulus das Dilemma zwischen
den Aspekten der heilsgeschichtlichen „ Erfüllung " für Israel und
der Neuheit des Christusgeschehens theologisch bewältigt hat.
Dies kommt darin zum Ausdruck, daß die durch seine Sprache
nahegelegte positive Einstellung gegenüber Israel durch seine
faktische Disqualifizierung der jüdischen Religion widerlegt
wird (110).

Die beiden Seminarpapiere sind dem Verhältnis des Lk-Ev zu
anderen Evangelien gewidmet. Matti Myllykoski (Helsinki) behandelt
"The Material Common to Luke and John". Die inhaltlichen
Berührungen zwischen Lukas und dem Johannesevangelium
, haupsächlich in den Passionsberichten, lassen sich - so
seine These - auf die Benutzung ähnlicher mündlicher Traditionen
, nicht jedoch auf eine literarische Abhängigkeit des Johannes
von Lukas zurückführen. - Walter Übelacker thematisiert "Das
Verhältnis von Lk/Apg zum Markusevangelium" in vorwiegend
redaktionsgeschichtlicher Sicht.

Man mag das Fehlen eines Berichts über den Verlauf der Diskussionen
bedauern. Er hätte möglicherweise mehr als die einzelnen
Beiträge darüber Aufschluß geben können, ob und in welcher
Hinsicht heute eine gemeinsame Perspektive skandinavischer
neutestamentlicher Forschung existiert.

Erlangen Jürgen RolofT

Kirchengeschichte: Alte Kirche

Encyclopedia of the Early Church. Vol. I u. II. Produced by the In-
stitutum Patristicum Augustinianum and ed. by A. Di Berar-
dino. Transl. from the Italian by A. Walford. With a foreword
and bibliographic amendments by W. H. C. Frend. Cambridge:
Clarke 1992, XXV, 1130S. 4°.

In drei Bänden legte in den Jahren 1983 bis 1988 der Verlag
Marietti in Casale Monferrato ein Werk von weittragender Bedeutung
vor, das "Dizionario patristico e di antichitä cristiane"-
Unter den Auspizien des päpstlichen Institutum patristicum
Augustinianum hatte Angelo Di Berardino, Professor an dieser