Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1992

Spalte:

732-734

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Autor/Hrsg.:

Berg, Horst Klaus

Titel/Untertitel:

Ein Wort wie Feuer 1992

Rezensent:

Kittel, Gisela

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

731

Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 10

732

gäbe anläßlich des 80. Geburtstages von Hans Joachim Stoebe
ausgewählt und neu hg. hat. Die Aufsätze sind unverändert reproduziert
. Der Hg. hat jedoch Ergänzungen vorangestellt (11-
25), in denen er Inhalt und Anliegen des jeweiligen Aufsatzes
kurz umreißt und eine Auswahl der seither erschienenen Literatur
bietet. Bei der letzteren berücksichtigt er vor allem Veröffentlichungen
, in denen eine Auseinandersetzung mit den Positionen
Stoebes erfolgt, so daß es dem Leser leicht möglich ist, diese in
die gegenwärtige Forschungslage einzuordnen. Sehr verdienstlich
ist auch das Bibelstellen- und Stichwortregister, das der Hg.
als Anhang beigegeben hat (327-339). Die thematischen Schwerpunkte
der Aufsätze sind einerseits bestimmte Textbereiche des
Alten Testaments, vor allem die Saul-David-Überlieferungen
und die Prophetie, aber auch das jahwistische Werk im Penta-
teuch und der Dekalog, und andererseits Grundfragen zur Theologie
des Alten Testaments und zur Methodik alttestamentlicher
Exegese, darüber hinaus auch Probleme der Archäologie Jerusalems
. Daß die hier getroffene Auswahl der Aufsätze für die von
Stoebe geleistete Forschungsarbeit insgesamt repräsentativ ist,
wird sehr deutlich, wenn man sie mit dessen Bibliographie, die
der Hg. bereits anläßlich des 75. Geburtstags erstellt hat (ThLZ
109, 1984, 155-159), vergleicht. So ist der Band vorzüglich geeignet
, den Leser in die Vielfalt der von Stoebe behandelten Themen
einzuTühren und ihn mit dessen Intentionen und Arbeitsweise
vertraut zu machen.

Im einzelnen enthält der Band die folgenden Beiträge: Das achte Gebot
(Exod. 20 v. 16), 27-45. - Gut und Böse in der Jahwistischen Quelle des
Pentatcuch, 46-62. - Sündenbewußtscin und Glaubensuniversalismus.
Gedanken zu Genesis Kapitel 3, 63-73. - Die Goliathperikope 1. Sam
XVII I - XVIII 5 und die Textform der Septuaginta, 74-90. - David und
Mikal. Überlegungen zur Jugendgeschichte Davids, 91-110. - Zur Topographie
und Überlieferung der Schlacht von Mikmas, l.Sam. 13 und 14,
1 I 1-122. - Gedanken zur Heldensage in den Samuelbüchern, 123-133. -
David und der Ammoniterkrieg, 134-144. - Der Prophet Arnos und sein
bürgerlicher Beruf, 145-166. - Überlegungen zu den geistlichen Voraussetzungen
der Prophetie des Arnos 167-183. - Jeremia, Prophet und Seelsorger
, 184-208. - Und demütig sein vor deinem Gott. Micha 6,8,209-223. -
Überlegungen zur Siloahinschrift, 224-240. - Die Einnahme Jerusalems
und der Sinnör. 241-267. - Überlegungen zur Theologie des Alten Testaments
, 268-288. - Grenzen der Literarkritik im Alten Testament, 289-
304. - Heilung und Glaube, 305-316. - Geprägte Form und geschichtlichindividuelle
Erfahrung im Alten Testament, 317-324.

Auf die Aufsätze en detail einzugehen, ist an dieser Stelle nicht
möglich und auch nicht erforderlich, da sie in der Fachwelt allgemein
und dazu größtenteils schon seit langem bekannt sind und
die ihnen gebührende Beachtung und Anerkennung gefunden
haben. Es muß jedoch generell betont werden, daß sie noch
immer von aktueller Bedeutung sind und dies auch durch neue
Ergebnisse und Problemstellungen in der Forschung keineswegs
in Frage gestellt wird. Hervorzuheben ist vor allem der subtile
Umgang mit Texten. Stoebe geht hier jeweils sehr genau den Problemen
der Textkritik und der grammatischen Struktur sowie der
Bedeutung und dem Gebrauch der für das Verständnis wichtigen
Wörter und Wendungen nach. Für letzteres bezieht er stets ausführlich
die einschlägigen Belege im gesamten Alten Testament
wie auch außerbiblisches Material ein, so daß seine Ausführungen
nie nur für den behandelten Text selbst relevant sind, sondern
auch für andere Textzusammenhänge wichtige Einsichten
vermitteln. Musterbeispiele dafür sind die Beiträge zum achten
Gebot, zum Verständnis von „gut und böse" im jahwistischen
Werk, zum Beruf des Arnos oder zu Mi 6,8. Bei berichtenden Texten
ist er zudem bemüht, eine konkrete Vorstellung des Geschehens
zu gewinnen, um auf diese Weise zu einem besseren Verständnis
zu gelangen. Hier sind insbesondere seine Überlegungen
zur Siloahinschrift und zur Einnahme Jerusalems durch David
zu nennen, wo er aus den Texten und archäologischen Befunden
auf bestimmte technische Gegebenheiten und Verfahrensweisen
schließt, die eine sachgemäße Deutung der Texte und Vorgänge

