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Ausgabe:

1992

Spalte:

615-622

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Titel/Untertitel:

Reallexikon der deutschen Kunstgeschichte ; Bd. 8, Lfg. 85-96 (3. Teil) 1992

Rezensent:

Dinkler- von Schubert, Erika

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Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 8

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mitarbeitend über nahezu 4 Jahrzehnte - seit 24 Jahren hauptverantwortlich
verbunden war. Mit dem Abschluß der Arbeit an
Zwingiis Reformationsschriften ist nun eine weitere wichtige
Etappe der begonnenen Edition zurückgelegt. Büsser kündigt an,
daß die noch ausstehende Bearbeitung der Randglossen Zwingiis
und seiner neutestamentlichen Exegetica von Alfred Schindler
und Max Lienhard betreut wird.

Im Quellen- und Literaturverzeichnis sind S. XII der Reprint von August
Baur: Zwingiis Theologie ... Hildeshcim-Zürich-New York 1984, S.
XIX der Wiederabdruck von Hans Urners Aufsatz in: Weg und Gemeinschaft
. Aufsätze von und für Hans Umer. Berlin 1976, 29-48, nachzutragen
. - Das Inhaltsverzeichnis von Bd. VI/V (IX) enthält bei Nr. 187 einen
Druckfehler: „Das diese ..." - Bd. VI/IV, 23 ist Tür den Aufsatz von Hans
Urncrdic Seitenzahl zu korrigieren: 329; das Buch über Schwenckfeld von
Seiina Gerhard Schultz ist zuletzt in Pennsburg, Pa. 1977 erschienen.

Leipzig Ernst Koch

Christliche Kunst u. Literatur

Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte. Hg. vom Zentralinstitut
für Kunstgeschichte München. Redaktion: K.-A. Wirth.
Bd. VIII, Lfg. 85-96: Fensterrose-Firnis. München: Beck
1982-1987. l520Sp.4".

Rezension Teil III

(Fortsetzung aus ThLZ 117, 1992, 523-529)

Unmittelbar auf das umfangreiche Thema „Fides" und wie
dieses den Verbildlichungen eines Begriffes gewidmet, folgt Artikel
„Fiducia" (K.-A. Wirth, 876/944). Es handelt sich, wie der
Vf. einleitend (mit RAC 7, 839) bemerkt, um das „neben Fides,
confidentia ... immer wichtigste Substantiv der lateinischen, auf
den Begriff des Vertrauens bezüglichen Terminologie". Unter
Ausschaltung des juristisch-politischen Bereichs (hierzu RAC 7,
844ff), der bes. charakteristisch ist, aber ohne direkten Einfluß
auf die Kunst blieb, wird das Thema in seiner theologischethischen
Bedeutung behandelt und bildet so, zusammen mit
Art. „Fides", für unseren Leserkreis den Schwerpunkt von Bd.
VIII. - Die schon in der Antike „ausserordentliche Vielschichtigkeit
... des Sprachgebrauchs", die in der Kunst zu variierenden
Darstellungsformen geführt hat, gibt Anlaß zu einer weit ausgreifenden
, der Terminologie gewidmeten Einleitung (876/892). Für
die Antike stützt sich Vf. weitgehend auf Artikel F. in RAC 7 und
das dort gebotene Material. Unterschieden werden: a) Der
„Sprachgebrauch bei NichtChristen"; hier bes. Cicero, auf den
auch die Neubildung „ fidentia" und „confisio" zurückgeht, b) F.
in „Bibelübersetzungen"; hier wird für die lateinische Übersetzung
des AT wichtig, ob sie auf dem Griechischen fußt (so Vet.
Lat.), oder auf dem Hebräischen (so zT. Vg.), von wo verschiedene
Bedeutungsnuancen miteingehen; in lateinischen Übersetzungen
des NT (zumal in der Vg) spielt F. als Entsprechung zu
Ttapprfot'a eine wichtige Rolle (zum Ganzen ausführlich RAC 7,
851/859). c) F. „im Sprachgebrauch der Christen", wo F. bes. im
Sinne von Vertrauen und Hoffnung (auf das Heil im Jenseits) gebraucht
ist und enge Verbindung eingeht mit spes („fiducia
spei") und mit fides („fiducia fidei"). - Das bes. Verdienst des
Vf.s liegt in seinen für MA und Neuzeit angestellten Ermittlungen
der lateinischen F.-Terminologie und der „Versuche, diese in
der Volkssprache wiederzugeben", zumal auf diesem Gebiet bisherige
philologische Forschungen „nicht sehr hilfreich sind" für
das Verständnis der bildlichen Darstellungen von F. Die weitausgreifenden
und sorgfältigen Ermittlungen erstrecken sich zunächst
auf „latein. Wörterbücher u. Glossare", wo sich lange eine
auf den Vergilkommentar des Servius zurückgehende Unterscheidung
von F. u. confidentia hielt: „fiducia in bonis
rebus, confidentia in malis". Sodann: „F.-Definitionen u.
-Klassifizierungen in der exegetischen u. der
homiletischen Literatur" begegnen am häufigsten im Zusammenhang
der (aus der Antike: Cicero) übernommenen Tugendsysteme
, u. z. in der Verbindung „F.-Spes" u. „F.-Fortitudo". Eine
Tabelle (Sp. 883) veranschaulicht das Vorkommen von „ Fiducia,
Fidentia, Confidentia" im Kontext von antiken u. hochmittelalterlichen
Einteilungen der Fortitudo. Wichtig wird im Hoch-MA
die Einbeziehung des Aristoteles bei Bonaventura, Albertus Magnus
, Thomas von Aquin, auch Vincenz von Beauvais. Einflußreicher
jedoch als die gelehrten Schriften werden für die bildliche
Darstellung der F. die erbaulichen Werke, z. B. seit Spät-MA das
„Repertorium morale utriusque Testamenti" des Petrus Bercho-
rius, gest. 1362. In der Neuzeit entstehen keine neuen F.Definitionen
, wohl aber wird die ethisch-philosophische Bedeutung
deutlicher artikuliert u. gewinnt in der Reformationszeit der
theologisch begründete F.-Begriff in den Auseinandersetzungen
um den „Fiduzialglauben" Aktualität. Hier muß man sich weitgehend
mit Literaturhinweisen begnügen, so daß dieser Kontroverspunkt
der Reformatoren undeutlich bleibt. Zusammenfassend
heißt es (Sp. 889): „Da ein Überblick über die mit dem
F[iducia]-Begriff im Protestantismus verbundenen Vorstellungen
nur unter Berücksichtigung der Volkssprachen u. der Terminologie
der Theologen gegeben werden kann und hier wie dort
der Begriff F. in eine ganze Anzahl verschiedener Bezeichnungen
zerfällt, ist es in diesem Rahmen nicht möglich, auf die Probleme
einzugehen."

