Recherche – Detailansicht
Ausgabe: | 1992 |
Spalte: | 709-710 |
Kategorie: | Ökumenik, Konfessionskunde |
Titel/Untertitel: | Herausgefordert durch die Armen 1992 |
Rezensent: | Althausen, Johannes |
Ansicht Scan: | |
Download Scan: |
709
Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 9
710
unvereinbare... Vorstellungen der Schüler hineinverzweckt werden
. Erziehung ist... in einem anthroposophischen Verständnis
die Erziehung zum apersonalen Menschen." (306f.)
Leipzig Werner Müller
Ökumenik: Allgemeines
Herausgefordert durch die Armen. Dokumente der Ökumenischen
Vereinigung von Dritte-Welt-Theologen 1976-1986.
Freiburg-Basel-Wien: Herder 1990, 229 S. 8" - Theologie der
Dritten Welt, 13. Kart. DM 38.-.
Die erste Dokumentation dieser Art hat Missio in Aachen im
Jahre 1983 veröffentlicht. Sie wurde in ThLZ 109 (1984) 9 Uff
besprochen. Unter dem gleichen Titel werden nun auch die Dokumente
der letzten weltweiten EATWOT-Konferenz von Oax-
tepec 1986 vorgelegt. Die Konferenz hatte ihre Schwierigkeiten.
Das Abschlußdokument wurde im Grunde erst nachträglich verfaßt
. So aber wurde es zu einem Zwischenbericht über die Entwicklung
der Ökumenischen Vereinigung. Die gemeinsamen
Grundanliegen sind geblieben. Historische und kulturelle Unterschiede
der verschiedenen Kontinente traten stärker in Erscheinung
. Dies gilt vor allen Dingen im Blick auf die asiatischen Vertreter
der Dritte-Welt-Thcologie. Ihre Forderung nach einer
«kosmischen Christologie" erinnert an den seinerzeit aufsehenerregenden
Vortrag Joseph Sittlers auf der 3. Vollversammlung
des Ökumenischen Rates der Kirchen 1961 in Neu-Delhi. Eine
entsprechende theologische Einzelbegründung liefert das Dokument
von Oaxtepec allerdings nicht. Deutlicher ist schon die offensichtlich
auch stark von Asien her beeinflußte Forderung nach
einer neuen Spiritualität dargestellt (194ff). Klar ist: „EATWOT
bietet ein Forum für die Begegnung und Bereicherung verschiedener
Spiritualitäten in der Erfahrung des heiligen Geistes und
durch die Vermittlung eines konkreten soziopolitischen Engagements
."
Ergänzend zu der Übersicht in meiner Besprechung von 1984
(s.o.) sind aus dem Dokument von 1986 vor allem einige gut gelungene
zusammenfassende Formulierungen hervorzuheben:
Nicht die Depcndenz-Theorie oder der marxistische Grundansatz
bei der Analyse der Situation scheinen entscheidend zu
scin, wohl aber eine tief sitzende Kapitalismus-Kritik, die aus der
Angst um das Überleben kommt. „Die religiöse Reflexion, die
diesen Namen verdient, muß sich engagieren in einer theologischen
und nicht nur ethischen Kritik dieser Kultur der organisierten
Habsucht und dieses Kultes des Moloch Mammon."
* 183) Stärker als bisher sind auch die Töne, die die Krankheit
e'nheimischer Kulturen beschreiben (1850- Demgegenüber zeigt
e'n Abschnitt über die Theologie des Lebens (190ff) die Vielfalt
und historische Einwurzelung des Glaubens an den Gott des Leoens
, der in Jesus Christus erkennbar geworden ist, eines Glaubens
, der Ausgangspunkt und Fundament gemeinsamer theologi-
Scher Bemühungen in der Dritten Welt ist. Hierbei gehört dann
aiJch die Frage: „Im Kontext des Geistes und der Geburtswehen
der Erde fragen wir: Ist nicht die Realität Jesus größer als die begrenzte
Geschichte im Fleisch, die er lebte? Ist Jesus von Naza-
feth der ganze Christus, das ganze Wort Gottes? Müssen wir nicht
den geschichtlichen Jesus und den kosmischen Christus in einer
■"eichen pneumatischen Christologie und ciner(kosmo-)theandri-
Schen Sicht der Realität miteinander verbinden?" (191)
Schließlich sei auch auf einige Sätze zum Thema Evangelisie-
ru"g aufmerksam gemacht. Sie scheinen den Streit um Präsenz
Und Bekehrung bei der Wahrnehmung der Situation in der Dritten
Welt überflüssig zu machen. Evangelisierung „muß verstanden
werden als bescheidene und freundliche Präsenz der Kirchen
, um ihrerseits das Wunder der Gnade Gottes in jeder Geschichte
und Kultur und in jedem Volk zu entdecken und diese
Gnade mit Danksagung zu feiern; um offen zu sein für die spezifische
Wahrheit und Gotteserfahrung der anderen und diese zu
ihrer eigenen Bereicherung und für ihr eigenes Wachstum anzunehmen
; um ihre spezifisch christliche Gotteserfahrung, die
Liebe und Hoffnung, die mit der Realität des Jesus von Nazareth
in die Geschichte der Menschen gekommen sind, den anderen
zugänglich zu machen und gemeinsam mit allen, die für die
Würde des Menschen eintreten, für die Befreiung aller zu kämpfen
." (1930-
Der abschließende bewertende Aufsatz stammt wie in der Ausgabe
von 1983 aus der Feder von Georg Evers, eines Mitarbeiters
von Missio Aachen. Aber er ist ganz neu geschrieben worden.
