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Ausgabe:

1992

Spalte:

546-547

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Schenk, Wolfgang

Titel/Untertitel:

Lima-Ökumene als Gegenaufklärung und Gegenreformation 1992

Rezensent:

Slenczka, Reinhard

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Theologische Litcraturzcitung I 1 7. Jahrgang 1992 Nr. 7

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radigma eines relationalen Seins- und Personenverständnisses" ÖkumGnik : Allgemeines

(409) theoretisch einholen und begründen. Von den Naturwissenschaften
über die Trinitätslchrc hat er dabei die „ Mcnschwcr-

dung des Menschen" „unter der Herrschaft Gottes oder im Vcr- Schenk Wolfgang: L.ma-Okumene als Gegenauftlärung und Ge-
r ,. ... „ „ || ..,„. • „.. . j genrelormation. Exegetische Einsprüche gegen die kategoriale
rauen auf die Liebe Gottes" (438) im Blick. Wiederum ist Unterordnung von Taufe und Hcrrcnmal unter einen Amtsbc-
kennzeichnend, daß er angesichts je spezifischer „Transzendenz- griff Bonn: Linguistica Biblica 1990. IV. 121 S. 8 = Forum
Vergessenheit" „traditioneller" wie „moderner" katholischer Thcologiac Linguisticae. 19. DM 19.-.
Theologie zwar auf ihre Ernstnahme in der Reformation hinweist
, aber dieser gleichzeitig vorhält, „durch die Begründung Von ökumenischen Kommissionen und Konferenzen verfaßte
auf ein beinahe magisch wirkendes Wort Gottes (sola scriptura)" Texte gehen von Vorlagen aus. die in einem oft langjährigen Ar-
(407) den Glauben nicht begründen zu können. Sein Urteil: beitsverfahren fortlaufend in der Weise redigiert werden, daß alle
..Eine völlig irrationale BegründungdcrGlaubwürdigkcit dcrOf- vorgebrachten Ergänzungen und Einwände solange aufgenom-
fenbarung" kann „die Vcrantwortbarkcit des Glaubens nicht men werden, bis kein Widerspruch mehr nötig oder höflicherbewahren
" (419) betrifft auch die „fideistischc" „dialektische weise möglich ist. Die englische Sprache hat dabei mit ihrer ab-
Offenbarungstheologic". Nach ihm bedarf es zwar eines „wirkli- sorbicrenden Kraft eine wichtige vermittelnde Funktion, indem
ehen Paradigmenwechsels", einer „radikalen Neukonzeption die Originalbeiträgc schon auf dem Wege der Übersetzung abge-
der Philosophie und Theologie" (435). die aber „das Berechtigte schliffen und zu einem Ganzen integriert werden. Ob man will
des traditionellen (katholischen) Paradigmas", die methodische oder nicht: die maximale Zustimmung wird durch Einschluß
Vorordnung der Philosophie vor die Theologie in sich aufbe- oder Ausgrenzung von Widerspruch erreicht. Von dieser Eigenart
wahrt (408). der „Konferenztheologie" ist zweifellos auch das Dokument
Den vorbereiteten „ Paradigmcnwcchsel" vollzieht der Vf. im „Taufe. Eucharistie. Amt" der Kommunikation fürGlauben und
dritten Hauptteil „D. Versuch einer Antwort" (505-708) mit Kirchenverfassung von Lima 1982 bestimmt. Die vielfältige Kri-
e,ner „Umkehrung" der herkömmlichen „Unterordnung der tik an diesem Dokument, abcrauch die neutralisierende Auswcr-
fraxis unter die Theologie". „Dieser Wechsel ... ist mit den Mc- tung solcher Kritik führt zu der Frage, ob das eingeschlagene Vcr-
'hoden dieser Wissenschaften" - „Philosophie und Theologie" - fahren praktisch sinnvoll und theologisch angemessen ist. Diese
n|cht beweisbar, sondern kann nur nach einem hypothetisch gül- Frage ist dringend, zumal im Blick auf die 5. Wcltkonfcrcnz für
l'gen Verweis auf die Praxis als deren Vollzugsgcwißhcit cinsich- Glauben und Kirchen verfassung, die für das Jahr 1993 vorberci-
l'g werden" (517f.). Dennoch hält er daran fest, daß „jede Theo- tet wird.