Ergänzend: Zum sog. Fiduzialglauben u. seiner spezifisch reformatorischen
Auffassung, beruhend auf Erkenntnis eigener Schuldhaftigkeit u.
rückhaltlosem Vertrauen auf Gottes Gnade, Luthers Worte: Der Mensch
hat „nulla species neque decor, sed vivimus in abscondito Dei, id est in
nuda fiducia misericordiaecius" (Heidelberger Disputation § 4, i. J. 1518;
WA I, 357) u. im Großen Katechismus, v. J. 1529: „wie ich offt gesagt
habe, das alleine das trawen und gleuben des hertzens machet Got... (zum
ersten Gebot; WA XXX, S. 133) - vgl. auch Melanchthon: „fides non est
aliud nisi fiducia misericordiae" (Loci). - Zum .Fiduzialglauben' R. Seeberg
, Lehrbuch der Dogmengeschichte IV, 122.

Abschließend befaßt sich der dem F.-Begriff gewidmete Teil I
mit „Wiedergabe der latein. Termini im Deutschen" (889/892)
Dabei zeigt sich, daß erst seit ausgehendem MA das Verb „ vertrauen
" als selbständiges Substantiv gebraucht wird; sodann eine
auffallende Vielfalt der für das latein. Wort F. gebrauchten deutschen
Termini. Sie werden in alphabetischer Ordnung aufgeführt
.

Diesem Reichtum an Interpretationsmöglichkeiten des F-
Begriffes entspricht die Vielfalt der Aspekte in der Kunst, die in
Teil II: „Darstellungen"behandelt werden (892/940). Im MA ist
offenbar so gut wie nie eine spezifische „Bildgestalt" des F-
Begriffs ausgebildet worden; es bleibt bei inschriftlicher Nennung
, gelegentlich auch Bibelszenen, die auf F. beziehbar sind-
Am häufigsten sind Hinweise in Verbindung mit „Fortitudo
(vgl. Teil I) als deren „pars" F. auftritt - also im Rahmen der Tugendlehre
; so F.-Inschrift auf Ästen oder Früchten des Tugendbaumes
, des „arbor septem virtutum", nach Hugo von St. Victor
(Abb. 1: Speculum virginum, um 1140/1145), oder an dem auf
Bonaventura zurückgehenden „lignum vitae", dem Kreuze Christi
(Abb. 3: Howard Psalter, Anf. 14. Jh.).

Seit ca. 11. Jh. begegnen sog. „rotae", Kreise mit Inschrift der Kardina1'
lugenden, dabei bei der „ rota fortitudinis" auch F.; so auf einer vier montierte
Wagenräder wiedergebenden Darstellung v. J. 1376, die eng an das
Wappenbild der Paduaner Familie Carrara anschließt u. damit aufschlußreich
ist für zeitgenöss. Wagenkonstruktion, hier aber die Räder u. Sp*1'
chen durch allegorische Beischriften auf die fürstlichen Tugenden deute'
(Abb. 5 u. Sp. 8950. - Aus Italien stammt auch das Motiv der „ turris fort''
tudinis" mit F.-Inschrift auf den Mauern (Abb. 4: um 1355). Eine der in1
MA seltenen Personifikationen trat auf im (verlorenen) ,Hortus Delic'aJ
rum' der Herrad von Landsberg, letztes Drittel des 12. Jh.s: „ Confidentia
als gewappneter Krieger im Gefolge der gegen die Laster vorrückenden
„Fortitudo" (Abb. 31: nach Zeichnung um 1848?).

In der Neuzeit (901 /940) wird die F.-Personifikation häufig beschrieben
u. dargestellt in den Handbüchern der Ikonolog'e'