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Ausgabe:

1992

Spalte:

25-28

Kategorie:

Altes Testament

Titel/Untertitel:

On humour and the comic in the Hebrew Bible 1992

Rezensent:

Herrmann, Wolfram

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Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 1

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timistischer als der Rez. So kann das BB nicht per se als Fundgrube
für vorstaatliche Verhältnisse ausgebeutet werden, wie F.
Crüsemann anläßlich der Sklavenfrage zeigt (VT Suppl. 40, Leiden
1988, 27ff). Die Institution der Ältesten wird in den wenigen
Belegen nie erwähnt, so daß die Lage hier noch hypothetischer
ist, als der Vf. wahrhaben will.

In der Königszeit (58-100) tritt als neues Element eine königliche
Verwaltungsgerichtsbarkeit mit dem König als Oberhaupt
und mit der Ausbildung eines Beamtenstabes auf. Die königlichen
Beamten gewinnen immer größeren Einfluß auf die Ortsgerichte
. Doch fügt sich das Königtum im wesentlichen der vorgegebenen
Rechtsstruktur ein, da es die Kompetenz der Ortsgerichte
nicht beseitigt. Daß es in Jerusalem und Samaria ein
königliches Obergericht gegeben und daß der König als Appellationsinstanz
fungiert habe, wird nachhaltig bestritten. Hier
dürfte auch nach N. die Diskussion weitergehen.

Mit der Beseitigung der Ortsheiligtümer auch als Orte eigener
Rechtspflege nötigt die Kultreform Josias (87-100) zu einer Verwaltungsreform
: Jetzt kommt es zur Einsetzung beamteter Richter
im Lande und zur Konzentration priesterlicher Gerichtsbarkeit
in Jerusalem.

Der Zusammenbruch der Herrschaftsstrukturen durch die Exilierung
der Oberschicht stärkt zunächst die Gentilverfassung. In
Persischer Zeit untersteht Israel fremder Zentralgewalt, die jedoch
das Prinzip der Lokalautonomie im wesentlichen wahrt.
Sowohl die Ältesten als auch die paler familias treten als Rechtsorgane
zurück. Die Erklärung dieses Phänomens mit dem Wandel
der Familie zur Ä7«nfamilie (sie! S. 104) entbehrt m.E. der
exegetischen Basis. Mit der Konstituierung der Bürger-Tempel-
Gemeinde übernimmt das Priestertum allmählich Befugnisse der
Ortsgerichtsbarkeit (2 Chr 19 aus dem 3. Jh.). Doch wird der Hohepriester
durch die Etablierung von Gerichtshöfen und des Syn-
hedrions (in hasmonäischer Zeit) entmachtet.

Das ausgezeichnet dokumentierte Buch verschafft gute Übersicht
über alle einschlägigen Texte und über die jeweilige Diskussionslage
. Das bleibt ein Gewinn, auch wenn man die verwickelten
Befunde zuweilen anders als der Vf. beurteilt.

Berlin Matthias Köckert

Radday, Yehuda T., and Athalya Brenner [Ed.]: On Humour and
the Comic in the Hebrew Bible. Sheffield: Almond Press 1990.
328 S. 8°= Journal for the Study of the Old Testament, Suppl.
Series 92. Bible and Literature Series, 23. Lw. £ 30,-.

Die Hgg. erklären in einem ersten Kapitel, es seien die in ihrem
Sammelband vereinten Artikel keineswegs einheitlich, noch
stimmten sie mit irgendeiner sogenannten Theorie biblischen
Humors überein. Die einzelnen Autoren gingen nicht einmal
konform hinsichtlich der fundamentalen Ansicht darüber, was
Humor generell und biblischer Humor im besonderen sei. Es
gäbe keinen Konsens, wie man ihn literarisch fassen und auf die
biblische Literatur anwenden könne. Dazu komme die Schwierigkeit
, ob Humor im Text selbst intendiert ist oder nur die Leser
das Erzählte so auffassen. Man müsse deshalb mit der gegebenen
Subjektivität und einer Vielzahl an Meinungen zurechtkommen,
dennoch hoffen die Hgg., daß die Thematik und der breite Könens
in Grundauffassungen die individuellen Beiträge zusammenbinden
. Ihre Erläuterungen schließen sie mit den Worten,
was den einen zum Lachen bringe, sei dem anderen verwerflich;
e,n zergliederter biblischer Humor sei ein niedergerissener biblischer
Humor, und das sei tatsächlich komisch, sogar spaßig.

