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1992

Kategorie:

Systematische Theologie: Ethik

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Neuerscheinungen

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Theologische Litcraturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 7

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zu negativ, als Ausdruck einer theologisch illegitimen Emanzipa- Sind die Schwächen des Weimarer Verfassungswerkes damit

tion des Menschen von seiner elementaren gcschöpflichcn Bin- angemessen beschrieben?

dung an Gott gedeutet werden können. In den Schlußpassagen will P. das Verhältnis christlicher Frci-
Diese Geschichte stellt P. in drei Kapiteln dar: „Freiheit und heit zu vier aktuellen Frcihcitskonzcptcn - Freiheit als Freizeit.
Emanzipation in der Aufklärung" (32-77), „Freiheitskonzepte als Libcrtinage. als feministische Emanzipation, als rationales
des 19. Jahrhunderts" (78-141) sowie „Freiheitsprogramme des Entschcidcnkönncn - klären. Mit Blick auf Luther lautet hier
20. Jahrhunderts" (142-233). Bisweilen allzu knapp und thetisch sein Grundargument: Angesichts der wachsenden Komplexität
präsentiert er die Klassiker der Frühmoderne (Descartes, Hob- modernen Lebens und der dramatisch sich beschleunigenden
bes. Locke und Spinoza), die prägenden Theoretiker der Aufklä- Sclbstzcrstörungspotcnzen des Menschen könne eine „Kultur
rung (Montesquieu. Humc, Holbach, Rousseau und Kant), den der Freiheit" (237) nur Bestand haben, wenn die Vernunft sich
Idealismus Fichtes, Schillers und Hegels, die theoretischen Lcit- wieder ihres elementaren Verwicscnseins auf den Glauben bzw.
gestalten der frühlibcralen Nationalökonomie (Ricardo, Mill. der frommen Einsicht in konstitutive Grenzen unserer Zweck-
List), das Emanzipationsdenken Heines und des frühen Marxis- rationalität inne werde. Daß P. den religiösen „Grund in cinzig-
mus sowie „Ansätze theologischer Kritik der neuzeitlichen artiger Legitimität, der über alle Wirrungen der Vernunft weit
Emanzipationsbewegungen": die Demokratiekritik Stahls, hinausgeht", dann auch in ein kritisches Verhältnis zu Entschci-
Stoeckers Kampf gegen den Liberalismus sowie - in dieser düngen „mit demokratischer Legitimation" bringt (cbfd.). führt
Zuordnung überraschend - das stark von romantischen Traditio- in äußerst schwierige Probleme der Unterscheidung von Legal i-
len geprägte Verständnis personaler Freiheit bei Trocltsch. tät und Legitimität, die in seiner Studie nicht mehr behandelt
Dabei weiß er sich dem lutherischen Idealismus Hegels sehr viel werden. Doch ist dies auch nicht seine Intention. P, will einen
näher als den frühliberalen Positionen Smiths. Ricardos und einführenden Überblick über die neuzeitliche Freiheitstheorie
Mills, denen er - u. a. mit Bezug auf Marx - ein einseitig ökono- geben. Zwar werden wichtige theologische Positionen (z. B. Nco-
nistisches Weltbild bzw. „die drohende Degradierung des Men- logie. Rationalismus und Schleiermacher) nicht behandelt, trotz
sehen zu einem .Produktionsfaktor'" (103) anlastet. Nicht ohne ihrer hohen Bedeutung für problematische „Sondcrwcgc" der
Pathos beschwört er „die immense Gefahr, daß durch einen in Freiheitsdebatte in Deutschland. Gleichwohl ermöglicht dieses
diesem System zu stark geförderten Egoismus, durch die Faszina- klar gegliederte, sehr gut lesbare Buch einen materialreichcn
l|on ökonomischen Erfolges der Mensch den Sinn für den Glau- „Einstieg" in die neuzeitliche Freiheitsdiskussion, der vor allem
ben an Gott und damit für die Freiheit aus dem Glauben ver- für den Lehrbetrieb zu empfehlen ist.
'iert" (ebd.). Eine rein ökonomische Bestimmung des Menschen

sei die „eigentliche Ursache solcher lebensfeindlichen. Staat und Augsburg Friedrich Wilhelm Graf

Gesellschaft unterminierenden Erscheinungen wie übermäßiger -

Egoismus. Lieblosigkeit. Ungerechtigkeit oder subjektivistisch.es

'gnorieren der sozialen Einbindung des Individuums" (104). Bo*5c- vikU)r: Ethische Aminomik. Das Leben bleibt widersprüchlich.

Dtv-h.. u-i, ■ ua- v -.-I, i .k u a r --<____i„o Hannover: Luth. Verlagshaus 1490. 116 S. kl. 8 - Vorlagen. NF I I. DM

"Och wie verhalt sich die Kritik zur lutherischen Autwertung des 6

Wesentlichen Berufs? Haben die britischen Frühlibcralen tat- i» i n . , ■■ , . ■• u c . u

-u ,,, ( aspar. Ph.: La problcmatiquc de I animation de I embrvon. Suivol hi-

saehlich eine einseitig ökonomische Anthropologie vertreten? Morjquw cl cnjcux dogmatiques (NRTh 113. 1991. 3-24: 239-255).

