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Ausgabe:

1992

Spalte:

540-542

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Petkewitz, Wolfgang R.

Titel/Untertitel:

Verkündigung in der Mediengesellschaft 1992

Rezensent:

Kollmar, Peter

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Theologische Literaturzeitung I I 7. Jahrgang 1992 Nr. 7

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Schockenhoff, Eberhard: Der Schutz des menschlichen Lehens aus theologisch
-ethischer Sicht (StZ 116. 1991.651-662).

Stöhr, Martin: Von der Notwendigkeit verstärkter Friedensarbeit und
von der Notwendigkeit der Selbstkritik (JK 52. 1991. 600-608).

Theologische Berichte XX: Leben in der Hand des Menschen. Hg.
im Auftrag der Theologischen Hochschulen Chur von J. Pfammattcr u. der
Theologischen Fakultät Luzern von E. Christen. Zürich: Benziger 1991.
212 S. 8 . Kart. DM 29.80.

Vogt, Hermann: Aufwind für die Abtreibungsgegner. Zur aktuellen Diskussion
in den USA (EK 24. 1991. 602-605).

Wahl, M. Ernst: Droht der Mensch nach Maß? Der Fortschritt in der
Gentechnik zwingt zur Klärung des Verhältnisses von Gesundheit und
Krankheit (Diakonic 1991. 5. 241-243).

Williamson, Roger: Den Krieg ins Museum stellen: Überlegungen zur
Überwindung der Institution des Krieges (ÖR 40. 1991. 41-54).

Praktische Theologie: Allgemeines

Gerber, Uwe; Glück haben - Glück machen? Entwürfe fürsinncr-
fülltes Leben. Stuttgart: Quell 1991. 184S.8 . Kart. DM 29,80.

Ein großes Ziel hat sich der Vf. gesetzt: „Mein wichtigstes Anliegen
der folgenden Überlegungen zum Glücklichscin geht
dahin, die hinter den herkömmlichen schweren Worten christlichen
Glaubens wie Gott, Gottes Sohn. Jesus Christus, Heiliger
Geist, Himmel, Jenseits, Gnade, Glauben, Sünde, Tod, Aufer-
weckung bestehenden Erfahrungen und Verheißungen in heutigen
Alltagserfahrungen auszudrücken. Ich möchte dabei zeitgemäße
Bilder und geläufige Worte wie Glück, in glückenden und
in scheiternden Beziehungen leben, Glücklichscin, Gctrcnnt-
und Einsamsein benutzen". (7) Dies ist nun in der Tat eine Aufgabe
, die in unseren Tagen des Schweißes der Edlen wert ist.

Der Vf. legt sein Buch sehr komplex an und führt seine Gedanken
in drei großen Hauptabschnitten durch. Den theologischen
Leser interessieren dabei vor allem das Kapitel II (Glück und Religion
) und das Kapitel III (Einige Tugenden glückenden Lebens).
Der Psychologe, insonderheit der Pastoralpsychologe, wird weiterhin
an dem I. Kapitel (Glück und Gesellschaft) sein besonderes
Interesse bekunden. In einem Exkurs über die Philosophie
des Glücks und die Rolle des Hedonismus wird eine Linie von
der griechischen Philosophie bis zu den Glücksvorstcllungcn unserer
Tage gezogen. Der Hinweis geht darauf, daß Glück in der
griechisch-römischen Kultur individualistisch gedacht wird,
während wir im bewußten oder unbewußten Schatten von Karl
Marx Glück kollektiv zu sehen uns angewöhnt haben. Wir können
nicht mehr ausschließlich vom privaten Glück reden, wenn
sich Unglück und alle Spielarten der Angst und der Unterdrük-
kung um uns herum breitmachen. Ich vermisse allerdings in dieser
Reihe die Aussage von S. Freud, der zufolge der Mensch auf
das Glücklichsein hin nicht angelegt ist. Wesentliche Erkenntnisse
ergeben sich auch aus dem Kapitel „Der Machbarkeitswahn
als Glücksgefühl". Der Rambo-Machcr, der zivilrcligiöse
Macher und der Psychotyp werden vorgestellt und in ihrer Fragwürdigkeit
ebenso charakterisiert wie in der großen Anziehungskraft
, die von diesen Typen ausgeht. Nach solchen äußerst hilfreichen
und gerade in unserer Zeit notwendigen Aufhellungen
verwundert die Radikalisierung der Strukturen unserer Gesellschaft
. „Auf Seiten der Bürgerinnen und Bürger wird die christlich
-bürgerliche Religion pervertiert zur Therapicvcranstaltung
subjektiven Sinnlosigkeitsgefühls" (99). Unbestreitbar ist diese
Gefahr gegeben. Aber deshalb von einer „staatstragenden und
scelenstabilisierendcn Religion" zu sprechen, scheint mir der
Realität unserer Tage nicht genügend Rechnung zu tragen. Als
Grundoption gibt der Vf. an. daß glückliches Leben und Zusammenleben
für uns alle in einer verantwortlich gestalteten Mitwelt
im Menschheitsmaßstab erreicht werden sollte, uns dies nur