Es folgt das als Einleitung deklarierte Kapitel "On Missing the
"urnour in the Bible" von Y. T. Radday. Er äußert sich dort über
die methodischen Fragen, zu definieren, was Humor ist, und die

rsachen, warum man diese Seite der biblischen Literatur durch

die Jahrhunderte fast vollständig vernachlässigte. Daß es so
wenig Studien über den Humor gibt, sei wohl im christlichen
theologischen Denken begründet. Er sagt ferner, der Begriff
Humor widersetze sich wahrscheinlich der Definition. Dennoch
könne man an ihm seine Freude haben, denn nach Stephen Lea-
cock (Humor, its Theory and Technique, 1935; Humor and
Humanity, 1938) sei Humor keine literarische Gattung, sondern
wesentlich eine sehr subjketive und deshalb eigentlich undefinierbare
Manifestation einer gewissen angeborenen und höchst
persönlichen Weltanschauung. R. bekennt seinerseits, nicht
exakt sagen zu können, was Humor ist. So wolle er wenigstens
zeigen, er wisse, was Humor nicht ist. Hier fällt er m. E. ein ungutes
Verdikt über Gunkels Äußerung zu Gen 12,20: „Bei den letzten
Worten: »und seine ganze Habe«, die mit Absicht an den
Schluß gestellt sind und 13,1 wiederholt werden, schmunzelt der
Erzähler über das ganze Gesicht" (Genesis, 3. Aufl. 1910, 172).
Denn abgesehen von der fehlerhaften Zitierung, das dort Ausgesprochene
sei für Gunkel" a delicious joke at which the (ancient)
Israelite reader laughed from ear to ear", räumt R. ein, es gäbe
unterschiedliche Meinungen darüber, was Humor ist, gesteht
Gunkel jedoch seine Auffassung nicht zu. Dann liest man aber
wieder, in den schönen Erzählungen der Tora könne man sehr
häufig eine Spur an Humor erwarten. Nebenbei erwähnt, ist es
geradezu falsch, wenn R. meint, "the foremost and perhaps the
only aim of the Bible is the moral improvement of the world."
Versöhnt wird man durch seine letzte Bemerkung, die vorliegende
Sammlung beabsichtige, den biblischen Humor dem Vergessen
zu entreißen und seine Wertschätzung neu zu beleben.
Unter diesem Blickwinkel sollte man tatsächlich das Buch verstehen
.

Es ist in zwei Teile gegliedert. Teil I behandelt Themen allgemeiner
Art, während Teil II einzelnen biblischen Passagen oder
Büchern gewidmet ist. Da nicht alles durchgehend kritisch bedacht
werden kann, mögen einige Streiflichter genügen. Wer sich
mit dem Gegenstand befassen will oder muß, mag dadurch einen
ersten Eindruck von der Problematik bekommen, mit der das Leserpublikum
konfrontiert wird.

In Teil I führt zunächst A. Brenner, "On the Semantic Field of
Humour, Laughter and the Comic in the Old Testament," aus,
Humor sei mehr als die bloße Fähigkeit, Späße zu machen oder
zu verstehen. Unter den Beispielen aktuellen oder potentiellen
Humors nennt sie die Ermordung Ehuds, die Geburtsgeschichte
Isaaks, Lot und seine Töchter und sagt, Beispiele von Ironie, sei
sie gelinde oder kaustisch, komisch oder andersartig, seien zahlreich
. Beipflichten kann man ihr, wenn sie den Satz Hi 12,2 als
ironisch bestimmt, und bedenken mag man auch, ob nicht tatsächlich
der Moabiterkönig Eglon als eine groteske Figur gezeichnet
ist. In anderen Fällen dürfte das eigene Urteil divergieren.
Die Vfn. bietet dann ausgedehnte wortstatistische Untersuchungen
.

Noch einmal äußert sich Y. T. Radday zu " Humour in Nantes"
und sagt am Schluß dazu, seine Darlegungen hingen gänzlich
davon ab, was er persönlich unter Humor begriffe. Damit stünden
oder fielen sie. Wenn er alles bedenkt, hoffe er, sie würden
standhalten.

An dritter Stelle diskutiert F. Landy " Humour as a Tool for Bi-
blical Exegesis." Er geht dabei auf einige Gelehrte ein, die bereits
mit diesem ,Werkzeug' arbeiteten, obwohl andere sich ängstlich
dem Gedanken verschlossen, Humor sei ein gangbarer Weg, Gott
zu verehren. Von dorther habe man die Schrift zu einem steifen
und ernsten Dokument gestempelt, das sich nie in einem Lächeln
entspanne. Freilich kann man auch mit ihm darüber streiten, ob
z.B. das Gespräch Abrahams mit Gott Gen 18 humorvolle Elemente
enthalte oder die listigen Kniffe zwischen Jakob und
Laban bzw. der Erzählkranz um Gideon als humorvolle Episoden
beurteilt werden sollten oder gar müßten.