'°gie als Wissenschaft den wisscnschaftsthcoretischen und damit Das von Wolfgang Schenk vorgelegte und im Titel bereits als
den philosophischen Anforderungen standhalten und sich in die- These formulierte Verdikt kann gerade als Todesstoß für das Vcr-
Sem Sinn auch philosophisch ausweisen können" muß. Der Wi- fahren angesehen werden. Denn, wie auch immer man zur Anderspruch
führt in ein „grundlegendes Dilemma". Er versucht wendung linguistischer Verfahren in der Theologie stehen mag.
'hm auf der „Grundlage" der „Praxis als gemeinsames Drittes" sie haben eine ähnlich enthüllende und ernüchternde Wirkung.
Zu entgehen. Der Praxis der Philosophie, die „ Rcflcxionswisscn wie wenn man diese Texte ins Lateinische übersetzen würde. Als
des ungläubigen oder des noch nicht glaubenden Menschen" ist. Dogmatikcr kann man auf empörten Protest treffen, wenn man
begegnet d ie der Theologie, die „untrennbar mit der Gottesfrage auf den in den Texten zu Taufe und Eucharistie vorliegenden Sub-
•■ verbunden" ist. Sic verlangt „den wissen wollenden und wis- jektwcchscl vom Handeln Gottes zum Handeln der Gemeinde
Senschaftlichen Menschen eine Entscheidung ab. die wie eine Be- hinweist. Die linguistische Untersuchung von Sprachgebrauch
kehrung zu verstehen ist" (536f.541.518). War dann „Das Rin- und Schriftgcmäßhcit läßt dies bei beiden Texten mit aller Deut-
Ben Luthers um die Freiheit der Theologie von der Philosophie" lichkeit hervortreten und zeigt, wie falsch es ist. wenn die Taufe
(so der Titel eines wichtigen Buchs von W. Link) nicht doch der hypostasiert und mit Handlungsvcrbcn verbunden wird (8ff) bis
konsequentere, im Wortsinn radikalere Paradigmcnwcchsel? - hin zu dem unmöglichen Satz: „Taufe ist zugleich Gottes Gabe
Aufdem Weg zur „Gemeindekirche als vorrangiger Ort des Glau- und unsere menschliche Antwort auf diese Gabe" (Taufe 8).
°ens", dem schon im Titel angezeigten Ziel seines Buchs, begrün- Linguistisch kann man diese und ähnliche Sachverhalte
det der Vf. seine Tendenz zur christlich-,, kommunikativen Pra- ebenso fein wie scharf beschreiben, daß sie „vom neuen Code der
Xls" als einziger Ursache des Glaubens einmal ausdrücklich als .Kommission für Glauben und Kirchen Verfassung' souverän und
«aus der Not der Glaubensverkündigung" entstanden (606). Daß bedenkenlos neu encodiert" werden (12).

er an der zweiten ausdrücklichen Stelle, die der Rezensent zur Lesens- und bedenkenswert sind im Blick auf die in unseren

erkündigung fand, nur nebenbei davon spricht, der Glaube sei Gottesdiensten bereits erkennbaren Konsequenzen die Hinweise

«natürlich auch durch ausdrückliche Verkündigung" verursacht zur Bedeutung der Epiklcsc in dem Eucharistie-Dokument (32ff).

^32), unterstreicht sie. Ein wirkliches Thema ist sie für ihn nicht. Vor allem durch den Lima-Text und die Lima-Liturgie hat sich

'eses fundamentale Defizit beheben auch nicht seine Übcrlc- weithin völlig unrcflckticrt die Wandlungsepiklcsc in unseren

8üngen zum „Erwachscncnkatechumcnat" (697ff). Gottesdiensten verbreitet, und selbst Fachleute scheinen nicht

Sein Interesse an der Einbringung der Erfahrungsdimension mehr zu erkennen, welche Wandlung damit im Abcndmahlsvcr-

des Glaubens in die Theologie unter Wahrung der Transzendenz ständnis vollzogen wurde.

Rottes, seine Absicht, die Theologie insgesamt von ihrer prakti- Es gibt einleuchtende Gründe, mit der Kritik an dem Amtsdo-

Schen Disziplin her als „ Praxisthcoric" zu begreifen, seine Vor- kument bereits in den beiden anderen Texten einzusetzen.

Schläge zum Gemeindcaufbau in und durch „Basisgemeinden". Gleichwohl füllt die Demontage des Dritten Dokuments die

Slnd bemerkenswert. Konzeptionsproblcmc aber bleiben. Hälfte des Buchs. Die Überprüfung der biblischen Grundlage.

Der Vf. räumt im Vorwort ein, sein Buch sei nicht allein durch die Untersuchung der sprachlichen Unklarheit und die Aufdck-

,e „Tiefe und Reichweite seiner Fragestellung", sondern auch kung des darunter verborgenen Konzepts führen zu einem zwei-

Urch „die vielen und oftmals längeren Zitate anderer Autoren" fellos erschütternden Ergebnis, das am Ende mit einer Schärfe

"Sehr umfangreich geworden" (60-Sic erschweren es dem Leser sondergleichen zusammengefaßt wird, wenn es dort heißt:

Senr. seinen Argumentationsnexus im Auge zu behalten. Hier „.Lima 1982'befindet sich ganz auf dem Wege einer bloß forma-

Ware Kürzung und Straffung hilfreich gewesen. Icn Eincbnungs-Ökumcnc. die nur die Gräben der Vergangenheit

Münster Eberhard Hühner zuschütten will, und damit die Wahrheitsfragc der bisherigen wie