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Ausgabe:

1992

Spalte:

633-635

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Titel/Untertitel:

Laien als Gemeindeleiter 1992

Rezensent:

Althausen, Johannes

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Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 8

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sich auf ausgewählte Einzelfragen. Im ganzen ist sie bemüht, Übernahme seines Bischofsamtes 1958 zur schrittweisen Einfüh-
diese Kurzdefinition näher auszuleuchten und zwar nach drei rung neuer pfarramtlicher Strukturen veranlaßte. Und hier wie
Seiten hin: I, Sie untersucht die Zulassung des kirchlichen An- da erwuchsen diese neuen Erkenntnisse aus einer inneren Neu-
walts, wobei exkursartig auch die Stellung des Laien sowie jene Orientierung aufdie Begegnung kirchlicher und evangelischer Arder
Frau - beide sind ebenso wie Kleriker und Religiösen befugt, beit mit dem kulturellen Erbe Afrikas. Malula war 31 Jahre Bi-
diesen Dienst wahrzunehmen - behandelt werden; 2. sie fragt schof. Kurz vor seinem Tode konnte er die ersten offiziellen
nach der Stellung und Funktion des Anwalts in der Rechtspflege Signale eines Plazets für seine Reformarbeit aus Rom erhalten,
und gegenüber seinem Klienten (bis hin zur Frage der Honorar- In der Reihe „Theologie der dritten Welt" hat der Leiter des
bemessung) und sie thematisiert 3. die Unabhängigkeit des kirch- missionswissenschaftlichen Instituts Missio in Aachen eine Do-
lichen Anwalts - insbesondere vor dem Hintergrund des can. kumentation vorgelegt, die ausführlich über alle Aspekte der zai-
1490 über den neugeschaffenen patronus stabilis, einen vom Ge- rischen Erneuerungen Auskunft gibt. Kern der Bemühungen Ma-
ncht ernannten und entlohnten Amtsadvocaten. lulas war die 1975 erstmalig erfolgte Einsetzung sogenannter
Es gelingt dem Vf. nicht nur eine schlüssige Kommentierung Bakambi (Einzahl Mokambi). Das sind Laien, die an den pasto-
der einschlägigen Bestimmungen des Codex (Lib. VII „De Pro- ralen Aufgaben beteiligt werden. Bertsch möchte berichten, was
cessibus"), er zeigt auch eine bemerkenswerte Kenntnis der Se- für Gedanken und Entwicklungen dazu geführt haben. Er möchte
kundärliteratur, gleichviel ob sie der spanischen, italienischen aber auch herausfordern, theologisch und praktisch nachzuvoll-
oder deutschsprachigen Kanonistik zuzuordnen ist. Vereinzelt, ziehen, was die Kirche in Zaire den anderen Teilen der Weltkir-
etwa bei der Frage der konfessionellen Bindung des Amtes, che vorlebt.

nimmt der Vf. scheinbar vergleichbare Bestimmungen des evan- „Unser Projekt hat nur ein Ziel: die Entwicklung einer authentischen
Kirchenrechts, namentlich ein Gutachten des Kirchen- tisch schwarzafrikanischen Ortskirche zu fördern." So hat der
rechtlichen Instituts der EKD aus dem Jahr 1974 in den Blick Kardinal nach 15 Jahren seines Bischofsamtes 1973 seine Bemü-
(' 60, aber eher um die Lockerung der kirchlichen Bindung hint- hungen den Priestern seiner Diözese erklärt. Darum standen am
anzuhalten. Freilich betraf das zitierte Gutachten eine Frage der Anfang seiner Reformpläne auch liturgische Reformen, die in
kirchlichen Disziplinargerichtsbarkeit und dürfte daher kaum einer 1988 für Zaire genehmigten Eucharistieordnung ihren Ab-
Beeignet sein, eine Beweislast für das kanonische Prozeßrecht im Schluß fanden. Eine neue Amtsstruktur mußte notwendig folgen,
allgemeinen zu tragen. Aber abgesehen davon hat can. 1483 dem Von Anfang an aber wurde planmäßig und fleißig theologisch
Diözesanbischof die Admissio nichtkatholischer Anwälte „aus- durchdacht, was praktisch zu gestalten war. Die Dokumente su-
nahmsweise" (can. 6 § 2) und im Einzelfall freigestellt oder, wie chen den Neuansatz in einer Auslegung von Lumen gentium. Die
der Vf. zustimmend formuliert: „die Entscheidung allein der „Volk-Gottes-Ekklesiologie" verstehen die Afrikaner als „Com-
Klugheit des Diözesanbischofs" überlassen. Anders verhält es munio-Ekklesiologie". „Eine Kirche, die sich als Volk Gottes
Slch beim Prozeßbevollmächtigten, der mit Rücksicht auf die versteht, als Gemeinschaft derer, die an Jesus Christus glauben,
Prozeßfähigkeit nichtkatholischer Ehepartner „nicht mehr not- in der jeder einzelne kraft seiner Taufe berufen ist, in der Gewendig
katholisch sein muß" (R. Seebott). meinschaft Verantwortung für das Leben und Wachstum des ge-
Diese Differenzierung zwischen advocatus und procurator, die samten Leibes zu übernehmen." (Malula 1976, S. 34) Wer in dem
aus römisch-rechtlichen Wurzeln stammt (102), hätte vielleicht Weltverständnis lebt „Ich bin, weil wir sind" (Mbiti), der hört
Schon in der Einleitung bei der Analyse der respektiven Über- hier mehr als Europäer. Und der versteht auch das Programm,
schrift „Deprocuratoribusad liteset advocatis" (Lib. VII Tit. IV das Malula daraus entwickelt, wenn er fortfährt: „Daraus ergibt
CaP-11) näher ausgeführt werden können, um Äquivokationen zu sich eine Pastoral der Communio, der Gemeinschaft." (a.a.O.)
vermeidcn. Solche stellen sich unwillkürlich ein, wo der rechtsbe- Ekklesiologisch verbindet sich dieser Neuansatz mit einer Refle-
ratende und die Rechtsschriften abfassende Anwalt auch die xion über den Sendungsauftrag der Kirche. In den Erläuterungen
Funktion des vor Gericht auftretenden Prokurators übernimmt, der Erzdiözese Kinshasa vom September 1970 (Dokument 1 vgl.
der sozusagen den Mund der Prozeßpartei darstellt. 47ff) finden sich Formulierungen, die sehr an die ökumenische

