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Ausgabe:

1992

Spalte:

703-705

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Titel/Untertitel:

Im Streit um die gute Schule 1992

Rezensent:

Ohlemacher, Jörg

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Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 9

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sehen kerygmatischer und therapeutischer Seelsorge im Licht
einer seelsorglich entdeckten Bibel nur aufbrechen und überholen
. Gerade um der Zuwendung zu den Müden willen ist ihm die
Seelsorge der Bibel wichtig geworden. Er braucht die „dritte
Stimme" der Bibel, um mit den Müden zur rechten Zeit zu reden
und ihnen nicht nur sprachlos zuzuhören, eingeschlossen in ein
Methodenkonzept oder in eine Verkündigungssucht, die ihn
nicht wirklich bei dem Gesprächspartner sein lassen.

In seiner Erwartung, daß in der Bibel für die Seelsorger eine
Stimme extra nos warte, ist Tracke ebenso ein Schüler H. J.
Iwands wie Karl Barths. Beide Lehrer hat der Schüler aber so
eigenständig und eigenwillig weitergeführt, daß es unsinnig wäre,
Tacke mehr der lutherischen oder der reformierten Richtung zuzurechnen
. Was Tacke als viel gesuchten Seelsorger wie als Seelsorgelehrer
letztlich so einzigartig macht, ist die Art und Weise,
wie er mit dem Trost, den er sebst angesichts seiner schlimmen
Depressionen vernahm, andere Menschen trösten bzw. zum Trösten
anleiten konnte. Als er anläßlich des 100. Geburtstages von
Eduard Thurneysen auf einem Symposiion in Villigst 1988 zur
„kontrapunktischen Versöhnung" von kerygmatischer und therapeutischer
Seelsorge aufrief, da war er selbst schon ein vom Tod
Gezeichneter, der mit den der Fronten Müden noch zur rechten
Zeit redete. Wenn seine „ Beiträge zu einer bibelorientierten Seelsorge
" diese Versöhnung ausbreiten sollten und der Seelsorge im
Licht der Bibel die Bettlergestalt der Paraklese gäben, wäre das
die Erfüllung des Vermächtnisses eines - nach menschlichem Ermessen
- viel zu früh Verstorbenen.

Heidelberg Christian Möller

Altwerden (Thcmcnhcft Concilium 27, 1991. Heft 3).

Beier, Peter: Nein zum Tode - Ja zum Sterben. Ein Lesebuch. Neukir-
chcn-Vluyn: Ncukirchcncr Verlag 1991. 95 S. kl.8 . Kart. DM 12.80.

Carlson. Walther D.: The Center of Pastoral Convcrsation (Dialog 30.
1991. 200-203).

Feilzer, Heinz: Das „Pastor bonus"-Motiv in Kirche und Pastoralthco-
logic(TThZ 100. 1991.243-259).

Handbuch der Seelsorge. Bearb. von I. Becker. K.-H. Bicritz. R. Blühm,
N. Buske. H. Daewcl. G. Doyc. D. Förster. H. Genest, G. Hänisch, M.
Haustein. J. Hcnkys. K.-P. Hcrtzsch. H.-H. Jcnsscn. G. Kehnscherper.
E.-R. Kicsow. G. Kretzschmar, G. Krusche. I. Pcttclkau, W. Saft. U.-J.
Schmidt. G. Steinacker. C. Tögel. H. Urmoncit. E. Winkler, F. Winter. 4.
Aufl. Berlin: Evang. Vcrlagsanstalt 1990. 619 S. gr.8 - (s. Bespr. inThLZ
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Hendriks, Wiltrud: Wenn die Seele weint. Vortragsfolge „Ärztckanzel"
St. Nikolai. Hannover: Luth. Vcrlagshaus 1990. 150 S. kl.8 = Vorlagen,
NF 12.

Knobloch, Stefan: Seelsorgc als Mystagogic (TThZ 100. 1991. 260-
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Krankenseelsorge (Themenheft Concilium 27. 1991. Heft 2).
Kruse, Martin: Der scclsorgerlichc Auftrag der Kirche (PTh 80. 1991.
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Lüdemann, Gerd: Träume - die vergessene Sprache Gottes? Zur tiefen-
psychologischcn Exegese Eugen Drewermanns (MdKI 41. 1990. 67-73).

Myers, David G.. and Malcolm A. Jecvcs: Psychology through the Eyes
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Schreiber, Matthis: Gustav Heinemann und die MilitärscelsorgefJK 52,
1991. 403-404).

Praktische Theologie:
Kathechetik/Religionspädagogik

Abromeit, Hans-Jürgen: Im Streit um die gute Schule. Der Beitrag
der Christen. Unter Mitarb. von H.-K. Beckmann, G.
Böhm, H. B. Kaufmann, K. H. Potthast. Neukirchen-Vluyn:
Schriftenmissions-Verlag 1991. 120 S. 8 = ABCteam.

