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Ausgabe:

1992

Spalte:

455-456

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Wisskirchen, Rotraut

Titel/Untertitel:

Das Mosaikprogramm von S. Prassede in Rom 1992

Rezensent:

Thümmel, Hans Georg

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Seite 1

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455

Theologische Literaturzeitung 11 7. Jahrgang 1992 Nr. 6

456

Zeit Leonardo da Vinci (aufgrund einer Zeichnung) zugeschrieben
wurde, dürfte ursprünglich in Nürnberg im 4. V. 15. Jh. beheimatet
sein (609).
(Fortsetzung im nächsten Heft)

Heidelberg Erika Dinklcr-von Schubert

Wisskirchen, Rotraut: Das Mosaikprogramm von S. Prassede in
Rom. Ikonographie und Ikonologie. Münster/W.: Aschendorff
1990. 156 S., 28 Taf. m. 85 Abb., 3 Falttaf., 8 S. Grund- und
Aufrisse im Anhang 4 = Jahrbuch für Antike und Christentum
. Erg. Bd. 1 7. Kart. DM 88,-.

Die Aufnahme dieser Bonner phil. Dissertation in eine Reihe,
die der Christlichen Archäologie gewidmet ist. begründet sich
darin, daß der auf Papst Paschalis I. (817-824) zurückgehende
Mosaikschmuck von S. Prassede weitgehend aus frühchristlichen
Motiven komponiert ist. Apsis und Schildbogen kopieren im wesentlichen
die entsprechenden Mosaiken der unter Felix IV.
(526-530) entstandenen Kirche SS. Cosma c Damiano. Das Mosaik
des Triumphbogens dagegen ist eine eigenständige Komposition
karolingischer Zeit. Die Vfn. verfolgt im einzelnen die iko-
nographischen Traditionen, auf die die Mosaiken zurückgehen,
wobei zumeist ältere Deutungen auf breitere Grundlage gestellt
werden. Eine ausführliche Einleitung zeichnet die Person des Paschalis
im Rahmen karolingischer Renovatio.

Das Bildprogramm zeigt in der Apsis einen Paradicscs-
Himmel, in dem Petrus und Paulus dem zentralen herrschenden
Christus Praxedis und Pudentiana empfehlen, flankiert von
einem weiteren Heiligen und Paschalis. Die Stirnwand bietet das
Lamm, die sieben Leuchter, die apokalyptischen Tiere und die
vierundzwanzig Ältesten. Auf dem Triumphbogen ist das himmlische
Jerusalem mit Christus, den Aposteln, Moses und Elias
dargestellt, weiterhin Gruppen von Seligen außerhalb des Mauerringes
, unter denen Petrus und Paulus und zwei Frauen, in denen
wohl wieder Praxedis und Pudentiana zu sehen sind, hervorragen
.

An Einzelheiten der Deutungen könnten Fragen gestellt werden
. Auch dürften gegenüber der Selbstverständlichkeit, mit der
die Vfn. Tür S. Pietro (35) ein konstantinisches Bildprogramm in
Anspruch nimmt, Zweifel angebracht sein.

Für die abschließende Gesamtdeutung (Ikonologie) ist der
Apokalypse-Kommentar des Ambrosius Autpertus herangezogen
. Richtig gesehen ist, daß im Bildprogramm in Vielschichtigkeit
argumentiert wird und Überzeitliches, Gegenwärtiges und
Zukünftiges zugleich ausgesagt ist. Gewiß hat der Schildbogen
die Thronvision von Apc4 und 5 zum Inhalt. Wenn aber hier in
der im Himmel thronenden Gestalt zugleich Vater und Sohn gesehen
, oder das Lamm als Synonym für die ersten beiden Personen
derTrinität angesehen wird (115), handelt es sich gewiß um
Fehlschlüsse. Auch die behauptete trinitarische Deutung von
„der ist, der war, der kommt" (116) belegt der beigefügte Text
(Anm. 139) gerade nicht. Somit entbehrt zwar die Darstellung
nicht mancher Motive, die auf die drei Personen der Trinität zu
deuten sind, doch ist das Thema des Gesamtprogramms nicht die
„ Basileia des trinitarischen Gottes" (125).

