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Ausgabe:

1992

Spalte:

518-519

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Diesner, Hans-Joachim

Titel/Untertitel:

Stimmen zu Krieg und Frieden im Renaissance-Humanismus 1992

Rezensent:

Irmscher, Johannes

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Theologische Litcraturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 7

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tates aufzuspüren. Ähnliches wie für die Sekundärliteratur gilt
auch für Quellen: Die maßgebliche Edition der Martins-Vita des
Sulpicius Severus ist beispielsweise im Qucllcnverzcichnis allein
unter der Reihe Sourccs Chrctiennes zu finden. Welcher Student
würde an dieser Stelle danach suchen? Es bleibt zu wünschen,
daß dies in einer zweiten Auflage, die der Darstellung gewiß bc-
schieden sein wird, geändert wäre.

Hier liegt eine wohlausgewogenc. spannende Synthese zur Geschichte
der abendländischen Christenheit im Frühmittclaltcr
vor. die ihrer selbstgestellten Aufgabe „eigentlich nur ein längst
überfälliges Desiderat zu erfüllen" (50) auf das Beste gerecht
wird.

Heidelberg Angelika Dörflcr-Dicrken

Backus, Irena: Lectures Humanistes de Basile de Cesaree. Tra-
duetions Latines (1439-1618). Paris: Institut d'Etudes Augu-
stiniennes 1990. 306 S. gr.8 - Collection des Etudcs Augusti-
niennes. Serie Antiquite, 125.

Die Vfn. untersucht die lateinischen Übersetzungen, die Humanisten
von den Schriften des Basilius von Caesarea angefertigt
haben. In einem I. Teil untersucht sie die Entwicklung der lateinischen
Opera omnia des Basilius zwischen 1515 und 1618.
darin zuerst die Übersetzung durch Raphael Maffei Volatcrranus
von 1515 und seine Methode: sie gibt den Inhalt in einem genauen
Verzeichnis wieder und vergleicht die Qualitäten der Edition
mit denen der griechischen Edition des Erasmus. Danach
bespricht sie die Editionen Maffcis von 1520 und 1523. Anschließend
kommt sie auf die griechischen Editionen des Erasmus
(•532) und die aus Venedig (1535) zu sprechen, darauf auf die
von W. Musculus (1540). die mit anderen (s. u.) das reformatorische
Interesse an Basilius dokumentiert, sie wurde darum auch
eilfertig von Cochläus attackiert. Im gleichen Jahr erschien die lateinische
Ausgabe des lanus Cornarus. 1547 die des G. Tilmann
und des L. Mire. Die Vfn. vergleicht exemplarisch die Übersetzungen
(mit Abdruck von Synopsen), untersucht die jeweiligen
theologischen Tendenzen und weist das jeweilige „Nachleben"
auf.

'n einem 2. Teil bespricht die Vfn. die Einzelübcrsctzungen
und ihre Ausstrahlung (1439-1598). so die vom Hcxacmeron des
Burgundius von Pisa (?). des Lampo Birago. des J. Argyropulos.
des J. Com arus. des J.l Perion und des V. Striegel (so!), wobei sie
auch wieder akribisch die Übersetzungen miteinander vergleicht
'die von Striegel gleicht mehr einer Paraphrase) und das philosophische
Vokabular untersucht. Dann kommt sie zu sprechen auf
die Übersetzungen von Contra Eunomium des Gregor von Tra-
Pezunt, des Cornarus und des Th. Beza bzw. die von De spiritu
sancto des G. von Trapezunt und des Erasmus. Hier werden die
stilistischen Differenzen etwa zwischen Gregor und Erasmus als
-sehr frappierend" bezeichnet (113). Dann behandelt die Vfn.
die Übersetzungen zweier Homilien über das Fasten, eine ältere
anonyme und dann die von Guarinus von Verona. Maffei. Erasmus
und Pietro Galesini: dann die der Homilic Attcnde tibi ipsi.
die zuerst Rufin ins Lateinische übertragen hat. dann erst wieder
durch die Humanisten F. Maturantius. Chr. Hegendorff. Tilmann
und A. Arcimboldi übertragen wurde: darauf die Übcrsct-
*Ung von Quod Deus non est author(!) malorum durch M. Drcs-
Ser (oder Drescher), einen der letzten Humanisten, der noch
^elanchthonschüler gewesen war: darauf die Homilic De inui-
dia, übersetzt von Perotti und von Hegendorff: weiter die Übersetzung
der Homilic In prineipium Proverbiorum durch Athana-
^°s Chalkcopoulos bzw. die der Homilic De ebrictate durch J.