Diskussion über die Mission während der 60er Jahre erinnern.

Wien Karl Schwarz „Das Ziel und die Absicht Gottes ist die Humanisierung. Gott

will den Menschen und die Welt, deren Krönung der Mensch ist,

erneuern, indem er den Menschen zur vollen Verwirklichung sei-

Oklimenik : Catholica ner durch die Gnade Gottes verwandelten Möglichkeiten führt."

(54) Ausdrücklich bekennt sich das Dokument dazu, „die Dinge

Bert- ■. i j • . ! , „ . ... t-. r •, . in der Perspektive: Gott-Welt-Kirche, und nicht mehr in der ge-

crtsch, Ludwig: Laien als Gemeindeleiter. Ein afrikanisches ._. _ . . _ „. . „,,. . . . . ..

Mr.H„n -r . j c v u .«ii. i,„__ wohnten Perspektive: Gott-Kirche-We t, zu betrachten, (ebd.)

Modell. Texte der Erzdiözese Kinshasa vorgestellt u. kommen- v ......' ■ , , '

tiert. Freiburg-Basel-Wien: Herder 1990. 237 S., 1 Taf. 8" - Der Sendungsauftrag ist ganzheithch zu beschreiben und umfaßt

Theologie der Dritten Welt, 14. Kart. DM 38,-. damit jeden einzelnen und die Gemeinschaft in ihren Strukturen.

„ Die authentischen Strukturen der Kirche (müssen sich) um jene
Die Kirchenkonstitution des 2. Vatikanischen Konzils (Lumen Lebenszentren herum aufbauen, wo die Menschen von heute sich
gentium) hat in der katholischen Kirche viele Veränderungen darum bemühen, ihren wahren Fortschritt und ihre wahre Hu-
Und manche Erneuerung bewirkt. Besonders bekannt ist dafür manisierung zu verwirklichen." (59) Das führt dazu, von dezente
Entwicklung der Basisgemeinden in Lateinamerika. Der An- tralisierten Strukturen zu sprechen, die Basisgemeinschaften zu
st°ß kam oft von Bischöfen selbst. Die Neuordnung der pfarr- fördern sowie „neue Basisgemeinschaften ins Leben zu rufen
Etlichen Strukturen wurde nötig, um den seelsorgerlichen und und die Verantwortung für sie in die Hände von Laien zu legen."
en evangelistischen Aufgaben gerecht zu werden. Mit neuen (64) Was in dieser „Charta aller späteren Bemühungen und Akti-
'•"ukturcn ergab sich nun aber auch ein neues Bewußtsein. Basis- vitäten", wie Malula das 1970ger Dokument einmal bezeichnet
^Hemden und Theologie der Befreiung gehören zusammen, hat, angesprochen war, fand in der Einsetzung der Bakambi seine

an* ähnliche Dinge werden von Zaire berichtet, auch wenn sie Ausformung.

|jlcht so viel von sich reden machen. Auch hier ist es die Sorge um Bakambi sind Gemeindeleiter, die vom Bischof eingesetzt wer-

"e angemessene Wahrnehmung kirchlicher Verantwortung, die den (vgl. dazu die sehr schöne liturgische Form auf S. 215).

den B

ischof und späteren Kardinal Malula (1917-1989) seit Neben ihnen steht ein „mitverantwortlicher Priester", der