durch gemeinsames, demokratisches Engagement erreichbar sei.
So wird eine „Politisierung des Evangeliums vom Reich Gottes"
gefordert. Kein Zweifel: Als utopisches Welt- und Menschenbild
ist eine solche Forderung mehr als gerechtfertigt. An der Realität
wird sie sich stoßen. Vorbild für diese gesellschaftliche Utopie
eines nahezu paradiesischen Zustandes dieser Welt ist für den Vf.
„Jesus, der Glückspilz". In Anlehnung an Dorothec Solle, die
Jesus als den glücklichsten Menschen bezeichnet hat. wird hier
ein Glücksbegriff vorgestellt, zu dessen tiefem Verständnis eine
nicht unerhebliche Denkarbeit zu leisten wäre. Es geht um einen
total neuen Glücksbegriff, der vom Vf. wie folgt dargestellt wird:
„Jesus ist ein Glückspilz für unsere Welt gewesen. Mit seinem
Eintreten für die gesellschaftlich mißachteten Menschen ist er
zum Sinn-Bild und zur Glücks-Figur der Christenheit und vieler
Menschen geworden, die sich in Ehrfurcht vor dem Leben um andere
Menschen und um alles Leben gekümmert haben und kümmern
" (110). Wird hier nicht die unerfüllte Gebetsbitte von
Gethsemane, das Leiden am Kreuz, die Verlassenheit durch die
Jünger, die offenbare Erfolglosigkeit und der Zweifel am eigenen
Auftrag zu schnell harmonisiert? Der Begriff „Glück" kommt
bekanntlich im Neuen Testament überhaupt nicht und im Alten
Testament nur an einer einzelnen Stelle vor. Der griechische Begriff
„makarios". der uns in der Bergpredigt begegnet, ist nicht
ohne weiteres mit unserem Glücksbegriff zu identifizieren.

Ein engagiertes Buch, eine fesselnde Lektüre ist es. die uns hier
vorliegt. Sic will Widerspruch wecken - und tut es auch. Die
Frage bleibt, ob das „unmittelbar egoistische Glück" wirklich so
verdammenswert ist. wie der Verfasser meint (I 14). In jedem
Falle verdient der Mut des Autors und sein konsequentes Denken
in der von ihm eingeschlagenen Richtung gerade auch dann unsere
Aufmerksamkeit, wenn der Leser sich an entscheidenden
Stellen den Folgerungen des Autors nicht wird anschließen können
.

Lübeck Hans-Joachim Thilo

Petkewitz, Wolfgang R.: Verkündigung in der Mediengescllschaft-
Neue Informations- und Kommunikationstechniken in der
kirchlichen Praxis. Gütersloh: Mohn 1991. 250 S. 8 . Kart-
DM 58.-.

Es „reicht... nicht mehr aus. sich zur Verkündigung des Evangeliums
allcinc auf die traditionellen Formen der unmittelbaren
persönlichen Ansprache zu stützen ... Es muß ... im Zeitalter der
Massenkommunikation auch die Verkündigung des Evangeliunis
... über die zur Verfügung stehenden modernsten Medicntcchno-
logicn hinzutreten". Diese Empfehlung von Staatssekretär Horst
Waffenschmidt vor einem Medienkongreß geäußert, greift Wolf-
gang R. Petkewitz in seiner Dissertation auf. die unter dem Titel
„Verkündigung in der Mcdiengcscllschaft - Neue Informationsund
Kommunikationstechniken in der kirchlichen Praxis" erschienen
ist. Ihn interessiert, wie dem Auftrag zur Verkündigung
in der Informationsgcscllschaft angemessen entsprochen werden
kann. Informationsgcscllschaft ist eine Gesellschaft, in der durch
die Informations- und Kommunikationstechniken (NIKT) elektronisch
-medial vermittelte Kommunikation den Alltag hc'
stimmt und immer mehr Handlungsbcrcichc formalisiert und
„vercindeutlicht" werden. Die NIKT. besonders die Datenfernübertragung
, sind die elektronische Infrastruktur der Informationsgcscllschaft
. NIKT umfaßt die integrierte Nutzung alle'
Medien durch ein digitales Vermittlungsnetz: Datenfernübertragung
. Datenbanken. Telefon. Btx. TV. Die Perspektive ist ein
völlig neues Informationsangebot neben gewohnten Massenmedien
.

Auch in der Kirche werden NIKT eingesetzt und ihre Nutzung
kontrovers diskutiert. Petkewitz fragt, ob NIKT als Medium dcl