Als 6. Titel der Reihe „Brennpunkt Erziehung" geht der von
Abromeit herausgegebene Sammelband auf eine Tagung der
„Christlichen Initiative Brennpunkt Erziehung" 1989 zurück.
Die Beiträge sollen die Intentionen des in der gleichen Reihe erschienenen
Bandes „Die Christen und die Schulen in staatlicher
und in freier Trägerschaft" (Hans Bernhard Kaufmann 1989)
fortsetzen. Die Kernfrage lautet: „Sollen Christen und christliche
Kirchen ihren Beitrag vor allem in den öffentlichen oder in
eigenen Schulen einbringen?" (9)

Nach zwei das Problemfeld eröffnenden Erfahrungstexten aus
der Schule (Selbsttötung eines Schülers, Brief an den Vater, der
die Familie verlassen hat) im Vorwort beginnt Abromeit mit
einer überarbeiteten Predigt zu 2. Kor. 3, 2-6 die Sachbeiträge
(10-18). Sie ist an Pädagogen, Eltern und Schüler gerichtet, die
sich als „Brief Christi" verstehen sollen; denn „Christus hat unsere
Lebensgeschichte geschrieben, nicht mit Tinte, sondern mit
dem Geist des lebendigen Gottes." (14f.) „Wenn diese Menschen
an der Schule wirken, kommt mit ihnen die Botschaft Christi in
die Schulen. Christliche Lehrer, Schüler und Eltern sind in diesem
Sinne ein Brief Christi." (16) Ein cantusfirmus für den Band
ist angestimmt: Die „ Christlichkeit" der Schule entscheidet sich
an einer christlichen Schulgemeinde. Karl Heinz Potthast geht
(als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft evangelischer Schulbünde
) der Frage nach „Was ist eine gute Schule?" (19-32) Der
nicht streng systematisch aufgebaute Beitrag enthält viele Postu-
late (Schulpluralismus, Autonomie der Schule, freie Lehrerwahl,
offene Thematisierung des Menschenbildes, verbindliche Lehrerfortbildung
, fächerübergreifendes Lehren u.a.), deren Umsetzung
an ehesten in freien Schulen gelingen könne. Auch er legt
den Akzent auf den „personalen Faktor": „Kann man vom
Evangelium her mehr sagen als dies: Gute Schule entsteht, wenn
Lehrer erfahrene Vergebung in eigene Irrtumsfähigkeit umwandeln
und so das christliche Zeugnis in Person vornehmen?" (20)
„Individuelle Schulprofile und eine spezifische Schulkultur sind
Kennzeichen guter Schulen." Gegen das bildungspolitische
„Schuleinerlei" wendet er sich vehement und ist skeptisch, ob
sich angesichts der wachsenden multikulturellen Gesellschaft der
christliche Charakter der Gemeinschaftsschulen noch halten
lasse. Der Hg. hat die auf den Vortrag folgende Diskussion unter
den Leitbegriffen Vertrauen als „wichtigstes Qualitätsmerkmal
einer guten Schule", Vergebungsbereitschaft und notwendige Relativierung
von Leistungsansprüchen zusammengefaßt. (33-40)

Günter Böhm skizziert die „Christliche Gemeinschaftsschule
zwischen weltanschaulicher Neutralität und gesellschaftlichem
Pluralismus" (41-51); er gibt ihr eine Chance, wenn ihre verfassungsrechtlichen
Grundlagen mit dem „Recht positiver
Religionsfreiheit" (These 1) wieder herausgestellt, der Autonomiebereich
des Lehrers, der auch im Fachunterricht Lebensorientierung
geben soll, besser ausgeschöpft (These 2) und eine
Neuorientierung des Religionsunterrichts erreicht wird, die biblische
Grundlegung und Aufarbeitung der Lebensprobleme der
Schüler verbindet (These 3), wobei Böhm einen deutlichen Akzent
auf die Bibel „als wichtigste Quelle des Unterrichts" (48)
legt. Dazu fordert er eine Veränderung der Schule im Hinblick
auf Öffnung in ihr Umfeld und zu einem reichen Schulleben
(These 4). Aus einem westfälischen Gymnasium bringt er nachdenkenswerte
„Zehn Gebote für eine pädagogischen Minima''
konsens" ein. (51) Die wiederum vom Hg. dokumentierte D's'
kussion (52-59) bringt Akzente für den Beitrag der Schüler m
einer christlichen Schule, für die geistliche Verankerung der Re'1"
gionslehrer und die Einbindung des Beitrages der Christen zur
Schule in ökumenische Gemeinde-Zusammenhänge (Praxisanregungen
).

Hans-K. Beckmann geht es bei seinem Beitrag „Die Situation
der Gemeinschaftsschule und die Notwendigkeit evangelischer
Schulen in nichtstaatlicher Trägerschaft" (60-72) letztlich um