Wenn die Vfn. nach einem heute viel geübten Verfahren ein
Denkmal im Einzelnen analysiert und jedes Detail auf seine Wurzeln
hin untersucht, dann steht dahinter die Frage, welches die
spezielle Konzeption ist, die der Auftraggeber in diesem Denkmal
zum Ausdruck bringen wollte. Doch bleibt zu fragen, ob solche
Voraussetzung den historischen Verhältnissen entspricht, ob
nicht vielmehr entsprechend allgemeiner Tradition im Altarbc-
zirk der Kirche einfach himmlische Herrlichkeit in mehr oder
weniger zufälliger Auswahl aus einem bestimmten Repertoire
von Motiven und Formeln dargestellt wurde. Dann ist zwar

immer noch nach den Besonderheiten gerade dieses Denkmals zu
fragen, doch die Besonderheiten erscheinen nicht mehr als Teil
eines originellen Entwurfes, sondern sie sind auf die Kombination
einiger Grundvorstcllungcn zu reduzieren, die zumeist einer
breiten Tradition angehören. Damit wäre dann wohl auch dem
Niveau der Auftraggeber, die zumeist keine tiefsinnigen Theologen
und originellen Denker waren, eher entsprochen.

Der Band ist reichlich mit Abbildungen von Vcrgleichsbcispie-
len ausgestattet. Der Mosaikschmuck von S. Prassede ist aber
außer in Umzcichnungcn nur in einem Foto, nämlich Abb. 53.
wiedergegeben. Der Aachener „ Karls"thron (125) ist erst für die
Krönung Ottos 936 angefertigt worden (Hugot. in: Koldewey-
Gcscllschaft, Bericht über die 29. Tagung für Ausgrabungswissenschaft
und Bauforschung 1976 in Köln. 36-42).

Orcifswald Hans Georg Thünimel

Philosophie, Religionsphilosophie

Hille, Rolf: Das Ringen um den säkularen Menschen. Karl Heims
Auseinandersetzung mit der idealistischen Philosophie und
den pantheistischen Religionen. Gießen-Basel: Brunnen
1990. V, 614 S. 8°- Monographien und Studienbücher. Kart.
DM 54.-.

Der Arbeit Rolf Hilles-Jahrgang 1947. früher Kirchcnfunkrc-
daktcur, Redakteur des idea, wiss. Mitarbeiter bei Prof. Dr. Fr.
Beißer in Mainz. Generalsekretär der Studentenmission in
Deutschland. Studienieitcram Pfarrseminar in Stuttgart und seit
1989 Studienlcitcr am Albrccht-Bengcl-Haus in Tübingen - liegt
seine Münchencr Dissertation zu Grunde und sie ist - nach den
Angaben des Vorwortes und des Impressums - mit dieser weitgehend
identisch. Der Untertitel bringt das Spezifische der Untersuchung
prägnant zum Ausdruck. D. h. es geht Hille nicht primär
darum, den eindeutigen Schwerpunkt der Auseinandersetzung
Karl Heims mit dem neuzeitlichen Säkularismus, also seine Apologie
gegenüber dem naturwissenschaftlichen Materialismus und
Atheismus, erneut zu referieren und kritisch zu würdigen, sondern
Hille wendet sich der „missionarischen Apologetik" Heims
gegenüber dem deutschen Idealismus und seinem Erbe sowie gegenüber
den pantheistischen Hochreligioncn Indiens und Ostasiens
zu. Diese Seite des Lebenswerkes Karl Heims ist bisher in
dieser Weise noch nicht zusammenfassend gewürdigt, und sie gewinnt
derzeit eine neue Aktualität angesichts der geistigen Strömung
des New Agc und verwandter Erscheinungen.

Zwei Dinge charakterisieren m. E. diese Arbeit. Zunächst einmal
eine gelungene Verbindung von sorgfältiger, von liebevollem
Verständnis getragener Darstellung der Positionen Heims mit
einer teilweise durchaus recht substantiellen Kritik am methodischen
Vorgehen und an Positionen Heims. Es ist daher berechtigt
, wenn der Autor mit einem Zitat Dietrich Bonhocffcrs aus
dessen Rezension von Heims Fundamcntalthcologic „Glaube
und Denken" schließt: „Es scheint mir der ehrlichste Weg z"
sein, wirkliche Dankbarkeit gegen ein großes Werk dadurch zum
Ausdruck zu bringen, daß man nach bestem Vermögen in die
Nacharbeit und Mitarbeit an den gestellten Fragen eintritt. Wenn
sich dann hier abweichende Urteile einstellen, so bleibt hiervon
die Bewunderung für das geschaffene Werk gewiß unberührt
(445). Freilich sind die Abweichungen Hilles anderer Art als die
Bonhocffcrs. er verbleibt durchaus in dem. was man - mit einem
gewiß etwas unglücklichen Ausdruck - die Heim-Schule nennen
könnte, leicht korrigiert durch eine etwas stärkere Hinwendung
zu reformatorischer Theologie.

Zum anderen ist die Arbeit dadurch gekennzeichnet, daß sie m
m. E. recht gelungener Weise die theologische Arbeit Heims ans