ermöglichen, oder die Behandlung militärischer Auseinandersetzungen
, wie des Ammoniterkrieges Davids, bei der er die strategischen
Bedingungen und Ziele thematisiert und so zu einer differenzierten
Interpretation des Geschehens und seiner Darstellung
gelangt. Nicht minder wichtig ist aber, daß er die biblischen
Texte zugleich als Ergebnis überlieferungsgeschichtlicher Prozesse
zu verstehen und die Vorstellungen und Motive, die für ihre
Gestaltung maßgeblich waren, zu erfassen sucht. Von da aus gesehen
sind für ihn auch manche Wideryrüchlichkeiten in der Darstellung
erklärlich und nicht durch glättende Textkorrekturen zu
beseitigen. Als Beispiel sei hier nur der Aufsatz über die Schlacht
von Mikmas genannt. So vermag er oft gerade schwierigen und
unklaren Passagen einen Sinn abzugewinnen, der auch für den,
der zu anderen Ergebnissen kommt, doch ernsthaften Bedenkens
wert ist.

Es ist daher sehr zu begrüßen, daß die Aufsätze erneut und als
geschlossene Sammlung nun einer noch breiteren Öffentlichkeit
zugänglich gemacht werden. Denn abgesehen von den Ergebnissen
, die sie erbracht haben, sind sie hervorragend geeignet, zu
eindringender exegetischer Arbeit anzuleiten. Jeder, der um die
Interpretation biblischer Texte bemüht ist, kann hier beispielhaft
lernen, wie exegetische Methoden anzuwenden sind, welche
Tragfähigkeit sie im konkreten Falle haben und wie sie sich dabei
gegenseitig ergänzen und begrenzen. In einer Zeit, in der manche
Methode überschätzt und andererseits das bisherige Instrumentarium
sehr kritisch hinterfragt wird, kann es nur hilfreich sein,
sich auf Arbeiten wie die vorliegenden zu besinnen und sich
davon Anstöße für die eigene Arbeit geben zu lassen. In dieser
Hinsicht sind auch die Beiträge zu Grundfragen der alttesta-
mentlichen Theologie und Exegese, die aus den sechziger Jahren
stammen, lehrreich. Auch wenn sie natürlich durch die damalige
Forschungslage geprägt sind, sind doch die in ihnen aufgeworfenen
Fragen als solche keineswegs überholt. Man kann nur wünschen
, daß der Band viele aufmerksame Leser findet und so die
von Stoebe geleistete Arbeit die ihr angemessene Würdigung erfährt
.

Jena Joachim Conrad

Bibelwissenschaft

Berg, Horst Klaus: Ein Wort wie Feuer. Wege lebendiger Bibelauslegung
. München: Kösel; Stuttgart: Calwer 1991. 488 S.
gr.8ü = Handbuch des Biblischen Unterrichts, 1. Kart. DM
48,-.

In umfassender Weise werden in diesem Buch neue Auslegungsansätze
, die in den letzten zwanzig Jahren entwickelt wurden
, aber auch längst bekannte Wege der Bibelauslegung aufgenommen
, dargestellt, kritisch gesichtet und erprobt. Insgesamt
handelt es sich um 13 hermeneutische Konzeptionen, die Horst
Klaus Berg in diesem Werk vorstellt, angefangen bei der historisch
-kritischen Bibelauslegung über so unterschiedliche Konzepte
wie z. B. die linguistische, die tiefenpsychologische oder die
interaktionale Auslegung bis hin zur Auslegung durch Verfremdung
und zur jüdischen Bibelinterpretation. Jedes der 13 Kapitel
ist in dergleichen Weise angelegt. Unter der Überschrift „Optionen
" werden zunächst die hermeneutischen und methodischen
Vorentscheidungen des jeweiligen Weges beschrieben. Dann folgt
die Darstellung der Methoden, die in dem Konzept Verwendung
finden. Die Exemplifizierung und Erprobung des jeweiligen Ansatzes
findet in jedem Kapitel an demselben alt- und neutesta-
mentlichen Text statt, nämlich der Geschichte von Kain und
Abel (Gen 4,1-16) und der Heilung des Besessenen von Gergesa
(Mk 5,1-20). So können die Leser mitvollziehen, was der darge-