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Ausgabe:

1992

Spalte:

498-500

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Tate, Marvin E.

Titel/Untertitel:

Psalms 51 - 100 1992

Rezensent:

Seidel, Hans

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Theologische Literaturzeitung 11 7. Jahrgang 1992 Nr. 7

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den ist (Kap. 3. 52-68). werden in den beiden Hauptkapiteln 4 die Ezechiclforschung wesentlich vorangebracht wurde, kann

und 5 die möglichen Berührungen und Einflüsse im einzelnen be- man kaum behaupten,
sprechen. Die Haupteinteilung (vgl. zur Methode auch 23ff) ist

die zwischen Zügen, die im Alten Testament nur bei Ez vorkom- Bodu,m Henning Oral Rcventk™

men und außerdem im Erra-Epos (Kap. 4). und solchen, die das
Ez-Buch mit älteren alttestamentlichcn Traditionen teilt, aber

nach Auffassung des Vf.s aufgrund des Erra-Buchcs modifiziert v.gL L ^agni; L'c'popca di ElTa- Rom 1 %9; clc,s" D;,s fnfl-Epw. Keil-

hou , „ ..... ..... . , schriftlcxt. Rom 1970: ders.. The Poem ot Erra. Malibu 1977.

nabe (Kap. 5). Zur ersten Gruppe gehören die Begriffe oy» (als

Nomen Ez 25,6.16; 36,5; als Partizip Ez 16,57; 28,24.26) - hierzu

wird akk. setu/lcqü setütu „Verachtung zeigen" bei Erra als Ent- ,. r _ . ,, ,»» _. _ ,

• ,a ,» . , _ ,r . t ,t o -ix Tale, Marvin E.: Psalms 51-100. Dallas. Texas: Word Books
sprechung angenommen (4.1)- und iwön (Ez .4.27; 8.2) - es vvm smc o wr j n-ur i/- m

„ • . . . . ,. ,, 1990. XXVII, 579 S. gr.8 = Word Bibhcal C ommentarv. 20.

wird mit akk.elmesu bei Erra verglichen; Bcdeutungsvorschlag:

..Bernstein" (amber) (4.2) - sowie das Motiv der sieben Unheils- Mit einem Abstand von sieben Jahren ist nun endlich der mit-
vollstrecker in Ez 9, für das die göttlichen Sieben (Sebctti) bei tclstc Band der Psalmcnkommcntarc der Word Biblical Com-
Erra als Vorbild vorgeschlagen werden (4.3). mentary-Rcihe 1990 erschienen. Im Vorwort weist der Vf. auf
Auf das vierte angebliche Motiv in dieser Gruppe muß geson- seine Abhängigkeit von den Psalmkommcntarcn von Briggs
dert eingegangen werden, weil der Autor hier einem bedauerli- (1906) und H. Gunkel (1926) hin und gesteht, daß andere Körnchen
Irrtum zum Opfer gefallen zu sein scheint. Er meint (4.4) in mentarc diesen nicht gleichkämen. Das schließe aber die Bcdeu-
dem im übrigen nach einer durchaus wahrscheinlichen Lesart tung von L. Jacquets Werk und der Kommentare von Kraus. Wci-
urnpunktierten und entsprechend sinnvoll übersetzten Vers Ez ser. Dahood und Andersen nicht aus.

22,24: „Du bist ein Land, das nicht .gereinigt', das nicht .bereg- Vorangestellt ist eine Bibliographie mit den wichtigsten Titeln

net' wurde am Tag des Zorns" eine Anspielung auf die Bcwah- (Kommentare. Monographien. Aufsätze).

rung vor der (babylonischen) Sintflut zu entdecken. Das wider- Eine kurze Einleitung weist den Leser auf die leicht lesbare
spricht vollkommen dem Zusammenhang, denn erstens handelt Einführung von Craigie im Kommentar zu Ps 1-50 hin. Da der
es sich in dem Stück um eine Anklage gegen das Land Israel = Pa- vorliegende Band entgegen der Einteilung in die sogenannten
'ästina. zum andern ist vor diesem Hintergrund die Aussage ein- Psalmbüchcr mit Ps 51 beginnt, geht der Vf. besondersauf diesen
deutig so zu verstehen, daß Jahwe „am Tag des Zorns" (vgl. die Psalm und seine Stellung im Kontext ein. Als Herz des zweiten
Rahmung mit V.3I) dem Land den segenbringenden Regen ver- Psalmbuchcs (Ps 42-72) sieht er Ps 51-64 an. Diese Psalmen
Weigert hat (vgl. Dt 11.17; 28,23f; I.Kön 8,35; Jer 3.3; 2.Chron seien geprägt von Klage und Bitte. "The experience of a pcoplc
6>26). Dahinter steckt das Grundproblcm. daß das Ezcchiclbuch defeated. deported. and economically deprived. as in the exile. is
n'cht nur Stücke mit eindeutig babylonischem Kolorit aufweist. compatiblc with thesc psalms." (XXV) Ps 73.1 nenne das Thema
sondern auch solche mit palästinischem Hintergrund, und man des III. Psalmbuchcs (Ps 73-89). und der Leser könne sowohl auf
deshalb mit pauschalen Vorgaben, wie schon oft gesehen ist. der individuellen wie auf der nationalen Ebene die Realität der
n'cht weiterkommt. Zusage von Ps 73.1 testen. Ps82 nehme in diesem III. Psalmbuch
Es bleiben drei Parallelen, bei denen man die Plausibilität eine Schlüsselstellung ein. Ps 90-100 stellen nur einen Teil des
e|ner Entlehnung aus Erra erwägen kann. In den in Kap. 5 disku- IV. Psalmbuchcs. das der Vf. ein „Mose-Buch" nennt, welches
''erten Fällen, in denen Ez im Alten Testament nicht allein steht. die Exodus- und die Wüstentradition im Hintergrund hat. Spc-
sondern ältere Traditionen vorliegen, ist diese Möglichkeit viel ziell die Jahwc-König-Psalmcn suchen nach Meinung des Vf.s.
Weniger wahrscheinlich. Das gilt bei so weit verbreiteten Bcgrif- den Glauben in der vor-monarchischen Mosetradition zu grünten
, wie hebr. ipn und akk.rigmu (seltener ist das Synonym hubü- den.