aber, einen Freund des Faber Stapulcnsis. und durch S. Stein.
e,nen calvinistischen Humanisten, gebürtig aus dem sächsischen
Lommatzsch. Im Anschluß daran untersucht die Vfn. die Übersetzung
des Asccticon durch Adamus Fumanus. Übersetzungen
von Abschnitten, die Simeon Metaphrastus ausgewählt hat.
durch Simon de Maillc und Stanislas llouius. einen gebürtigen
Polen, der lange Zeit in Paris lebte und auch durch anderweitige
Übersetzungen sich hervortat, darauf die Übersetzungen der Basilius
zugeschriebenen Schrift in Isaiam 1-16 durch Burgundius
(7), Erasmus. J. Shcpreve und Tilmann: die der Homilic In sanc-
tum Christi generationem durch Bcssarion. Maffei und Petrus
Nannius und schließlich die von De vera virginitate des Basilus
von Ancyra. Diese von Ambrosius Travcrsari und Arcimboldi
übersetzte Schrift war im 15. und 16. Jh. Basilius von Caesarea
zugeschrieben worden.

Auf den S. 203-207 zieht die Vfn. die Schlußfolgerung aus
ihrer Untersuchung. Es fällt auf. wie weit verbreitet das Schrifttum
des Basilius war und wie es einerseits von den Humanisten,
andererseits aber auch im Streit zwischen Reformatoren und Gegenreformatoren
herangezogenn worden ist. Doch: „Die Reformatoren
führen Basilius nur sehr selten an und besonders sind sie
Verteidiger seiner profanen Briefe. Aber Mclanchthon erwähnt
ihn einmal in der 3. Ausgabe seiner Loci communcs (1543). im
Kapitel De Dco. und zitiert De Spiritu sancto. um zu zeigen,
daß der .Spiritus Dci' in den Heiligen Schriften sehr wohl die
dritte Person dcrTrinität ist" (205).

Vier Beilagen sind beigefügt: I. Der Inhalt der Ausgabe von
Musculus (1540. 1 565). verglichen mit denen von Maffei (1515)
und Tilmann (1547): 2. Der Inhalt der Ausgabe des Cornarus
(I 540): 3. Der Inhalt der Ausgabe aus Venedig von I 548 (Corna-
rus/Fumanus) und 4. Der Inhalt der Ausgabe von Gillot (I 566):
weiter eine Bibliographie, ein Verzeichnis der Übersetzerund der
alten Autoren und schließlich ein Sachregister.

Über die genaue Untersuchung hinaus erfährt der Leser Interessantes
über die Übersetzer und ihre Intentionen, weniger über
Basilius. Ein Kapitel Rezeptionsgeschichte der Kirchenväter in
der Zeit des Humanismus und der Reformation ist sorgfältig erarbeitet
.

Frcibcrg Karl-Hermann Kandier

Diesner, Hans-Joachim: Stimmen zu Krieg und Frieden im Renaissance
-Humanismus. Göttingen: Vandenhocck & Ruprecht
1990. 102 S. gr.8 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften
in Göttingen. Philol.-hist. Klasse. 188. Kart. DM
40.-.

Derauf zahlreichen Gebieten fruchtbar wirksame und daher in
besonderem Maße zum historischen Vergleich befähigte Hallenser
Althistoriker Hans-Joachim Diesner hat sich in den letzten
Jahren in zunehmendem Maße mit der (italienischen) Renaissance
befaßt und sich dadurch die Qucllcngrundlage für die vorliegende
Göttinger Akadcmicabhandlung geschaffen. Diese erfaßt
an markanten Persönlichkeiten das immer präsente und
leider auch heute noch unverändert aktuelle Thema von Krieg
und Frieden. In sachgerechter Periodisicrung ist zunächst von
dem frühen Renaissance-Humanismus die Rede, repräsentiert
durch Nikolaus von Kues (1401-1464) und Enca Silvio de' Pic-
colomini (1405-1464). den nachmaligen Papst Pius IL: hier
hätte wohl auch der Hussitcnkönig Georg von Podicrbrad (1420-
1471) mit seinem „Tractatus pacis toti christianitati fiendae" genannt
werden können. Das nächste Kapitel führt über Italien
hinaus ins mittlere Europa: von vollendetem Renaissancehumanismus
spricht der Autor und dessen Auseinandersetzung mit der
Reformation, die. andersartigen Bestrebungen verbunden, ohne
den Humanismus nicht möglich gewesen wäre. Die Repräsentanten
der Epoche, die Diesner befragt, sind Erasmus von Rotterdam
(1466-1536). der Erzhumanist. und Martin Luther (1483-
1546). der Reformator katexoehen. ferner Ulrich von Hutten