Auch hier will es den Rezensenten scheinen, als sei die Diskussion
mit den EATWOT-Theologen in ruhigere Bahnen gekommen
. Was seiner Zeit noch dazu veranlaßte, Herausforderungen
zu formulieren, ist offensichtlich inzwischen besser verstanden
worden und veranlaßte den Betrachter in seinem zweiten Rückblick
mehr zu einer Art Spurensuche der Partner und Freunde
EATWOTs. Bei der Aufzählung und Berichterstattung über die
Arbeit entsprechender Arbeitsgruppen in Deutschland fällt auf,
daß diese wie die Ökumenische Vereinigung selbst grundsätzlich
ökumenisch zusammengesetzt sind. Noch werden sie als Ströme
einer europäischen Befreiungstheologie betrachtet. Ist diese aber
gekennzeichnet als eine Theologie, „die mit dem Schwerpunkt
auf die Auferweckung als dem zentralen Geheimnis, für das die
Kirche Zeugnis geben soll, nach den „,Tod-Erfahrungen'" in der
gegenwärtigen Gesellschaft fragt, um darin das zeichenhafte
Handeln der Kirche deutlich zu machen" (213), sind die Gruppen
, die dies aufnehmen, und ihre Gesprächspartner in den Ländern
der Dritten Welt mit den Fragen beschäftigt, die nicht Sache
einer speziellen Theologie allein sein kann. Ist das „nur" kontex-
tuelle Theologie?
Berlin Johannes Althausen
Müller-Römheld, Walther [Hg.]: Im Zeichen des Heiligen Geistes
. Bericht aus Canberra 1991. Offizieller Bericht der Siebten
Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen. 7. bis
20. Februar 1991 in Canberra/Australien. Frankfurt/M.: Lembeck
1991 Kart. DM28,-.
Am Schluß des Berichtbandes wird die Verfassung und die
Satzung des Ökumenischen Rates der Kirchen abgedruckt.
(333ff) Es ist sinnvoll, daß diese Texte gegenwärtig sind. Denn
hier sind Aufgaben, Ziele und also Spielräume, aber auch Grenzen
des Ökumenischen Rates und der Vollversammlungen verankert
. Gerade die „ Überlegungen orthodoxer Teilnehmer - gerichtet
an die Siebte Vollversammlung" (280ff) warnen vor einem
Abweichen von der Basis des ÖRK und klagen die Hauptaufgabe
des ÖRK ein, „Instrument zur Wiederherstellung der christlichen
Einheit zu sein" und nicht nur ein „Forum des Mei-
nungsauslauschs" ohne „spezifisch christliche theologische
Grundlage" (281). Tendenzen zur „Veränderung des Entschei-
dungsfindungsprozesses innerhalb des ÖRK" stellten „das
eigentliche Wesen und die Identität des Rates... in Frage" (282).
Insofern macht der Berichtband deutlich, daß es in Canberra
nicht nur um gegenseitigen Austausch, Stellungnahmen, thematische
Klärung und die Erfahrung weltweiter geistlicher Gemeinschaft
ging, sondern in dem allen um die Grundfrage, inwieweit
die Arbeit des ÖRK in Zukunft getragen und gefördert wird von
den Mitgliedskirchen. Der Bericht des Zentralausschußvorsit-