ru). wo auch in der akkadischen Literatur keine Begrenzung In dieser Einleitung zeigen sich schon deutlich Grundzüge des

auf eine bestimmte Quelle möglich ist (5.1). aber auch für das exegetischen Ansatzes. Der Vf. stellt thcologisch-kerygmatischc

recht bekannte Bild des „Netzwerfens" (5.2). Recht verbreitete Grundaussagen für die von ihm postulierten Tcxtkomplcxc und

Motive sind auch die Abwesenheit der Gottheit von ihrem Hei- für die Verbindung einzelner Psalmen auf. Es bleibt aber zu fra-

'gtum (5.3) in sumerisch-akkadischen Texten oder der Rcstgc- gen, ob sich diese Grundaussagen aus der Auslegung der Einzeldanke
im Alten Testament (5.7), wobei für Ezechiel der Gedanke psalmen ergeben oder ob nicht die Grundthesen die Auslegung
der Restauration aus dem Exil damit verbunden ist (5.7.2). Aber der Einzclpsalmcn zu stark prägend überlagern.
j*Uch hier ist die Berührung zu Erra nicht so groß, daß eine Ver- Die Darstellung jedes Psalms wird durch eine Zusammcnstcl-

'ndung überwiegend wahrscheinlich ist. Schwer zu beurteilen lung der Literatur eingeleitet. Nach der Übersetzung folgen aushob
zwischen dem Motiv des „Nabels der Erde" bei Ezechiel führlichc textkritischc und erklärende Anmerkungen. z.B. zu
j?>3; 38,12) und Erra eine Beziehung besteht, da die Vorstellung Horn und Trompete Ps 98.6. Weitere Darstcllungscbencn sind

Ur mesopotamische Heiligtümer zugegebenermaßen sehr alt ist "Form/Structurc/Setting". die den Versen folgende Erklärung

26f) und jm Alten Testament immerhin auch in Ri 9.37 vor- (comment) und die excgctisch-kcrygmatischc Zusammenfassung

0rnrnt (vgl. S. 2190- Interessanter ist eine mögliche Entspre- (explanation). Der Aufbau des Kommentars ähnelt der Struktur

chung zwischen Ezechiels Rolle als „Wächter" und Mittler und der Reihe „Biblische Kommentare". Da eine kritische Würdi-

^.'ner ähnlichen Rolle ISmus im Erra-Epos (5.6). Beim „Schwert- gung der Auslegung einzelner Psalmen in einer Rezension nicht

,ed" Ezechiels (21,13-22), wo der Vf. u.a. auf die Hypostasie- möglich ist, soll versucht werden, an einer Stelle den exegetischen

^n8 des „Schwertes" aufmerksam macht (vgl. schon Zimmerli. Weg des Vf.s nachzuzeichnen. Ps 96-99 bezeichnet er als eine

^°rnrnentar). mag man verschieden urteilen; eng scheint dem Sammlung. Das schließe nicht aus. daß jeder dieser Psalmen

ezensenten die Entsprechung nicht, jedenfalls nicht in dem für seine spezielle Charakteristik besitze. Der Gattung der „Jahwc-

en Nachweis der Abhängigkeit erforderlichen Grade. Königs-Licdcr" zugehörig, sollen sie z. T. in vorexilischer Zeit

^er Vf. ist sich selbst an vielen Stellen des Hypothetischen sei- (Ps 96-97. Ps 98 ?) entstanden sein.
ner Vermutungen bewußt. Wahrscheinlich kann die Vergleichs- Folgende Basisthesen liegen zugrunde: I. Ein langer Tradi-

°|ethode gar keine sicheren Ergebnisse haben. Im ganzen ist man tionsweg der Jahwe-König-Tradition, wahrscheinlich in frühe
er doch nach der Lektüre etwas enttäuscht und fragt sich, ob vorexilischc Zeit zurückreichend, wie Ps 93 zeige. 2. Die Ur-
r Aufwand eines über 300 S. starken Buches gelohnt hat. Daß sprünge von Ps 95 und 96-99 als Individualpsalmen sind unge-