Haben nicht gerade Theologen, etwa Rationalisten wie Tzschir- Demmer. Klaus: Das vergeistigte Cilüek. Ciedanken /um christlichen

ner und Bretschneider. liberale Marktfreiheit zum Komplement Eudämonievcrstiindnis (Gr. 72. 1991, 99-115).

Protestantischer Freiheit erklärt, so daß der Vorwurf, im „opti- -: Die Wahrheit leben. Theorie des Handelns. Freiburg-Basel-Wien:

mistischcn ... Menschenbild des Liberalismus" werde „nicht Herder 1991. 227 S. 8 . Lw. DM 32.-.

yon Mißgriffen. Verfehlungen. Schuld und Sünde" gewußt (107). Dum. Gottfried (Hg.]: Gottes Weisung. Von der Gültigkeit der zehn Gc-

^eologicgeschichtlich wenig überzeugend wirkt? Führt das Ar- bo,c Stuttgart: Quell 1991.96 S. kl.8 . Kau. DM 12.80.

gurnent, ökonomischer Erfolg gefährde den Gottcsglaubcn. nicht ( ^fg^jgi ^hher: De, Logosundd,e..Log,/,tä."derNa.ur(ZKTh

ZUr fatalen Konsequenz, „geistliche Freiheit" zur Kompensa- .... . '.„ . , ... ,„„.., . .... . „ ,

. . 2 , . . Eimen. Ulrich: Schwangerschaltsabhruch und Schwange, schallskon-

"onsideologie der Schwachen, ökonomisch Erfolglosen erklaren lliktbcratung Ethistnc Gesichtspunkte zur gegenwärtigen Diskussion

müssen? (Theologische Beiträge 22. 1991. 61 -81).

Einzelne kritische Rückfragen ergeben sich auch bezüglich der Fuchs. Josef: Die schwierige Goldene Regel (SlZ 116. 1991. 773-781).

Darstellung der Freiheitsprogramme des 20. Jh.s P. schildert hier Gründel. Johannes |Hg.]: Leben aus christlicher Verantwortung. Ein

antiwestlichen Freiheitsideen von 1914. die antilibcralcn GrundkursdcrMoral. I:Grundlegung«. Düsseldorf: Patmos 1991.192S.

Vergemeinschaftungskonzeptioncn der KPD und NSDAP, den 8 " Schriften der Kath. Akademie in Hävern. 141. Kart: DM 29.80.

"Kampf um die Freiheit des Evangeliums" durch die Bekcn- Hawthorne, Gerald F.: The Prcscnec & the Power. Dallas-London-

"ende Kirche sowie verschiedene „Aufbrüche zu Freiheit und Vancouvcr-Mclbourn* World Puhl. 1991. XII. 264 S. 8

Demokratie"nach 1945. etwa das Stuttgarter Schuldbekenntnis. ^f^,, Zur«h,sehcn DlAu"'on der 80er Jahre (ThR 56.

*e Individualismuskritik Jaspers'. Marcuses Polemik gegen rc- _. Na.ür als ethischer Maßstab (MdK. 42. 1991.63-67).

^essive Toleranz, die neoromantischcn Hoflnungsvisionen -: Zur Wirtschaftsethik (ThR 56. 1991.260-279).

'°chs und Moltmanns sowie neuere Befreiungstheorien. Im K(.rte. Michael: ... Wolfram Kister: Ist die Apartheid am Ende? Internste
eines moderaten, reflektierten Konservativismus kriti- v.ws zur gegenwärtigen Situation in Südafrika (JK 52. 1991. 415-418).
s'ert er totalitäre Positionen, in denen ein Eigenrecht des Indivi- Milpert. Konrad: Soziale Gerechtigkeit nach dem Zusammenbruch der
duums irgendwelchen absolut gesetzten Gruppenintcressen oder kommunistischen Systeme, Die Enzyklika „Ccntcsimus annus" (SiZ 209.
^rrneintlich universalen Gcschichtszielcn vorgeordnet wird. 1991.609-623).

Damit verbindet sich aber auch eine Kritik der Weimarer Reichs- Möhring-Hesse. Matthias: Zur Logik sozialanalytischcr Kompetenz

verfa<;c„ a- ■ n . u .. u i/ christlicher Gcscllschal'tscthik (ZKTh 113. 1919.401-423).

'•'•assung. die im „C>egcnsatz zum christlichen Wissen um , l. , . . ,, , ,. .,' l .- . .

ttlpno ui- i ., . , • , . i Nagel. E. nsl I.: Pius XII. und die Entwicklung der kirchlichen Friedens-

"•nschhehe Sundha tigkeit und Feh erha tigkcit ... aus anthro- , . .. u . ...... ., ,. c . .. . .. V11 c . _ v ..

tv.1 . " " . lehrcdn: Heinz. A . Müller. P.-G . u. E. I. Nagel: Pius XII. Schwelle: Kalh.

•^'Ogischem Optimismus eine Fähigkeit zur Selbstbestimmung Akademie S 75-91)

"nd eine Neigung zu eigenverantwortlicher Entscheidung in Rössler. Andreas: „Ehrfurcht vordem Lehen" bei Albert Schweitzer

"ern Umfang vorausgesetzt (habe), welcher notwendigerweise und „Gottes Liebe zurganzen Schöpfung" im konziliarcn Prozeß (ÖR 40.

u Enttäuschung führen mußte"(l50). 1991. 143-154).